Die Aufregung ist groß, in Deutschland noch mehr als in Österreich. "Der Wert unseres Geldes schmilzt dahin wie Eis in der Sonne", kommentiert die deutsche Bild-Zeitung die neuen Inflationszahlen. Die Teuerung hat tatsächlich seit Jahrzehnten nicht gekannte Höhen erreicht. In Österreich lag die Inflationsrate im November bei 4,3, in Deutschland bei 5,2 und in der gesamten Eurozone bei 4,9 Prozent. Die Rufe nach Gegenmaßnahmen werden lauter. Die einen, die SPÖ oder der ÖGB, fordern, der Staat solle eingreifen und die Umsatzsteuer bei Heizkosten senken. Andere wollen, dass die Europäische Zentralbank (EZB) reagiert und Zinsen anhebt.

Eine steigende Inflation löst eben in der Öffentlichkeit im deutschsprachigen Raum bis heute eine kollektive Unruhe, ja Ängste aus. Dabei ist es ratsam, nicht bloß auf eine Kennziffer zu starren, sondern die Entwicklung dahinter zu bewerten. Und da zeigt sich: Alarmismus ist nicht gerechtfertigt.

Es ist vor allem der starke Anstieg der Preise für Öl und Gas, der derzeit die Gesamtinflation anfacht.
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Zunächst, weil es derzeit noch vor allem der starke Anstieg der Preise für Öl und Gas ist, der die Gesamtinflation anfacht. Diese Entwicklung mag schmerzhaft sein für Bürger, deren Ausgaben steigen. Aber in Wahrheit sind das Vorboten einer Entwicklung, zu der es keine Alternative gibt. Wenn Klimaschutzziele ernst genommen werden, müssen fossile Brennstoffe teurer werden. Jeder Cent erhöht den Anreiz, um auf andere, erneuerbare Energiequellen umzusteigen.

Wo nötig, kann der Staat Förderungen ausbauen, um diesen Umstieg zu unterstützen. Aber er sollte nicht künstlich die Preise niedrig halten, so wie das die SPÖ will. Die Politik tut gut daran, sich mit dirigistischen Interventionen zurückzuhalten. Wer wie viel von der Inflation abgegolten bekommt, müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unter sich ausmachen.

Genauso verfrüht sind Rufe nach einem Eingriff der EZB. Gegen hohe Energiepreise kann sie nichts machen, auch nicht gegen Lieferschwierigkeiten in der Autoindustrie, was ja auch die Inflation treibt. Wenn Zinsen steigen, Unternehmen schwerer an Kredite kommen, würde das bloß der Wirtschaft schaden, ohne dass die Teuerung nachließe. Und Anzeichen für eine Lohn-Preis-Spirale, bei der allein die Inflation die Inflation antreibt und bei der gegengesteuert werden müsste, gibt es derzeit nicht. Die jüngsten Abschlüsse in Österreich, bei Metallern und im Handel, waren nicht überschießend. Abwarten und die Entwicklung beobachten sollte die Devise sein. (András Szigetvari, 30.11.2021)