Eine von 2018 stammende Aufnahme einer Unterkunft für jugendliche Asylwerber in Niederösterreich.

Foto: Christian Fischer

St. Pölten / Wien – Bei einem Online-Asylgipfel mit den Landesflüchtlingsreferenten und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) ist eine Reform der Grundversorgung mit einer Valorisierung der Kostenhöchstsätze für die Unterbringung von Asylwerbern und Migranten vereinbart worden. Über Details starten laut Ministerium Verhandlungen mit den Ländern. Indes hat Niederösterreichs Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) angekündigt, die Anzahl der Flüchtlinge in der Grundversorgung bei knapp 3.000 zu deckeln.

Das Innenministerium teilte zur außerordentlichen Landesflüchtlingsreferentenkonferenz mit, dass man mit der Reform der Grundversorgung ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) und Empfehlungen des Rechnungshofes (RH) im Asylbereich umsetze. Vereinbart wurde demnach, dass das Ministerium die Kostenhöchstsätze für die Unterbringung von Asylwerbern und Migranten valorisiert. Zuletzt wurden die Tagsätze für die Unterbringung und Verpflegung 2016 angepasst.

Weiters habe der Rechnungshof eine Abkehr von Pauschalbeträgen empfohlen – die Bundesländer sollen künftig die Kosten der tatsächlich erbrachten Leistung bei der Unterkunftsbereitstellung, Verpflegung und Betreuung abrechnen. Außerdem soll auf Basis des VfGH-Erkenntnisses die Grundversorgung für subsidiär Schutzberechtigte jener für Asylberechtigte gleichgestellt werden. Über die Details der Vereinbarung sollen Verhandlungen des Innenministeriums mit den Ländern starten.

Neue Lösungen

"Die Betreuung von unbegleiteten Minderjährigen ist beispielsweise 15 Jahre lang nicht reformiert worden", erklärte Nehammer. Es brauche eine "neue, tragfähige Lösung": "Eine Anpassung der Kostensätze bei transparenter Darstellung der tatsächlich erbrachten Leistungen ist ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung dazu." Ergebnisse der Reform stellte der Wiener Stadtrat Peter Hacker (SPÖ) für kommendes Jahr in Aussicht.

Die Valorisierung der Tagessätze trage dazu bei, mehr Quartiergeber zu finden und dadurch eine möglichst breite regionale Verteilung der Flüchtlinge sicherzustellen, betonte der oberösterreichische Landesrat Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP): "Aufgrund der Erfahrungen aus der Vergangenheit wissen wir, dass eine Aufteilung in kleinere Gruppen nicht nur zu einer besseren Aufnahme in den Gemeinden führt, sondern auch sicherstellt, dass es vor Ort zu keiner zu großen Belastung kommt und Integrationsprobleme möglichst verhindert werden."

Waldhäusl will Barrieren errichten

Der niederösterreichische Landesrat Waldhäusl sprach sich hingegen in einer Pressekonferenz gegen mehr Geld für den Asylbereich aus und meinte, mehr zu zahlen, damit es mehr Quartiere gebe – "größeren Unsinn gibt es nicht". Waldhäusl sprach von durchschnittlich 1.200 bis 1.300 neuen Asylwerbern pro Woche in Österreich. "Die Bundesquartiere sind übervoll und leider sind auch die Landesquartiere mehr als voll", meinte der Landesrat in St. Pölten.

Mit Donnerstag waren den Angaben zufolge 2.411 Personen in der niederösterreichischen Grundversorgung, der Höchststand war im Jahr 2016 mit rund 15.000 erreicht worden. Der Deckel bei knapp 3.000 Flüchtlingen entspreche der 15a-Vereinbarung, meinte der Blaue. Während andere Bundesländer "absaufen werden, haben wir in Niederösterreich einen Damm errichtet, der hoch genug ist, dass wir unsere Grenze sichern werden", so Waldhäusl. Der FPÖ-Politiker hatte Mitte Oktober einen temporären Übernahmestopp von Asylwerbern in Landesunterkünften ausgesprochen, ausgenommen sind nur Härtefälle.

Allein blieb Waldhäusl beim Gipfel per Videokonferenz mit der Forderung, dass an den Grenzen "Barrieren errichtet werden, um den Eintritt zu verhindern". Das für das Asylwesen zuständige Landesregierungsmitglied meinte dazu: "Ich werde für diese Unfähigkeit auf Bundesebene, die Grenze nicht sichern zu können, nicht den Kopf hinhalten und unterstützen. Wir haben in Niederösterreich auch die Quartiere nicht." Der FPÖ-Politiker ortete, dass "die ÖVP auch im Asylbereich vor den Grünen in den Knie geht". Einstimmig habe man sich beim Asylgipfel für die Errichtung von Anhaltezentren an den EU-Außengrenzen ausgesprochen.

Prekäre Situation

Die Asylkoordination Österreich hatte vor dem Gipfel in einer Aussendung die "prekäre Situation im Asylbereich" als "einer Krise im Management der Grundversorgung für Asylsuchende geschuldet" bezeichnet und auf einen "jahrelangen fruchtlosen Hickhack zwischen Bund und Ländern" verwiesen. "Die Zahl der momentan in Grundversorgung betreuten Menschen rechtfertigt in keiner Weise ein Krisengeschrei, vielmehr sollten jetzt alle Verantwortlichen zusammenarbeiten und die dafür notwendigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen", forderte Lukas Gahleitner-Gertz, Sprecher der Asylkoordination.

Waldhäusl wurde ein "beharrlich destruktives Ausscheren" vorgeworfen. Der FPÖ-Landesrat sei "nur an der Problembewirtschaftung, nicht aber an Lösungen interessiert", so Gahleitner-Gertz. Niederösterreich komme seinen Verpflichtungen bei der Unterbringung Schutzsuchender nicht nach. Kritisiert wurde auch, dass Waldhäusl trotz einer Anklage wegen Amtsmissbrauchs den Vorsitz der Konferenz innehat.

Der Prozess in Zusammenhang mit der Unterbringung Minderjähriger in der Flüchtlingsunterkunft Drasenhofen (Bezirk Mistelbach), der diese Woche am Landesgericht St. Pölten starten hätte sollen, wurde aber Corona-bedingt auf Anfang Februar verschoben. Waldhäusl wird vorgeworfen, zumindest 14 betroffene Jugendlichen, die sich in einem Asylverfahren befanden, in ihrem Recht auf Grundversorgung und einer geeigneten Unterkunft geschädigt zu haben. Zudem habe er sein Amt missbraucht, weil er dafür sorgte, dass die Jugendlichen in einer ungeeigneten Unterkunft mit Stacheldraht untergebracht wurden. Es gilt die Unschuldsvermutung, Waldhäusl geht von einem Freispruch aus. (APA, red, 2.12.2021)