"Mein Land denkt an die Zukunft", erklärte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) bei der Präsentation des Strategieprozesses.

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Die ÖVP denke schon an den Vorwahlkampf, entgegnet Neos-Chefin Indra Collini.

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St. Pölten – Niederösterreich ist ein großes Land. Um es gezielt weiterzuentwickeln, will die Landesregierung eine Strategie erarbeiten – und weil das Land eben groß ist, nimmt sie dafür auch Geld in die Hand. 1,7 Millionen Euro soll das Vorhaben "Landesstrategie Niederösterreich 2030" kosten. Es soll um die großen Fragen gehen – wie die Gesellschaft organisiert sein soll, wie sie sich identifiziert. Die Neos kritisieren, wo das Geld landet – und werfen der mit absoluter Mehrheit regierenden ÖVP vor, das Steuergeld für eine versteckte Kampagne vor der Landtagswahl 2022 zu nutzen.

Denn ein großer Teil der Kosten fließt in eine Veranstaltungsserie, die im Herbst 2021 angelaufen ist und ein Jahr später abgeschlossen sein soll. Mit der Durchführung der insgesamt sechs Events wurde die Firma Media Contacta beauftragt – und die ist in Niederösterreich keine unbekannte.

Volkspartei, Wirtschafskammer, Landesregierung

Geschäftsführer des Unternehmens ist Peter Madlberger. Er war bis 2016 Stadtrat in Korneuburg – auf einem ÖVP-Ticket. Madlberger ist in Niederösterreich und in der Volkspartei gut vernetzt: Die Media Contacta erhält Aufträge von der niederösterreichischen Wirtschaftskammer genauso wie von der damals noch sehr türkisen Bundespartei im Wahlkampf 2017. Die Firma seines Partners bei der Media Contacta, der Innova-Verlag, produziert auch die Funktionärszeitung der niederösterreichischen Volkspartei. Er selbst sagt auf STANDARD-Anfrage dazu: "Es gibt in Niederösterreich mehrere Agenturen, Produzenten, Lieferanten, die dem Land Niederösterreich und seinen Interessenvertretungen zuarbeiten."

Für diesen Auftrag an die Media Contacta gab es keine direkte Ausschreibung. Die Landesregierung hat auf einen Rahmenvertrag zurückgegriffen, den sie schon vor einiger Zeit ausgeschrieben hat: Für Eventmanagementleistungen in den Jahren 2020 bis 2024 können das Land sowie einige seiner Gesellschaften Leistungen bei der Media Contacta im Rahmen von 230.000 Euro pro Jahr buchen.

Für die Veranstaltungsreihe veranschlagt die Landesregierung 700.000 Euro – der Beschluss der Landesregierung liegt dem STANDARD vor, ebenso das Angebot der Media Contacta: Sie plant, 551.000 Euro für Drittleistungen – also etwa Saalmieten und zugekauftes Catering – auszugeben und 95.000 für eigene Dienstleistungen zu verrechnen, jeweils ohne Mehrwertsteuer.

"Steuergelder zweckentfremdet"

"In Wahrheit handelt es sich bei der Landesstrategie um den Vorwahlkampf einer machtverliebten ÖVP, die damit ihre letzte absolute Mehrheit retten will", sagt die niederösterreichische Neos-Chefin Indra Collini dem STANDARD. "Dazu werden Steuergelder zweckentfremdet und ohne Ausschreibung in die Haus- und Hof-Agentur der ÖVP geleitet. Dass SPÖ und FPÖ diesem dreisten Vorgehen zustimmen, zeigt, dass der Proporz der Vergangenheit angehört und nicht zukunftsfähig ist."

Der niederösterreichische Landesamtsdirektor Werner Trock erwidert, dass "alle Entscheidungen, die im Laufe der Landesstrategie 2030 getroffen wurden, auch von allen Mitgliedern der niederösterreichischen Landesregierung", also auch von den SPÖ- und FPÖ-Landesräten, mitgetragen worden seien. Das gelte auch für die Beauftragung der Media Contacta. Und: Der Rahmenvereinbarung mit der Agentur sei ja eine Ausschreibung vorangegangen, "die Vorwürfe können deshalb nicht nachvollzogen werden". (Sebastian Fellner, 30.11.2021)