Aus diesem Grund wurden die Grünen gewählt, deswegen sitzen sie in der Regierung, das ist die Aufgabe, die Leonore Gewessler als Ministerin für Klimaschutz, Umwelt und Mobilität hat: Am Mittwoch verkündete sie das Aus für den Lobautunnel. Der Bund wird dieses umstrittene Straßenbauprojekt nicht umsetzen. Es ist eine große Entscheidung, es ist eine mutige Entscheidung, und es ist die richtige Entscheidung, nicht nur aus Sicht der Grünen.

Von Aktivisten besetzte Baustelle in der Wiener Donaustadt.
Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Wer Klimaschutz ernst nimmt, und das sollten wir alle im Großen und im Kleinen tun, kann keine Maßnahmen unterstützen, die noch mehr Verkehr erzeugen. Die Zeit für gigantische Straßenbauprojekte, die die Umwelt schädigen und für eine weitere, großräumige Flächenversiegelung sorgen, ist vorbei. Das muss jetzt auch die Wiener SPÖ lernen, das muss auch die ÖVP hinnehmen. Dass man ausgerechnet ein Naturschutzgebiet in Gefahr bringt, indem man es untergräbt, hat den Sinn dieses Projekts umso mehr infrage gestellt.

Die Wiener SPÖ hat sich verspekuliert, als sie dieses Projekt dem Bund überantwortete – damals in der Annahme, dort würden ihr die Grünen mit Sicherheit nicht in die Quere kommen. Mittlerweile sitzen die Grünen aber in der Regierung, und wenigstens in dieser Frage verfolgen sie konsequent eine Linie. Die ÖVP muss, einmal mehr, zur Kenntnis nehmen, dass sie sich da quasi den Feind ins Bett geholt hat. Im Augenblick sind der ÖVP dank türkiser Turbulenzen die Hände gebunden. Sie hat kaum Kraft zur Gegenwehr.

Die Grünen sind sich des Applauses aller klimaschutzbewegter Menschen und Gruppierungen sicher, sie wissen aber auch, dass ihnen in der Regierung künftig ein noch schärferer Wind entgegenwehen wird. Die Chancen auf eine Fortsetzung dieser Koalition haben sich nicht gerade vergrößert.

Gewessler hat keine Alternative präsentiert, das ist die Schwäche ihres Beschlusses. Da ist jetzt die Stadtregierung gefordert. Sie sollte keine Zeit mit juristischem Firlefanz vergeuden, sondern sich alternative Projekte für die Stadterweiterungsgebiete überlegen. Ein weiterer Ausbau des öffentlichen Verkehrs ist mit Sicherheit notwendig, wird das Problem aber allein nicht lösen. Statt mit grober Pranke Monsterprojekte zu betonieren, müssen intelligente, kreative und umweltverträgliche Wege in die Zukunft gefunden werden. (Michael Völker, 1.12.2021)