Ein Tausender jeden Monat einfach so aufs Konto, ohne etwas dafür zu tun: klingt zu gut, um wahr zu sein. Dennoch sind nicht nur erwartungsgemäß konservative und liberale Parteien dagegen, nein, selbst die Sozialdemokratie und sogar die KPÖ sträuben sich gegen die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens. Die Idee gewinnt allerdings kontinuierlich an Zustimmung in der österreichischen Bevölkerung. Im April 2020, also zum ersten Höhepunkt der Corona-Krise, befragte das Austrian-Corona-Panel-Projekt in einer repräsentativen Umfrage erstmals die österreichische Bevölkerung zu dem Thema.

Zustimmung wie Ablehnung waren zu diesem Zeitpunkt, mitten im Corona-Lockdown, mit jeweils etwa 40 Prozent ausgeglichen. Als zum Jahresende 2020 erneut danach gefragt wurde, hatte sich die Zustimmung um fast sieben Prozentpunkte erhöht. Jede vierte Person, die zu Beginn der Pandemie noch dagegen war, gab nun ihre Zustimmung an. Jetzt könnte man natürlich annehmen, dass es sich dabei um Menschen handelte, die in dieser Zeit ihren Job verloren hatten oder aufgrund schwerer Krankheit nicht mehr arbeitsfähig waren. Umso überraschender ist es, dass die Personen, die im Laufe eines halben Jahres ihre Meinung geändert hatten, zu großen Teilen in der öffentlichen Verwaltung, im verarbeitenden Gewerbe und im Gesundheits- und Sozialbereich tätig waren. Sie gaben jedenfalls an, durch Covid-19 keine spürbaren finanziellen Folgen erlebt zu haben.

Bild nicht mehr verfügbar.

Ist die Covid-Pandemie möglicherweise Initialzündung für ein bedingungsloses Grundeinkommen in Österreich?
Foto: Getty Images/Serhii Nemyrivskyi

Vier Kriterien

Aber was zeichnet jetzt ein solches Grundeinkommen aus? Barbara Prainsack, Professorin am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien und Autorin des Buches "Vom Wert des Menschen", definiert im Gespräch im Podcast "Gemeinwohl Geplauder" zu dem Thema folgende vier Kriterien:

  1. Ein Grundeinkommen muss allgemein sein. Alle Menschen in einem Land, unabhängig von ihrem Einkommen oder ihrem Erwerbsstatus sowie ihrer Staatsbürgerschaft, sollen, sofern sie ihren Lebensmittelpunkt in diesem Land haben, Anspruch darauf haben.
  2. Ein Grundeinkommen muss bedingungslos sein. Sobald die Formalkriterien erfüllt sind, darf es einem nicht mehr weggenommen werden.
  3. Ein Grundeinkommen muss existenzsichernd sein. In Österreich wäre ein gutes Kriterium hierfür die Armutsgefährdungsschwelle (circa 1.200 Euro).
  4. Ein Grundeinkommen ist ein individueller Rechtsanspruch. Es handelt sich dabei nicht um eine Haushaltszuwendung. Jeder Mensch hat darauf Anspruch (wobei in manchen Modellen Minderjährige nur 50 Prozent erhalten sollen).

Klar scheint, dass wir viele der Soforthilfen, die in den letzten Monaten an Betriebe und Menschen ausgeschüttet wurden, gar nicht erst debattiert hätten, würden alle in Österreich lebenden Menschen ein bedingungsloses Grundeinkommen nach diesen Kriterien erhalten. Jede Person wäre vom Start weg vor Armut geschützt. Aber wie sieht es außerhalb von Krisenzeiten aus? Würden die Menschen wirklich alle nur faul zu Hause abhängen und das Grundeinkommen ständig steigen müssen, weil Miete und Konsumgüter stetig im Preis steigen und wir schließlich alle an den Kosten untergehen würden?

Unausgereifte Versuche

Es ist jedenfalls schwierig, ein bedingungsloses Grundeinkommen unter Laborbedingungen zu testen, weil nicht alle vier Kriterien erfüllt wären. Das vielzitierte Beispiel aus Finnland zielte nur auf arbeitslose Personen ab und zahlte mit 550 Euro pro Monat wesentlich weniger Geld aus, als in Skandinavien zum Leben notwendig ist. Und auch die Versuche des deutschen Vereins "Mein Grundeinkommen", zufällig ausgelosten Menschen für ein Jahr pro Monat 1.000 Euro zu überweisen, bleiben am Ende eine Lotterie. Mit Stand heute ist somit die Schweiz, in der bei einer Volksinitiative im Jahr 2016 fast jede vierte gültige Stimme pro Grundeinkommen war, das Land, das einer tatsächlichen Umsetzung am nächsten gekommen ist. In Österreich kämpft die Initiative "Generation Grundeinkommen" jedenfalls weiter für eine Umsetzung, unter anderem mit einem Volksbegehren, das derzeit zur Unterstützung aufliegt.

Sind Sie selbst unschlüssig, was das Thema angeht, oder haben Sie eine ganz klare Meinung? Teilen Sie uns Ihre Gedanken im Forum mit! (Fabian Scholda, Gregor Ruttner-Vicht, 2.12.2021)