Der Lobautunnel wird nicht gebaut, wenn es nach Klimaministerin Leonore Gewessler geht.

Foto: APA/Schlager

Seit Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Mittwoch das Aus für den geplanten Bau der Lobauautobahn verkündet hat, gehen die Wogen hoch. Befürworter des Straßenbauprojekts hoffen, die Entscheidung rechtlich noch bekämpfen zu können. Für die Wiener Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) steht jedenfalls fest: "Das ist ein Projekt, das umgesetzt werden kann, soll und muss." Niederösterreichs Verkehrslandesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) kritisierte, dass auch "eine Ministerin nicht über dem Bundesstraßengesetz steht".

Gesetzgeber im Weg?

Tatsächlich ist der Bau einer Schnellstraße zwischen Schwechat und Süßenbrunn über den Knoten Raasdorf ausdrücklich im Bundesstraßengesetz festgeschrieben. Der Verwaltungsrechtsexperte Peter Bußjäger von der Uni Innsbruck erklärte daher im Ö1-"Morgenjournal" am Donnerstag, dass Gewessler den Straßenbau "nicht einfach so absagen" könne. Denn der Gesetzgeber habe einen verbindlichen Auftrag erteilt, dass auf der besagten Route eine Schnellstraße zu errichten ist. Daran müsse sich auch die Ministerin halten, wobei allerdings für die genaue Ausgestaltung einer solchen Straße ein großer Spielraum bestehe.

Das Ministerium führt juristisch ins Treffen, dass neben dem Bundesstraßengesetz auch noch die Asfinag-Gesetze maßgeblich seien. In diesen sei verankert, dass die Asfinag für ihr Bauprogramm der nachfolgenden sechs Jahre jährlich mit der zuständigen Ministerin das Einvernehmen herstellen muss. Da Gewessler mit der Lobauautobahn aus klimapolitischen Erwägungen nicht einverstanden sei, habe sie als Ministerin auch das Recht, den Bau zu verweigern. Das Bundesstraßengesetz, das ohnehin keine Fristen für den Bau fixiere, müsse hierzu nicht geändert werden – dabei würde ja realpolitisch die ÖVP im Parlament auch nicht mitgehen.

Diesem Argument aus Gewesslers Ressort kann auch Bußjäger im Prinzip einiges abgewinnen, er sieht Gewessler allerdings in der Pflicht, ein Alternativprojekt auf dem gesetzlich fixierten Abschnitt anzubieten: "Sie bewegt sich auf heiklem Terrain, wenn sie den Bau gänzlich absagt, ohne Alternativen in den Raum zu stellen."

Politische Chancen

Besonders aussichtsreiche rechtliche Möglichkeiten der betroffenen Bundesländer Wien und Niederösterreich erblickt Bußjäger gleichwohl nicht. Bei einer Amtshaftungsklage müssten die Länder etwa einen Vermögensschaden durch die Absage des Baus geltend machen, das sei "schwierig". Politische Chancen zum Rückgängigmachen des Stopps bestehen schon eher. Denn da das Bundesstraßengesetz nicht geändert wird, beruht die aktuelle Entscheidung nur auf Gewesslers Vorgabe für die Asfinag. Ein künftiger Minister einer anderen Partei könne naturgemäß wiederum eine gegenteilige Vorgabe machen, führt Bußjäger an.

Allianz gegen Gewessler

Wiens Planungsstadträtin Sima wollte sich vorerst nicht auf rechtliche Schritte festlegen, das werde derzeit von Juristen geprüft. Bei der Pressekonferenz am Donnerstag zeigte sie sich empört: "Die Entscheidung ist weder transparent noch nachvollziehbar", sagte Sima. In Wien gebe es das Problem, dass gewisse Bezirke zu "Schlafbezirken" würden, weil man dort wegen der schlechten Anbindung keine Arbeitsplätze schaffen könne. "Es gibt keine Alternative, keinen Plan, wie man die Verkehrslast anders bewältigen kann." Sima hielt fest: "Das ist ein 'grünes Projekt', das umgesetzt werden kann, soll und muss".

"Einen Schlag ins Gesicht" habe man der gesamten Ostregion verpasst, sagte der niederösterreichische Mobilitätslandesrat Schleritzko. Juristen würden sich jetzt mit der Entscheidung befassen. Von einer ersten Rechtsmeinung fühlt sich Schleritzko jedenfalls bestätigt: "Das Projekt steht im Bundesstraßengesetz und ist aus unserer Sicht umzusetzen."

Zu einer recht deftigen Wortwahl griff derweil der schwarze Bürgermeister von Gänserndorf, René Lobner, der sich für seine Stadt eine Verkehrsentlastung durch die Nordostumfahrung erhofft hatte. Auf der Pressekonferenz polterte Lobner: "Was die Frau Minister gerade macht, ist, die Grundprinzipien der demokratischen Republik auszuhebeln." Man werde alle Mittel ergreifen, um diese Entscheidung anzufechten. (ta, etom, 2.2.2021)