Der Gebäudekomplex zwischen Oberer Landstraße 13 und 15 und Spitalgasse 10 in der Kremser Altstadt darf bleiben.

Foto: Norbert Mayr

Im Fall des Altbaus aus dem 19. Jahrhundert in der Kremser Altstadt, der gemäß den Plänen der Eigentümer einem Neubau weichen sollte, gibt es gute Neuigkeiten für die Mieterinnen und Mieter: Der Kremser Magistrat als Bezirksverwaltungsbehörde hat entschieden, dass der Antrag auf Feststellung eines öffentlichen Interesses an dem Neubau abgewiesen wird.

Damit können auch die dort noch laufenden Mietverträge nicht beendet werden. Die Neubaupläne sind also gescheitert.

Mieterinteressen überwiegen

Zur Vorgeschichte: Das Gebäude aus dem Jahr 1876 gehört der SK Immobiliengesellschaft, einer Tochtergesellschaft der Kremser Sparkasse. Diese hatte im November des Vorjahres beantragt, das Gebäude abreißen und durch einen Neubau ersetzen zu dürfen.

Konkret wurde die Bezirksverwaltungsbehörde um Erlass eines sogenannten "Interessenbescheids" ersucht. Ein solcher hätte die gerichtliche Kündigung der aufrechten Mietverhältnisse in dem Gebäude ermöglicht.

Wichtige Gründe, die so einen Bescheid rechtfertigen würden, sind im Paragraf 30 des Mietrechtsgesetzes (MRG) aufgezählt. Einer dieser dort genannten Gründe wäre ein Abriss und Neubau, sofern dieser Neubau dann "aus Verkehrsrücksichten, zu Assanierungszwecken, zur Vermehrung der Wohnungen, die zur Beseitigung oder Milderung eines im Ortsgebiet bestehenden quantitativen Wohnungsbedarfes oder eines qualitativen Wohnfehlbestandes geeignet sind, oder aus anderen Gründen im öffentlichen Interesse liegt".

Zahlreiche Proteste

Nach Bekanntwerden der Pläne formierten sich aber diverse Protestinitiativen, etwa von Bauten in Not und Fridays for Future. Das Haus aus dem 19. Jahrhundert, das noch tadellos in Schuss sei, für einen "Luxusneubau" mit 15 Wohnungen und einem Hotel samt Tiefgarage abzureißen sei schlicht "ein Wahnsinn", sagte eine Aktivistin damals.

Und auch die 15 Mieterinnen und Mieter im Haus wehrten sich gegen die Pläne und führten ihrerseits gute Gründe ins Treffen, warum der Interessenbescheid nicht ausgestellt werden dürfe. Einerseits pochten sie auf ihre schutzwürdigen Interessen als Mieter, andererseits stellten sie das Vorliegen eines öffentlichen Interesses an dem Abbruch-Neubau-Projekt in Abrede: Es entstünden dadurch nicht mehr Wohnungen, sondern sogar weniger als vorher, und das Objekt sei eben auch nicht – wie vom Eigentümer behauptet – "in die Jahre gekommen", denn das Dachgeschoß sei erst vor etwas mehr als 20 Jahren ausgebaut und die Fassade erst vor wenigen Jahren gedämmt worden.

Keine Beschwerde

Laut dem nun am 17. November erlassenen Bescheid des Kremser Magistrats, der dem STANDARD vorliegt, wurde ein Sachverständiger mit einem Gutachten beauftragt. In diesem kam der Sachverständige unter Anwendung eines Punktesystems zu dem Schluss, dass ein öffentliches Interesse nicht vorliege (genaues Ergebnis: 2:6).

Gegen die Entscheidung könnte zwar noch Beschwerde erhoben werden. Auf diesen Rechtsweg will die SK Immobiliengesellschaft aber verzichten, erfuhr der STANDARD vom Unternehmen.

"Solide Bausubstanz"

Norbert Mayr, Architekturhistoriker und Sprecher der Initiative Bauten in Not, spricht von einer sehr guten Nachricht und hat die Hoffnung, dass künftig vermehrt "ökologische und baukulturelle Aspekte" in solchen Entscheidungen berücksichtigt werden. "Es handelt sich hier schließlich um solide Bausubstanz aus der Gründerzeit", in der vieles an grauer Energie stecke. (Martin Putschögl, 2.12.2021)