Karl Nehammer bei einer Pressekonferenz vergangene Woche im Innenministerium.

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Auf Sebastian Kurz' Rücktritt als Bundeskanzler folgte am Donnerstag dessen endgültiger Rückzug aus der Politik. Damit dürften auch einige andere Veränderungen in der Bundesregierung einhergehen. Als Favorit für die Nachfolge als ÖVP-Chef und Regierungschef gilt STANDARD-Informationen zufolge Innenminister Karl Nehammer. Er würde damit Alexander Schallenberg als Bundeskanzler ablösen, der dann wieder ins Außenministerium zurückwechseln würde.

Berichten des "Kurier" zufolge soll auch Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck abgelöst werden – wogegen sich aber die Tiroler ÖVP, aus der Schramböck kommt, wehre. Ihre Sprecherin jedenfalls teilte dem STANDARD mit, dass eine Ablöse der Ministerin nicht zur Debatte stehe. Der Finanzminister Gernot Blümel soll demnach in der Regierung bleiben. Laut unbestätigten ORF-Informationen könnte jedoch auch Blümel gehen müssen. Wie es mit Blümel, einem der engsten Kurz-Vertrauten und Beschuldigter in der Casinos-Causa, ist aus Sicht mancher Parteifunktionäre völlig unklar.

Spekulationen gibt es zudem über einen neuen Posten für Europa- und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler. Sie war ursprünglich als Kanzlerin im Gespräch und könnte nun Innenministerin werden. Für diesen Posten brachte der "Kurier" einen weiteren Namen ins Spiel, der schon öfter für einen Top-Job in Wien im Gespräch war: Andreas Pilsl, Landespolizeidirektor in Oberösterreich. Pilsl selbst dementierte im STANDARD-Gespräch: "Da wissen andere mehr als ich, ich weiß von nichts."

Edtstadler-Spekulationen

Freitagnachmittag steht eine Sitzung des ÖVP-Vorstands auf der Tagesordnung. Aus ÖVP-geführten Ministerien war am Donnerstag zu hören, dass man Entscheidungen über Rochaden jedenfalls bis Montag getroffen haben will, da die Bevölkerung zurzeit kein Verständnis für Selbstbeschäftigung der Politik habe. Sollte Nehammer tatsächlich Kanzler werden, wäre Edtstadler jedenfalls eine logische Nachfolgerin. Sie kennt das Innenministerium und die dortigen Mitarbeiter gut. Der ausgebildeten Richterin, die ihr Jusstudium als Alleinerzieherin bewältigte, nachdem sie schon mit 20 Mutter geworden war, trauen Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter viel zu. Zudem sei sie in der Politik gewachsen.

Die "harte Schule" sei für Edtstadler die Zeit gewesen, als sie unter Herbert Kickl Staatssekretärin im Innenministerium war, heißt es. Was gegen eine Innenministerin Edtstadler spricht: Die Juristin ist mit ihren jetzigen Agenden sehr glücklich, hört man. Dass der gelernte Diplomat Alexander Schallenberg, der als Kanzler weichen soll – wie auch der alte und künftige ÖVP-Klubchef August Wöginger zwischen den Zeilen im ORF bestätigte –, Edtstadlers EU- und Verfassungsagenden übernimmt, halten Insider eher für unwahrscheinlich. Wenn er in seine Funktion als Außenminister zurückkehren will, müsste man aber eine neue Aufgabe für den derzeitigen Außenminister Michael Linhart finden.

Wo keine Änderungen anstehen

Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) teilte mit, er wolle sich an den Spekulationen über Ministerposten nicht beteiligen: "Wir halten unsere beiden Vorarlberger in der Bundesregierung aber jedenfalls für sehr kompetent", verkündete er in einer Aussendung.

Der grüne Regierungspartner teilte mit, die Umbildungen seien eine Entscheidung der ÖVP. Das grüne Regierungsteam werde "mit Sicherheit das gleiche bleiben. Es ist ein hervorragendes Team", sagte der grüne Bundessprecher und Vizekanzler Werner Kogler auf Puls 24.

"Klick gemacht"

Erst Anfang Oktober war Kurz im Zusammenhang mit Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in der sogenannten Inseratenaffäre als Bundeskanzler "zur Seite getreten", wie seine Partei es formulierte. Seinen Rücktritt als Parteichef und Klubobmann begründete Kurz nun mit der Geburt seines Sohnes, der am vergangenen Samstag zur Welt gekommen ist. Als er sein Kind gesehen habe, "hat es Klick gemacht", schreibt die "Krone". (mro, giu, cms, 2.12.2021)