Zuletzt stiegen die Impfzahlen wieder – jedoch vor allem bei den Drittstichen.

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Ab Februar soll eine allgemeine Corona-Impfpflicht kommen. Damit ist Österreich Vorreiter, und damit gibt es auch viel Verhandlungsbedarf bis dahin. Der Fahrplan zur Impfpflicht steht, nun geht es darum, inhaltliche Details zu klären.

Das machte die Regierung am Dienstagvormittag gemeinsam mit Teilen der Opposition – konkret Beate Meinl-Reisinger von den Neos und Pamela Rendi-Wagner von der SPÖ – und mit Expertinnen und Experten aus verschiedenen Feldern. Dazu zählen etwa der Medizinjurist Karl Stöger, die Vorsitzende der Bioethikkommission, Christiane Druml, der Infektiologe Christoph Wenisch und Ursula Wiedermann-Schmidt vom Nationalen Impfgremium.

Gegen Mittag traten Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) vor die Presse, um darüber zu sprechen – konkrete Details blieben allerdings noch aus, man betonte, dass man nun in ersten Gesprächen sei.

Entschuldigung bei Ungeimpften

So meinte Edtstadler: "Eine Impfpflicht kann dann gerechtfertigt sein, wenn das Ziel, der allgemeine Schutz der Gesundheit, durch eine Maßnahme erreicht werden kann, die wirksam ist: die Impfung. Dazu brauchen wir auch die Wissenschaft, um zu schauen, wie die Impfung wirkt, das haben wir heute abgefragt." Klar stellte sie, dass die Impfung verfassungskonform ist, das sei auch vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ausjudiziert.

Edtstadler entschuldigte sich außerdem bei jenen Ungeimpften, "die sich nicht angesprochen gefühlt haben, die das Gefühl haben, sie werden mit Menschen, die radikale Ansichten haben und das mit antisemitischen Parolen vermischen", in ein Eck gestellt habe, das sei "nie so gemeint" gewesen. Man wolle nun jene ansprechen, die Sorgen und Ängste hätten.

Mückstein meinte, man sei nun, angesichts der Omikron-Variante, in einer "schwierigen Phase", man wisse aber, dass die Impfung "jedenfalls vor schweren Verläufen schützt und dass sie sicher ist". Das sei "kein Gefühl, keine Meinung, sondern von den renommiertesten Experten und Expertinnen nachgewiesen". Nun gehe es mit der Impfpflicht darum, dass "wir keine oder nur eine kleine fünfte oder sechste Welle haben und keinen Lockdown mehr brauchen".

Politik und Experten

Schon gut zwei Stunden zuvor, um 9 Uhr, sprachen einzelne Verhandlungsteilnehmer und -teilnehmerinnen. So meinte SPÖ-Chefin Rendi-Wagner, es gehe bei der Impfpflicht vor allem darum, "den nächsten Herbst ohne Lockdown" zu schaffen; natürlich müsse es Sanktionen geben. Am Montag machten erste Pläne zum kommenden Impfpflichtgesetz die Runde, dem STANDARD liegt etwa die Information vor, dass es zweimalige Aufforderungen vor einer Strafe und Strafen von bis zu 3.600 Euro geben kann – die doppelt verhängt werden können.

Fix ist das freilich noch nicht, ein fertiger Gesetzesentwurf steht noch aus. Die Bundesregierung bestritt am Montag auch, dass ein unter anderem von der Presse thematisierter Entwurf aus der Feder der Regierung stamme. Dass es Verwaltungsstrafen geben soll, haben allerdings auch schon mehrere Regierungsmitglieder angekündigt.

Bei der Frage, ob die Impfpflicht auch dann noch in Kraft sein soll, wenn die Durchimpfungsrate hoch genug ist, blieb Rendi-Wagner vage: "Es ist unrealistisch, dass wir in vier Wochen 80 bis 90 Prozent Durchimpfungsrate erreichen, aber wenn das so ist, bin ich die Erste, die sich darüber freut", sagte sie.

Infektiologe Wenisch verwies auf die Tatsache, dass die gängigen Corona-Impfstoffe nun einmal keine Lebendimpfstoffe seien und man daher mehr als einen Schuss brauche. Darum sei die Impfpflicht keine Sache, die "nach ein paar Monaten vorbei ist". Momentan gehe es um "die vielen Patienten im Krankenhaus mit fürchterlichen Schicksalen", darum sei er hier – denn diese habe er in der Dichte noch nie gesehen.

Entwurf im Dezember

Bezüglich des Mindestalters für die Impfpflicht kursierten zuletzt Zahlen von zwölf oder 14 Jahren. Wenisch dazu: "Eine Leitschnur ist sicher die Zulassung" – die liegt bei den in Österreich zugelassenen Impfstoffen bei zwölf und 18 Jahren, Biontech/Pfizer darf schon ab fünf Jahren verimpft werden. Dass man Babys in die Impfpflicht einschließe, sagt Wenisch, "das geht nicht".

Jurist Karl Stöger verwies einmal mehr darauf, dass eine Impfpflicht verfassungskonform sei, wenn sie verhältnismäßig ist. Eine Impfpflicht für unter Zwölfjährige sei "verfassungsrechtlich nicht unproblematisch". Edstadler verwies nach den Beratungen, darauf, dass 14 Jahre als das Alter der Schwelle zur Strafmündigkeit immer wieder als potentielle Grenze genannt werden würden – legte sich dazu allerdings noch nicht fest.

FPÖ nicht eingeladen

Die Bundesregierung kündigte an, sie wolle in der Woche vom 6. Dezember einen Entwurf vorlegen, das soll eine "ordentliche Begutachtung von mindestens vier Wochen" ermöglichen. Das Gesetz könne dann nach dem Beschluss durch Nationalrat und Bundesrat Anfang Februar in Kraft treten.

Die FPÖ war bei den Gesprächen übrigens nicht am Tisch, sie war nicht dazu eingeladen. Mückstein sprach in dem Zusammenhang von einer "destruktiven" Einstellung von FPÖ-Chef Herbert Kickl, Edtstadler streckte ihre Hand gegenüber jenen in der FPÖ aus, die konstruktiv über eine Impfpflicht sprechen wollen. (Gabriele Scherndl, 30.11.2021)