Willkommen im Frank-Kosmos: modernes Design, maßgeschneiderte Garderobe, Krimskrams und abstrakte Malerei.
Foto: Heribert Corn

Gegenüber der gusseisernen Badewanne klappt sich ein Sekretär aus der Wand: Bücher, Notizblätter, Stifte, Plastikfiguren und Steine kommen zum Vorschein. Auch ein Schnurtelefon steht hier bereit. Die ganze Wand hält solche Überraschungen versteckt – sie ist nämlich keine. Drückt man auf die Holzverkleidungen, springen sie als Wandkästen auf. Einmal verbirgt sich dahinter die Therme, dann tauchen stapelweise Kunstkataloge auf.

In der Wohnung von Heinz Frank paaren sich architektonische Kniffs mit persönlichen Fundstücken, modernes Design mit maßgeschneiderter Garderobe und Krimskrams mit abstrakter Malerei. Die gesamten Wände sind mit einer 1,65 Meter hohen (seiner Körpergröße entsprechenden) rotbraun-gemaserten Lackierung versehen. Jeder Millimeter wird genutzt, alles hat hier seine Funktion. Für ihn unbrauchbare Gegenstände wie ein Waschbecken hatte Frank nachträglich entfernt und dafür allerhand Tricks eingebaut: von der japanischen Teenische in der Küche bis zu versteckten Kojen mit Porzellanfiguren.

Reduzierte Ästhetik: gusseiserne Badewanne plus Wandsekretär.
Foto: Wolfgang Thaler

Keine Reaktion, keine Lösung

Der 2020 verstorbene Künstler wuchs in der Wohnung – die ursprünglich aus zwei kleinen bestand – in Rudolfsheim-Fünfhaus mit Blick auf die Schmelz auf und verbrachte sein gesamtes Leben hier. Im Keller des Zinshauses, in dem er als Bub noch vor Bombenangriffen Schutz suchte, betrieb er bis zuletzt sein Atelier. Jener musste aufgrund von Nässe nach seinem Tod geräumt werden, die Wohnung im zweiten Stock befindet sich mit ihrer außergewöhnlichen Gestaltung noch im Urzustand. All das könnte allerdings bald verschwinden – eine Räumungsklage soll den Auszug aus der Mietwohnung erzwingen.

Dies zu verhindern, hat sich der noch von Frank selbst ins Leben gerufene Verein "Büro Heinz Frank" zum Ziel gesetzt. Bestehend aus: Kurator Georg Schöllhammer, Antiquar Robert Schoisengeier, Franks Tochter Lilli Breuer sowie Katharina Schendl von der Galerie LambdaLambdaLambda, die den Nachlass des Künstlers verwaltet. Seit letztem Jahr versuchen sie, mit der Vermieterin zu verhandeln, waren wegen der Räumungsklage bereits vor Gericht – bisher erfolglos. Auch Vorschläge, die Miete zu verdoppeln oder die Wohnung sogar zu kaufen, ignoriert die Vermieterin bis dato.

Japanischer Einfluss mit architektonischem Kniff: eine Teenische in der Küche mit Stufen, die zugleich Stauraum sind.
Foto: Heribert Corn

Maßanzug aus vier Wänden

Die Wohnung unter Denkmalschutz zu stellen scheint nun der letzte Ausweg. Somit wären alle Veränderung von der Vermieterin genehmigungspflichtig und eine Renovierung bzw. Umgestaltung kaum möglich. Der von Vertretern namhafter Kultureinrichtungen – wie dem Wien-Museum oder der Albertina – und auch der Österreichischen Gesellschaft für Architektur (Ögfa) unterstützte Antrag werde aktuell vom Bundesdenkmalamt geprüft, heißt es auf Anfrage. Bis Juni 2022 bleibt noch Zeit, dann läuft die Frist ab.

"Wille und Geld sind da", sagt Breuer, die Alleinerbin von Franks Hinterlassenschaft ist. Diese müsse auch nicht in ihrem Besitz bleiben, sagt sie. Auch die Kosten würde sie weiterhin tragen. Ihr einziger Wunsch sei es, die Wohnung zu erhalten und weiterhin für Interessierte zugänglich zu machen. "Die Wohnung war wie ein Maßanzug für ihn, fast wie eine zweite Haut", erklärt seine Tochter. Diese zu schützen war auch der Wunsch ihres Vaters.

Wiener Moderne trifft außereuropäische Einflüsse: Frank kombinierte eine afrikanische Maske mit Stoff von Josef Frank und selbstdesignten Möbelstücken.
Foto: Heribert Corn

Dandy und Außenseiter

Der 1939 geborene Künstler war gelernter Elektrotechniker, studierte Architektur an der Akademie der bildenden Künste und arbeitete ab den 1960er-Jahren als Künstler. Dennoch bezeichnete er sich selbst nie als solcher. Seine Zeichnungen, Gemälde und Objekte, die sich in humoristischen bis existentialistischen Sphären bewegten und er alle als "Selbstporträts" bezeichnete, wurden bis zuletzt ausgestellt. Zahlreiche Werke befinden sich in Sammlungen großer Museen, wie dem Mak, dem Mumok oder dem Centre Pompidou.

Der stets extravagant gekleidete Maler und Bildhauer galt als Dandy und Wiener Original, war mit Größen wie Hermann Czech, Bruno Gironcoli und Walter Pichler befreundet und trieb sich in den Kaffeehäusern der Stadt herum. Dennoch galt er als Außenseiter, internationale Prominenz erlangte er nie.

Kleine Tricks: eine Koje in der Wand mit Porzellanhäschen.
Foto: Heribert Corn

Unwiederbringlicher Verlust

"Wäre das eine Wohnung von Franz West, wäre das kein Thema", kommentiert Sebastian Hackenschmidt den Fall. Der Kurator am Wiener Mak kennt die Wohnung Franks gut und schreibt ihr Einflüsse von Adolf Loos, der Wiener Moderne sowie anderer, auch außereuropäischer Kulturen zu. Er würde es als großen Verlust einstufen, dieses "gelebte Kunstwerk" zu zerstören.

"Es wäre ein schwerwiegender Fehler seitens des Bundesdenkmalamts, die Wohnung nicht unter Schutz zu stellen." Werde diese geräumt und würden fest verbaute Einrichtungselemente entfernt, so Hackenschmidt, sei der Originalzustand unwiederbringlich. Er wäre für immer verloren. (Katharina Rustler, 3.12.2021)

Im Video gab der Künstler 2013 einen Einblick in seine Wohnung.
Max Hareiter