Der designierte Minister für Bildung und Wissenschaft: Martin Polaschek. Die Uni Graz muss sich nun einen neuen Rektor suchen.

Foto: Uni Graz/Kanizaj

Wer in den letzten 20 Jahren in irgendeiner Funktion mit der Uni Graz zu tun hatte, ob aufseiten der Lehrenden oder aufseiten der Studierenden, kennt Martin Polaschek. Der 1965 in Bruck an der Mur geborene Jurist machte wissenschaftlich vor allem als Rechtshistoriker von sich reden. Auf diesem Gebiet forschte und publizierte Polaschek etwa viel über die Nachkriegsjustiz und Entnazifizierung, speziell über die österreichischen Volksgerichte von 1945 bis 1955. Zudem war Polaschek ab 2003 vor allem ein sehr engagierter Vizerektor für Studium und Lehre sowie Studienrektor an der Uni Graz.

Während der monatelangen "Uni brennt"-Hörsaalbesetzungen in Graz vor rund zehn Jahren erwies sich Polaschek stets als Gesprächspartner der Studis auf Augenhöhe. Er setzte auf Dialog und Deeskalation.

Auf Augenhöhe

Auch wegen ihm kam es in Graz zu keinen Räumungen des Hörsaals – er erfüllte fast alle Forderungen der Studierenden, die diese in einem Katalog zusammengefasst hatten. Er unterstützte die Umbenennung des größten Hörsaals der Uni Graz nach dem kommunistischen Widerstandskämpfer Willi Gaisch, dessen jüdische Familie in Russland von Stalin und in Österreich von den Nazis verfolgt wurde.

Auch wenn Polaschek unter dem 2019 verstorbenen ÖVP-Politiker Gerhard Hirschmann am Anfang seiner Karriere mit einem Projekt über Föderalismus befasst war, agierte der Wissenschafter nie parteipolitisch gesteuert. Er ist kein Parteimitglied.

Optisch fiel der zunächst junge Vizerektor durch langes zu einem Pferdeschwanz zusammengebundenes, zeitweise blond gefärbtes Haar auf. Später schnitt er es kurz ab, nun trägt er es wieder halblang – wofür auch die Lockdowns verantwortlich waren. "Aber sie werden auch danach nur ein bisschen kürzer", so Polaschek am Freitag.

"Einservorschlag"

2019 wurde er dann Rektor der Uni, wobei seine Ernennung etwas Besonderes war: Erstmals gab es keinen Dreiervorschlag, sondern der Senat der Karl-Franzens-Uni suchte nur einen Namen aus – und das Ministerium akzeptierte diesen "Einservorschlag". Seitdem ist Polaschek Rektor, eine Aufgabe, die ihm, wie Freunde bestätigen, besonders viel Freude mache. Dass er sie nun aufgibt, kommt für viele überraschend. Am Freitag war er für den STANDARD vorerst nur per SMS erreichbar. "Muss mich um meine Uni kümmern", schreibt der künftige Minister. Der Abschied wird ihm gewiss nicht leichtfallen.

Wovon man bei Polaschek ausgehen kann: Braune Umtriebe duldet er schon aufgrund seiner Forschungsschwerpunkte nirgends. Privat ist Polaschek "verheiratet, und das sehr glücklich!" Die Grünen wird es freuen, einen passionierten Radfahrer auf der Regierungsbank begrüßen zu dürfen. (Colette M. Schmidt, 3.12.2021)