Mehr als 6.000 Menschen wurden in der südafrikanischen Region Gauteng am Mittwoch positiv getestet.

Foto: EMMANUEL CROSET / AFP

In Österreich kommt sie am 1. Februar 2022, in Deutschland rückt sie näher – und auch in der ganzen EU soll nun darüber geredet werden. Man solle eine Debatte über eine unionsweite Covid-Impfpflicht zumindest führen, forderte am Mittwoch EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Man habe zwar ausreichend Impfstoffe – "aber sie werden nicht überall in ausreichendem Maße eingesetzt".

Von der Leyen stellte die Äußerungen in einer Pressekonferenz auch in den Kontext der Omikron-Variante, die sich weiter ausbreitet. In diesem Zusammenhang verteidigte sie die von den betroffenen Staaten und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) heftig kritisierten Reisesperren für mehrere Länder des südlichen Afrika, wo die Variante zuerst nachgewiesen wurde. Das Rennen sei eines gegen die Zeit, sagte sie, man müsse schnell und auf Basis nicht vollständiger Informationen handeln. Es gelte, sich "auf das Schlimmste vorzubereiten" – und auf das Beste zu hoffen.

Hoffnungsschimmer

Hoffnung schien am Mittwoch jedenfalls ein Vertreter der WHO zu verbreiten, über dessen Pressekonferenz die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, ohne ihn namentlich vorzustellen. Er sagte demnach, die meisten der bisher in 24 Staaten gemeldeten Corona-Fälle würden mild verlaufen. Zudem gebe es bis jetzt auch "keine Belege" dafür, dass die bisher verabreichten Impfungen gegen die Variante nicht mehr nützten – freilich, so räumte er dann ein, aber durchaus Indizien dafür.

Allerdings: Dass die meisten Infektionen mild verlaufen, ist auch bei den schon bisher bekannten Corona-Varianten der Fall – fraglich ist derzeit, ob Omikron den relativ geringen Anteil schwerer Fälle unter den Infektionen erhöht oder senkt. Dazu waren auch am Donnerstag keine neuen wissenschaftlich belegten Informationen verfügbar.

Episodischen Berichten, wonach es überhaupt kaum schwere Fälle gebe, stehen Krankenhauszahlen aus Südafrika entgegen. Dort, vor allem in der Provinz Gauteng, wo sich Omikron besonders stark ausbreitet, sind diese im Steigen begriffen. Laut den Angaben von Mittwochabend wurden in Südafrika innerhalb der vorangegangenen 24 Stunden 8.561 Neuinfektionen gemeldet, davon 6.168 in der besonders betroffenen Region Gauteng. auch 135 Menschen wurden in diesem Zeitraum neu ins Spital eingewiesen.

Omikron reist um die Welt

Weiterhin offen ist, wie ansteckend die neue Variante wirklich ist. Indizien liefern auch die Berichte über Infektionen weltweit. Neben neuen Funden in EU-Staaten meldeten am Donnerstag auch das westafrikanische Ghana sowie Südkorea erste Infektionen mit Omikron. In Ghana wurde das Virus in Proben gefunden, die am 21. November einreisende Flugpassagiere aus Südafrika und Nigeria abgegeben hatten. Auch in Südkorea waren es zwei Reiserückkehrer aus Nigeria. Mit Aufenthalten dort waren auch schon in Kanada gemeldete Fälle in Verbindung gestanden. Für Aufsehen sorgten in dem Zusammenhang Berichte, Nigeria habe schon in Proben von Oktober Omikron entdeckt. Diese wurden später aber als falsch zurückgezogen; es war Delta gemeint.

In Brasilien wurde indes, ebenfalls am Mittwoch, erstmals in Südamerika die Variante nachgewiesen. Betroffen war ein Reiserückkehrer aus Äthiopien.

Weil die Verbreitung der Variante nicht mehr aufhaltbar scheint, stehen die Reisesperren zunehmend in der Kritik. Sie haben auch Auswirkungen auf die Forschung in Südafrika. Weil zwei Drittel der dafür relevanten Fracht gewöhnlich via Verkehrsflugzeuge ins Land kommen, hatte sich dort in den vergangenen Tagen eine Knappheit an Reagenzien abgezeichnet, die für Labore wichtig sind. Frankreich kündigte an, die Sperren nicht über Sonntag hinaus verlängern zu wollen. (Manuel Escher, 1.12.2021)