Wer sein Glück im Kasino sucht, findet es in Macau nicht nur in Gewinnen. Devisen sorgen hier für Hochstimmung.

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Ende vergangener Woche wurde der Kasinobetreiber Alvin Chau in Macau festgenommen. Dem Chef des an der Hongkonger Börse notierten Unternehmens Suncity werden Fluchtgefahr, Geldwäsche und illegales, grenzüberschreitendes Glücksspiel vorgeworfen. Die Aktie rauschte um 48 Prozent in den Keller. Und hinter dem Fall verbirgt sich mehr, als auf den ersten Blick ersichtlich ist.

Für manche superreiche Chinesen verlief ein gelungener Urlaub so: Mit dem Flugzeug ging es von Schanghai oder Peking nach Macau. Die ehemalige portugiesische Kolonie hatte sich nach ihrer Rückgabe an die Volksrepublik 1999 als Glücksspielparadies etabliert. Dort checkte man in einen der Kasinokomplexe ein und begann zu zocken. In den Etablissements war für jeden gesorgt: Es gab Boutiquen, Spas, Kinos, sogar Kindergärten. War die Familie erst einmal versorgt, konnte man ungestört mehrere Stunden an den Spieltischen verbringen.

Hauptsache Dollar

Ums Gewinnen ging es den meisten aber gar nicht. Wichtig war, dass man am Ende US-Dollar in den Händen hielt. Das war einfach: Die Spieler kamen mit großen Summen chinesischer Renminbi ins Kasino, tauschten diese in Chips um. Gespielt wurde am liebsten Baccarat, ein Glücksspiel mit einer relativ hohen Gewinnwahrscheinlichkeit. Die Chips tauschte man dann in US-Dollar oder Euro um. Selbst ein Verlust ließ sich verschmerzen.

In der Volksrepublik gelten strikte Kapitalverkehrskontrollen. 50.000 US-Dollar darf ein chinesischer Bürger pro Jahr ins Ausland transferieren. Für Superreiche sind das Peanuts. Gerade in dieser Schicht wissen viele, wie unsicher ihr Status ist und vom politischen Wohlwollen der Führung abhängt. Deswegen versuchen viele ihr Geld ins Ausland zu bringen. Die nationalistische Global Times schrieb, Chau sei Chef eines kriminellen Syndikats. Warum aber Peking die Geldwäschemaschine Macau so lange gewähren ließ, ist unklar. Vielleicht waren zu viele mächtige Kader in die Aktivitäten involviert und schützten das Geschäft. Möglich ist auch, dass die Kasinobetreiber immer wieder neue Wege fanden, die Kapitalverkehrskontrollen zu umgehen.

Schlupfloch schließen

Dieses Schlupfloch nun scheint Xi Jinping schließen zu wollen. Denn, so mutmaßen viele, der Fall Chau könnte Auftakt zu einem größeren Schlag gegen die gesamte Kasinoindustrie sein. Denn all das fügt sich auch in eine Kampagne ein, mit der Xi Jinping seine Macht auf immer mehr Wirtschaftsbereiche ausdehnt. In den vergangenen Monaten ging Xi gegen die Unterhaltungsindustrie, die Finanz- und Weiterbildungsbranche vor. Ein Schlag gegen die Glücksspielbranche würde sich gut einreihen. Auch Superreiche stehen im Fokus. So soll die "nationale Verjüngung" gelingen, von der Xi wiederholt spricht. Kasinos passen da schlecht ins Bild. (Philipp Mattheis, 2.12.2021)