Die Stefan-Zweig-Villa auf dem Salzburger Kapuzinerberg im Dezember 2021.

Foto: Thomas Neuhold

Es ist eine schmale, sehr steile Straße, die entlang eines Kreuzweges vom Stefan-Zweig-Platz in der rechten Altstadt auf den Salzburger Kapuzinerberg zum gleichnamigen Kloster führt. Schräg gegenüber, hinter Hecken und Bäumen versteckt, steht ein villenartiges, langgestrecktes Gebäude: das Paschinger-Schlössl – Hausnummer Kapuzinerberg 5.

Die Geschichte des Gebäudes reicht in das frühe 17. Jahrhundert zurück, es war einst ein fürsterzbischöfliches Jagdschloss. Und obschon es in der Fülle der Salzburger Kulturschätze ein eher unbedeutendes Bauwerk darstellt, gehört es zu den bekanntesten Gebäuden der Stadt. Seine Bedeutung verdankt es dem Schriftsteller Stefan Zweig, der hier von 1919 bis 1934 mit seiner ersten Frau Friderike lebte. Zweig soll in seiner Salzburger Zeit hier an die 200.000 Manuskriptseiten verfasst haben.

Der Schriftsteller Stefan Zweig mit seiner Frau Friderike im Jahr 1927.
Foto: Imagno / Archiv Setzer-Tschiedel

Seither wird das Paschinger-Schlössl, von Zweig auch Villa Europa bezeichnet, mehrheitlich Stefan-Zweig-Villa genannt. Zweig selbst hat Salzburg und Österreich angesichts des grassierenden Antisemitismus und nach einer schikanösen Hausdurchsuchung durch die austrofaschistische Polizei 1934 Richtung London verlassen.

"Im April 1937 akzeptierte er das Angebot der Salzburger Kaufmannsfamilie Gollhofer: Kaufpreis 63.000 Schilling, 40.000 Schilling fällig bei Vertragsabschluss, 23.000 Schilling mit fünf Prozent Verzinsung binnen zwei Jahren (spätestens am 1. Juni 1939 zu begleichen)", schreibt der Salzburger Historiker und Zweig-Biograf Gert Kerschbaumer in seinem Aufsatz über den Schriftsteller auf der Homepage der Salzburger Stolpersteine über den Verkauf. Die ausstehenden 23.000 hat Zweig freilich nie erhalten, die Summe wurde von der Nazi-Finanz einkassiert.

Porsche zahlt 8,4 Millionen

Mit Kaufvertrag vom 19. Oktober 2020 hat nun die Zweig-Villa einen neuen Eigentümer. Gunther und Wolfgang Gollhofer verkauften die Liegenschaft um 8,4 Millionen Euro an Wolfgang Porsche. Der in Zell am See und in der Stadt Salzburg lebende Wolfgang Porsche ist als Aufsichtsratsvorsitzender der Porsche AG und der Porsche Automobil Holding der Chef der gleichnamigen Automarke.

Mit Porsche könnte ein neues Kapitel in der Geschichte der Zweig-Villa aufgeschlagen werden. Denn während die Familie Gollhofer die historisch wertvolle Villa für die Öffentlichkeit nie zugänglich gemacht hatte, denkt Porsche an "eine Mischung aus öffentlicher und privater Nutzung", wie er im STANDARD-Gespräch sagt.

Denkmalschutz und Weltkulturerbe

Er denke an eine "Seminar- und Vortragsstätte", sagt Porsche. Konkreter will er nicht werden. Man müsse erst mit dem Denkmalschutz derartige Pläne erörtern. Tatsächlich steht die Villa nicht nur unter Denkmalschutz, sie ist auch Teil des Weltkulturerbes Salzburg.

Und noch etwas fügt Wolfgang Porsche an: Voraussetzung für eine öffentliche Nutzung sei auch, dass die Zweig-Villa mit einem Lift im Berginneren erreichbar sei. Über die schmale, steile Zufahrtsstraße allein sei das nicht machbar: "Wie sollen denn ältere Leute da raufkommen?"

Alte Pläne

Neu sind Porsches Überlegungen nicht, wie Heinrich Schmidinger bestätigt. Schmidinger war von 2001 bis 2019 Rektor der Universität Salzburg und hat beginnend mit der Gründung des Stefan-Zweig-Zentrums 2008 versucht, die Villa für das Zentrum zu erwerben und zu adaptieren. Auch er sei immer von einem Lift im Berginneren ausgegangen, der von den zuletzt als Luftschutzstollen genutzten Katakomben hinaufführe, sagt Schmidinger. Trotz Unterstützung von Stadt, Land und Bundesimmobiliengesellschaft sei das Vorhaben aber an den finanziellen Vorstellungen der damaligen Eigentümer gescheitert.

"Ideale Gedenkstätte"

Das Zweig-Zentrum der Universität selbst sei in die Pläne von Wolfgang Porsche noch nicht eingebunden, sagt Arturo Larcati. Der Professor für neue deutsche Literatur an der Universität Verona leitet das Zweig-Zentrum, das derzeit auf dem gegenüberliegenden Stadtberg, dem Mönchsberg, in der Edmundsburg untergebracht ist.

Die Villa wäre eine "ideale Gedenkstätte", sagt Larcati dem STANDARD. Seine "Vision" sei ein Museum wie das Hermann-Hesse-Museum im Schweizer Montagnola. Man werde versuchen, mit Porsche in einen Dialog zu treten.

Andenken an den Weltautor

Mit dem Eigentümerwechsel keimt in der internationalen Zweig-Gemeinde wieder etwas Hoffnung auf, dass die Zweig-Villa in irgendeiner Form tatsächlich auch für das Andenken an den Weltautor genützt werden könnte. Immer wieder ist zu hören, dass dies auch von der Symbolik als Akt der "Wiedergutmachung" stimmig wäre: Die Villa des Vertriebenen und später im Exil in den Suizid getriebenen jüdischen Autors befinde sich nun im Besitz eines Nachfahren jener Porsche-Generation, die mit den Nationalsozialisten aufs Engste kollaborierte und in der Diktatur gute Geschäfte machte. (Thomas Neuhold, 2.12.2021)