Frühstück mit "Fränkie": Der Künstler Voka in seinem Atelier in Puchberg am Schneeberg im Gespräch mit Milliardär Frank Stronach. Der Magna-Gründer erwarb im Laufe der Jahre an die 60 seiner Bilder.

Foto: Voka

Manch einer könnte dieser Tage geneigt sein, sich jene goldene Ära in Erinnerung zu rufen, in der Frank Stronach noch die Spendierhosen in XXL trug. Allen voran der Verwaltungsrat der finanziell arg gebeutelten Veilchen, der eine Insolvenz abzuwenden sucht. Die Verbindlichkeiten des Wiener Fußballklubs haben sich mittlerweile auf rund 80 Millionen Euro summiert. Dem Vernehmen nach soll eine Gruppe österreichischer Investoren ein Trostpflaster von knapp elf Millionen Euro liefern.

Good old "Frankie" hatte über seinen Magna-Konzern als Hauptsponsor der Austria einst noch jährlich bis zu 28 Millionen Euro springen lassen. Eine Investition, die sich für den zeitweiligen Präsidenten der Bundesliga wohl gelohnt hätte, wäre der von ihm angepeilte TV-Wettkanal je realisiert worden. Geschichte. 2008 stieg Magna aus.

Rätselhaftes "Meisterbild"

Ein Relikt des gemeinsamen Lebensabschnitts fand nun den Weg in das Auktionshaus "im Kinsky": ein "sag einfach Meister zu mir"-T-Shirt mit allerlei Unterschriften, das samt Kleiderhaken auf eine 100 mal 100 Zentimeter große Leinwand geklebt und teils übermalt wurde, mit güldenem Finish, ganz wie es sich anlässlich des Meistertitels 2002/2003 ziemte. Links unten prangt die Bezeichnung "AK 03". Wer das T-Shirt zu einem "Kunstwerk" veredelte, bleibt ein Rätsel. Das Auktionshaus muss passen, und dem Klub ist das Ding gar nicht erst bekannt.

Wer das Andenken an den Austria-Meistertitel 2002/2003 zu einem "Kunstwerk" veredelte, das mit einem Schätzwert von 1000 bis 2000 Euro an den Start geht, ist unbekannt. Weder das Auktionshaus, noch der Klub konnten Hinweise zu dem Monogrammisten "AK" geben.
Foto: im Kinsky

Der Schätzwert beläuft sich auf stolze 1000 bis 2000 Euro. Ein Fan würde wohl auch 5000 Euro bezahlen, wenn er es denn haben wolle, argumentiert Geschäftsführer Michael Kovacek optimistisch. Das Bild gehört zu einer Gruppe von knapp 30 Werken, die unter der Bezeichnung "Sammlung Stronach" vermarktet und am 17. Dezember in der Sparte Zeitgenössische Kunst versteigert werden.

Rückzug aus Österreich

Der Anlass? Der 89-jährige Milliardär weilt nach seinem Rückzug aus der heimischen Politik (2017) und aus dem von seiner Tochter geführten Konzern kaum noch in Österreich. Im September 2020 fand er nach einigem Hin und Her endlich einen Käufer für seinen Pferdesportpark Magna Racino: den Bremer Werfteigentümer Peter Lürßen, der dafür knapp unter 40 Millionen Euro berappte. Stronachs Schmerzgrenze soll bei 36 Millionen Euro gelegen sein, ein Bruchteil seiner ehemaligen Investitionen.

Den Fontana Golfclub, den zugehörigen Wohnpark und Schloss Oberwaltersdorf hatte er bereits 2014 an Siegfried Wolf, den ehemaligen Magna-Vorstandsboss, verkauft – für kolportierte 24,4 Millionen Euro. Die dort von Stronach bewohnte Villa, die ursprünglich ausreichend Platz für die von ihm über die Jahre angesammelten Kunstwerke bot, hat er mittlerweile gegen eine Wohnung getauscht. Ergebnis: ein Kehraus für die Mehrheit der Bilder, die nun im Palais Kinsky um Käufer buhlen.

Verführerische Cindarella

Darunter auch einige Werke, bei denen die Stronach-Provenienz nicht deklariert wurde, etwa solche von Oskar Mulley, die in der Kategorie Klassische Moderne (16. 12.) zum Aufruf kommen. Insgesamt geht es laut Michael Kovacek um ein Volumen von etwa einer Million Euro. Dazu soll etwa ein als Cinderella I bezeichnetes Hochformat von Ernst Fuchs wenigstens 100.000, wenn nicht 200.000 Euro beitragen. Freilich könnte die nur mit Strümpfen, goldenen High Heels und Federhut bekleidete Femme fatale auch zu einem deutlich höheren Betrag verführen.

