Fünfzehn Jahre hat die Aufarbeitung der verkehrspolitischen Hinterlassenschaft des Werner Faymann gedauert. Der Verkehrsminister (und spätere Bundeskanzler; SPÖ) war 2007 durch die Bundesländer getourt und hatte das Blaue vom Himmel versprochen. Die Landeskaiser griffen beherzt zu und ließen sich jede verkehrswirtschaftlich noch so fragwürdige Ortsumfahrung in den Rang einer Autobahn heben.

Klimaaktivisten blockierten die Baustelle und die Zufahrtstraße der Stadtautobahn.
Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Schön blöd wären sie gewesen, hätten sie es nicht getan. Zwar sind Autobahn und Schnellstraße die teuerste, weil technisch aufwendigste Art, Straßen zu bauen. Aus Sicht der Besteller haben sie aber den unschätzbaren Vorteil, dass dafür die Benutzer im Wege von Lkw-Maut und Pkw-Vignette zahlen – und Landesbudgets nicht belastet werden. Ob diese Verkehrsverbindungen über die dem hochrangigen Straßennetz entsprechende Bedeutung verfügen, interessierte ebenso wenig wie raumplanerische oder gar ökologische Aspekte.

Über allem schwebte das öffentliche Interesse, eine der schwammigsten Begründungen, die man sich nur ausdenken kann, weil sie nicht in Zahlen zu fassen ist. Auch mit der positiven (regionalen) Wertschöpfung und Arbeitsplatzeffekten während der Bauphase wird gern argumentiert. Das ist, mit Verlaub, Mist. Denn das Zubetonieren befördert Treibhausgase und Feinstaub, und ohne Autobahn würden, salopp formuliert, die Wurstsemmeln der Bauarbeiter anderswo verkauft.

Damit ist nun Schluss. Die Grünen haben Mut bewiesen und die Notbremse gezogen. Das ist bei Straßen regionaler Bedeutung sicher kein Beinbruch, denn die Länder können Traisental-Schnellstraße (S34), Klagenfurter Schnellstraße (S37) oder Marchfeld-Schnellstraße (S8) genauso gut als Bundesstraße bauen, diesfalls auf eigene Rechnung.

Bei der Nordostumfahrung (S1) mit dem Lobautunnel ist die überregionale Bedeutung nicht so einfach wegzuwischen. Eine Umfahrung der Bundeshauptstadt samt Donauquerung scheint sinnvoll. Allerdings werden, das zeigen just die seinerzeit der Umweltprüfung unterlegten Verkehrsprognosen, die geplanten Straßen überschätzt; die Entlastung der Südosttangente (A23) von Schwer- und Individualverkehr ist eine Fiktion. Dass der Wohnungsbau in Aspern ohne S1 nicht möglich sein sollte, glaubt hoffentlich nicht einmal der Wiener Bürgermeister. Er muss notwendige Stadtstraßen halt selbst zahlen. (Luise Ungerboeck, 1.12.2021)