Austria-Vorstand Gerhard Krisch hat in Favoriten keine einfache Aufgabe übernommen. Der Verein steht seit seinem Amtsantritt am Rande der Insolvenz. Durch den Einstieg eines Investors soll sich die Lage deutlich entspannen.

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Wenn Vorstand Gerhard Krisch über die finanzielle Situation der Austria spricht, ist zumeist von einem Rucksack die Rede. Gemeint sind die Altlasten des Vereins, und die sind in der Saison 2020/21 nicht kleiner geworden. Das Jahresergebnis nach Steuern wird mit einem Minus von 4,6 Millionen Euro angegeben. Das Fremdkapital beträgt 79,6 Millionen Euro, das negative Eigenkapital ist auf 19,2 Millionen Euro angewachsen. Da drängt sich dem geneigten Beobachter eine Frage auf: Ist das noch ein Rucksack oder schon ein Schwertransportanhänger?

Das Minus aus der vergangenen Saison hat Krisch nicht zu verantworten. Der Mann ist sein Amt erst im Mai angetreten. Seine Mission ist es, den Klub vor der Insolvenz zu bewahren. "Es hilft mir nicht, permanent in den Rückspiegel zu schauen", sagt Krisch nach Veröffentlichung der Kennzahlen am Dienstag zum STANDARD. Die Austria habe die Probleme Länge mal Breite analysiert. "Wir wissen, an welchen Schrauben wir drehen müssen. Wir haben in vielen Bereichen Kostensituationen, die wir attackieren müssen. Und das machen wir bereits."

Aber nur mit Stromsparen ist die Austria nicht zu retten. Damit am Verteilerkreis nicht das Worst-Case-Szenario eintritt, muss ein Investor Geld zuschießen. Seit Montag ist Krisch diesbezüglich etwas leichter. Der Verwaltungsrat hat seinem Vorschlag zu finalen Gesprächen mit einer "mehrheitlich österreichischen Investorengruppe" zugestimmt. Der Gruppe gehören Ex-LASK-Vizepräsident Jürgen Werner und Teile des aktuellen Präsidiums an. "In den nächsten zwei, drei Wochen müssen wir den Vertrag unterschriftsfertig auf dem Tisch haben. Es geht um Details." Und wohl um rund elf Millionen Euro.

Ist die drohende Insolvenz damit vom Tisch? Im Gespräch mit dem STANDARD will sich Krisch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Dem violetten Kuratorium rund um den Wiener Ex-Bürgermeister Michael Häupl wurde jedoch mitgeteilt, es sei "aus heutiger Sicht davon auszugehen, dass der Fortbestand der Austria gesichert ist".

Keine Experimente

Neben der sogenannten Viola Investment GmbH waren zwei weitere Investoren in die engere Auswahl gekommen: einerseits der Unternehmer Utz Claassen, Kurzzeitpräsident von Hannover 96 und ehemaliger Besitzer von Real Mallorca. Andererseits Ivan Bravo, Chef der Aspire Academy in Katar. Seit Wochen war zu hören, dass der Verein eine lokale Lösung vorziehen würde. Das unglückliche Abenteuer mit der Insignia Group des georgischen Geschäftsmannes Michael Surguladze – ein Lehrbeispiel für gescheiterte Kommunikation – sollte sich nicht wiederholen.

"Wir wollen 2022/23 operativ wieder positiv sein. In der aktuellen Saison möchte ich einen Trend in diese Richtung sehen. Dazu müssen wir den Zusehern aber einen spannenden Fußball bieten", sagt Krisch. Zumindest diesem Anspruch wird die Austria den Umständen entsprechend gerecht. Trainer Manfred Schmid und Sportdirektor Manuel Ortlechner tragen ihren Teil dazu bei, die Fans wieder in die Generali-Arena zu locken. Die junge Mannschaft spielt einen Fußball, der von den Anhängern geschätzt wird, die Meistergruppe ist in Reichweite.

Die Zeiten in der Bundesliga waren insgesamt schon rosiger. Die Pandemie hat das Geschäft nicht angekurbelt, vier von zwölf Vereinen bilanzieren mit einem negativen Jahresergebnis. Aufsteiger Austria Klagenfurt schreibt ein Minus von 3,5 Millionen Euro, die Admira (minus 469.000 Euro) und Sturm Graz (minus 500.000 Euro) stehen leicht in den roten Zahlen.

In einem Paralleluniversum ist Red Bull Salzburg unterwegs. Der Meister hat bei einem Ertrag von 112 Millionen ein Plus von fünf Millionen Euro erwirtschaftet. Der Personalaufwand beläuft sich auf 53 Millionen Euro. Zum Vergleich: Rapid hat mit 21 Millionen Euro die zweithöchsten Personalkosten, der Tabellenzweite WAC wendet keine acht Millionen auf.

Am Sonntag (17 Uhr) ist die Austria zum Wiener Geister-Derby in Hütteldorf zu Gast. Rapid hat die Pandemie durch die Europa-League-Teilnahme abgefedert. Das internationale Geschäft spülte fast sieben Millionen Euro in die Kassa. Damit kann man arbeiten. Nach einem leichten Minus im Vorjahr weist Rapid nun ein leichtes Plus von 700.000 Euro aus.

"Die Pandemie hat allen Vereinen wehgetan", sagt Krisch, "durch den Einstieg des Investors haben wir die Chance, wieder in die Spur zu kommen. Wir haben so viele Themen, damit könnten wir eine Zeitung füllen. Dieses Projekt wird uns Jahre begleiten." (Philip Bauer, 1.12.2021)