Barockes Weib vor psychedelischem Hintergrund: Die als "Cinderella" bezeichnete Femme fatale von Ernst Fuchs, soll "mit ihren körperlichen Attributen den voyeuristischen Blick des Betrachters in ihren Bann ziehen", heißt es im Auktionskatalog.
Foto: im Kinsky

Ein anderes Großformat des Fantasten, der sich bekanntlich überaus gerne als Malerfürst zu inszenieren pflog, wechselte bereits im Vorfeld der Auktion über einen Privatverkauf für einen unbekannten Betrag den Besitzer: Paradieso, ein Werk solcher Dimension, dass dafür jüngst sogar der Türstock des Schauraums aufgefräst werden musste. Eine Maßnahme, die für keines der 17 Werke des unter dem Künstlernamen Voka aktiven "Spontanrealisten" (Eigendefinition) im Angebot vonnöten wäre.

Legenden auf Leinwand

Der Niederösterreicher Rudolf Vogl lernte Stronach 2007 kennen: Anlässlich des Austrian-Open-Golfturniers hatte er im Fontana-Club Golfbilder ausgestellt. "Hallo, hier spricht Frank Stronach, ich komme gerade aus Kanada, ich habe die Bilder gesehen und kaufe sie alle!", erinnert sich der Künstler an das entscheidende Telefonat.

Eine der Sportlegenden, die 2014 auch in Stronachs Wettlokal "Frankey’s Sports Bar" in Hallandale Beach in Florida verewigt wurde: der 7-fache Formel-1 Weltmeister Michael Schumacher.
Foto: im Kinsky

Über die Jahre folgten zahlreiche weitere Ankäufe, etwa auch jene der sogenannten "Legends-Serie": elf Darstellungen ikonischer Sportlerpersönlichkeiten – von Muhammad Ali über Michael Jordan und Franz Klammer bis zu Michael Schumacher und Roger Federer (alle 2009) – die nun einzeln zu einem Schätzwert von 5000 bis 10.000 Euro angeboten werden.

Der ursprüngliche Kaufpreis hatte sich auf 6000 Euro je Bild belaufen, und der Reinerlös kam damals der Franz-Beckenbauer-Stiftung zugute. Einzig das Bild des italienischen Profigolfers Costantino Rocca behielt Stronach. Die Serie diente auch als Vorlage für die Ausstattung der "Frankey’s Sports Bar" in Hallandale Beach (Florida) nahe Miami.

Die Sujets hatte Voka 2014 digital neu zusammengesetzt und auf Leinen drucken lassen. Anschließend sei die Bar damit tapeziert worden, erinnert er sich zurück. Im Jahr darauf stattete er Stronachs Adena Golf Club in Orlando mit nicht weniger als 30 Bildern aus.

Vokas Karriere-Turbo

War der Austrokanadier für den Künstler also so etwas wie ein Lottosechser? Nun, es war hilfreich, gibt sich Voka im STANDARD-Gespräch bescheiden. Später hätten dann auch "Sigi" Wolf oder Novomatic-Gründer und Milliardär Johann Graf Bilder gekauft. Ein Karriere-Turbo, der nicht ohne Auswirkungen auf Vokas Kurs blieb: Pro Quadratmeter verlangt er derzeit 12.000 Euro. Bei einem zwei mal 2,6 Meter großen Querformat, wie dem vom Auktionshaus aktuell angebotenen Pferderennen, wären das also etwa 62.400 Euro.

Die im Katalog ausgewiesene Taxe für das Bild beläuft sich auf 35.000 bis 70.000 Euro. Das Limit, unter dem kein Zuschlag erfolgen würde, beziffert Michael Kovacek mit dem unteren Schätzwert, also 35.000 Euro.

24 Mille für US-Politik

Der Erlös der Versteigerung seiner artifiziellen Güter wird Stronach vermutlich wenig kümmern. Für Schlagzeilen sorgt er andernorts: sei es hierzulande mit Plänen für ein neues Werk zur Produktion von Mikro-E-Fahrzeugen in Laßnitzthal, wie im September.

Oder auch mit der Anfang November über einen Bericht der kanadischen Tageszeitung The Globe and Mail bekannt gewordenen Spendierfreude an die US-Politik: Demnach ließ das Stronach-Imperium von 2004 bis 2020 zumindest 24 Millionen US-Dollar springen, davon allein 17 Millionen für Referendumskampagnen in sechs Bundesstaaten, die eine Legalisierung oder Ausweitung des Glücksspiels auf Rennstrecken zum Ziel hatten. (Olga Kronsteiner, 5.12.2021)