Hansi Hansmann ist einer der wichtigsten Start-up-Investoren in Österreich.

Foto: Hansmen Group

Nach dem wohl größten Exit der österreichischen Start-up-Geschichte überwog am Tag danach in der Branche zunächst einmal die Freude. Wie berichtet, wechselte die vom Wiener Bernhard Niesner mitgegründete und vom heimischen Start-up-Investor Hansi Hansmann mitfinanzierte Sprachkursplattform Busuu um 385 Millionen Euro den Besitzer. Verkauft wurde sie an die US-Technologiefirma Chegg, die ebenfalls im Bildungsbereich tätig ist.

Exits gut für gesamte Szene

"Solche Exits sind wichtig, weil sie nicht nur Gründern als Motivation dienen, sondern auch Investoren zeigen, dass der Business Case funktioniert", sagt Markus Raunig vom Dachverband Austrian Startups dem STANDARD. Ein volkswirtschaftlich spannender Aspekt sei zudem, dass viele Gründer das erzielte Geld nutzen würden, um neue Start-ups in Österreich zu unterstützen und in diese zu investieren.

Besonders gut lachen hat naturgemäß auch Business-Angel Hansmann, der nach aufsehenerregenden Exits wie jenem der Lauf-App Runtastic, des Anzeigenportals Shpock und der Diabetiker-App Mysugr nun den nächsten großen Erfolg verbuchen kann. "Die Möglichkeit, Menschen auf der ganzen Welt zu geringen Kosten Sprachen beizubringen, hat mich damals fasziniert und tut es heute noch", sagt Hansmann im Gespräch mit dem STANDARD.

Blick zurück ins Jahr 2010

Das Engagement für Busuu hat eine besondere persönliche Bedeutung für den Investor, markierte es doch den Beginn seiner Umtriebigkeit in der heimischen Start-up-Branche. "2010 gab es keine wirkliche Szene in Österreich. Es gab unglaublich talentierte Gründer und einige fähige Köpfe, die auch Geld in die Hand nehmen wollten, aber die Strukturen fehlten", erinnert sich Hansmann.

Busuu-Mitgründer und CEO Bernhard Niesner.
Foto: Busuu

Viele der erwähnten erfolgreichen Exits gehen auf diese Anfangszeiten zurück. "Insofern war das schon ein bisschen eine Goldgräberstimmung und Pionierzeit. Ich für mich wusste jedenfalls, dass ich künftig genau das tun möchte: in innovative, spannende Start-ups zu investieren", sagt Hansmann.

Heftige Kritik an der Politik

So aufsehenerregend derartige Erfolgsgeschichten sind, überdecken sie nach Ansicht der Branchenkenner doch einige strukturelle Schwächen, die Österreich beim Thema Start-up-Kultur immer noch hat. "Die politische Unterstützung hat die vergangenen zehn Jahre leider völlig gefehlt", kritisiert Hansmann.

Die Förderschiene in der Anfangsphase sei in Österreich zwar vorhanden. Veraltete Gesellschaftsformen im Unternehmensrecht würden internationale Investoren fernhalten, die für die Anschlussfinanzierung benötigt werden. Auch dass Private anders als in Großbritannien nicht steuerschonend und unkompliziert in Start-ups investieren könnten und auch Mitarbeiter kaum eine Option auf steuerbegünstigte Anteile hätten, seien Versäumnisse der Politik.

Am verheerendsten aus Start-up-Sicht sei allerdings die Rot-Weiß-Rot-Karte, mit der Arbeitskräfte außerhalb der EU theoretisch nach Österreich geholt werden können. "Die Rot-Weiß-Rot-Karte war leider ein Griff ins Klo. Hochqualifizierte Entwickler sind überall begehrt, der Bedarf kann mit europäischen Fachkräften einfach nicht gedeckt werden. Aber wenn einer aus dem EU-Ausland fünf bis sechs Monate warten muss, bis die Formalitäten erledigt sind, geht er gleich ins Silicon Valley", sagt Hansmann.

Fehlende Exit-Szenarien in Europa

Auch Raunig vom Dachverband Austrian Startups schlägt in eine ähnliche Kerbe: "Es ist per se natürlich nicht verwerflich, wenn europäische Start-ups von asiatischen oder US-Firmen aufgekauft werden. Dennoch wäre es für Europa und unsere Innovationskraft wichtig, dass möglichst viel Know-how und Kapital in Europa gehalten werden könnte." Raunig zufolge bräuchte es mehr europäische Exit-Szenarien, sei es durch Übernahmen oder Börsengänge.

Wie Hansmann verweist auch er auf fehlende Möglichkeiten, dass Private einfach und steuerschonend in Start-ups investieren können. Großbritannien, wo dies mit Beträgen von bis zu 50.000 Pfund im Jahr möglich ist, die von der Steuer abgesetzt werden können, sei in dieser Hinsicht ein leuchtendes Vorbild.

"Aber auch für institutionelle Investoren sollten neue Möglichkeiten geschaffen werden – man denke da etwa an Pensionskassen und Ähnliches", führt Raunig aus. Diesen sei es – auch gesetzlich bedingt – kaum möglich, in innovative Unternehmen und Start-ups zu investieren. "Von der Digitalisierung und den Erträgen, die dadurch erzielt werden, profitiert die breite Masse derzeit folglich kaum", sagt Raunig. (Martin Stepanek, 30.11.2021)