Am Oliver-R.-Tambo-Flughafen von Johannesburg wird es wieder finster. Viele internationale Flüge wurden abgesagt.

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Das viele Lob habe ihn nicht sehr gefreut, gab Südafrikas Gesundheitsminister Joe Phaahla am Montag im Corona-Briefing seines Ministeriums zu verstehen. Ja, aus der EU habe es Dank gegeben für die schnellen Informationen zur Corona-Variante Omikron, und ja, auch die Aussendung des US-Außenministers Antony Blinken habe er registriert. Dieser hatte die Reaktion Südafrikas als "beispielhaft" bezeichnet. Er habe seinem amerikanischen Gegenüber gesagt, dass ihr Handeln im Widerspruch zu ihren Worten stehe, so Phaahla: Die Reisesperren der USA und Europas für mehrere Länder im Süden Afrikas stünden im Gegensatz zum Ansatz seines Landes, und sie seien kontraproduktiv, was die Bereitschaft zu Offenheit in der Zukunft belange. Kurz gesagt: Der Ärger über die Maßnahmen ist groß.

Ähnliche Töne schlug Montag UN-Generalsekretär António Guterres an. Und schon am Vortag hatten sich der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa und der Gesundheitsminister Botswanas, Edwin Dikoloti, so geäußert. Dieser betonte auch, dass die Variante zwar am 11. November erstmals von Wissenschaftern seines Landes gefunden worden sei – damals aber nicht bei botswanischen Bürgern.

Diplomatenvirus

Vielmehr sei B.1.1.529 bei vier Diplomaten entdeckt worden, die man nach nur viertägigem Aufenthalt bei ihrer Ausreise überprüft habe. Woher diese gekommen seien? Das wolle er nicht offenlegen, so Dikoloti: "Ich will nicht zu diesem Trend beitragen, wonach Länder wegen der Variante stigmatisiert werden." Noch im Laufe des Montags war auch ein gemeinsames Statement der Länder Südafrikas vorgesehen, um die Reisesperren zu verurteilen.

Im Fall der geschlossenen Grenzen, so heißt es unter Forschenden, stehen einander zwei Interessen gegenüber. Zum einen will man Offenheit: Staaten sollen schnell und vollständig berichten, wenn sie Varianten finden. Das geht dann, wenn sie nicht erwarten müssen, für Transparenz bestraft zu werden – Reisesperren können für Tourismusländer immerhin ruinös sein. Andererseits sind geschlossene Grenzen zu Beginn der Ausbreitung von Viren und Varianten nicht sinnlos. Zwar kann ein Eindringen meist nicht verhindert werden. Statt mit dutzenden Fällen startet man aber mit einer geringeren Zahl. Das verlangsamt die Verbreitung und bringt Zeit. Aber, und da sind sich alle einig: Ist die Variante einmal verbreitet, nützen Sperren nichts mehr. Dann ist es Zeit, sie aufzuheben.

Wann genau dafür Zeit ist, das ist offen. Dass sich das Virus aber auch außerhalb des südlichen Afrika verbreitet, scheint klar. Erste Hinweise gab es schon am Wochenende, als sich in Belgien der Omikron-Verdacht bei einer jungen Frau bestätigte. Sie war nicht im südlichen Afrika unterwegs, wohl aber in Ägypten und der Türkei. In Israel, das seit Sonntag allen Ausländern die Einreise verweigert, wurden Stand Montag ebenfalls schon mehrere Fälle gefunden, die nicht mit Reisen in Verbindung zu bringen waren.

Indizien auf Verbreitung

Zwei Infektionen in Kanada stehen zwar im Zusammenhang mit Reisen – aber solchen nach Nigeria, das nicht von den Reisesperren betroffen ist. In Portugal gibt es im Fußballteam Belenenses 13 Omikron-Sequenzierungen, nachdem Verteidiger Cafu Phete von einem Einsatz mit dem Nationalteam Südafrikas zurückgekehrt war.

In Schottland wurden Donnerstag überhaupt sechs Fälle der Variante nachgewiesen, von denen mehrere nicht mit dem Ausland in Verbindung zu bringen sind. Man gehe "von einem gewissen Maß an Verbreitung in der Gesellschaft aus", sagte der stellveretende Regierungschef Schottlands John Swinney am Montag. Seine Regierung forderte von jener in London dennoch die weitere Verschärfung der Grenzsperren.

Ohnehin ist klar, dass all dies nur nützt, wenn auch Quarantänegesetze streng kontrolliert werden. Das ist nicht immer der Fall. In den Niederlanden nahm die Militärpolizei am Montag zwei Personen in einem Flugzeug nach Spanien fest, die zuvor aus einem Quarantäne-Hotel am Flughafen geflohen waren. Sie zählen zu jenen 61 von insgesamt 600 am Freitag aus Südafrika angekommenen Passagieren, bei denen nach der Einreise eine Omikron-verdächtige Corona-Infektion festgestellt worden war. (Manuel Escher, 29.11.2021)