Früher trug sie Pelz, heute wählt sie Teddyfell. Jennifer Lopez wurde zuletzt in New York in einem Kurzmantel in der Farbe eines English Cocker Spaniel fotografiert. Hinter dem Outfit mag auch ein Werbedeal des Popstars mit der amerikanischen Modemarke Coach stecken. Doch Lopez’ fliegender Wechsel zum tierfreundlichen Mantel entspricht auch dem Zeitgeist.

Das Teddyfell (ohne Knopfaugen, dafür mit rund ein Zentimeter hohem Flor) wirkt harmlos, hält warm und vermittelt in Zeiten nervenaufreibender Gefechte in den Social-Media-Kanälen tapsige Gemütlichkeit wie brummbärige Gelassenheit. Aber nicht nur das. Der meist aus Baumwolle, Acryl oder Polyester hergestellte Teddyflor weckt bei vielen Kindheitserinnerungen, das erste Kuscheltier war und ist nicht selten ein Bär.

Überziehjacken aus Teddyfell (hier von Arket) werden in der Natur wie in der Großstadt getragen.
Foto: Arket

Das schlagende Argument für das Tragen von Teddymänteln jedoch: Für sie musste kein Tier sein Fell oder gar sein Leben lassen. Das Material passt in eine Zeit, in der Trägerinnen und Trägern von Echtpelz ein scharfer Wind um die Ohren pfeift.

Echtpelz verschwindet

Stück für Stück verschwindet er aus dem Sortiment vieler Luxusmodehersteller: Das Modehaus Gucci erklärte bereits 2017, auf Pelz und Fell zu verzichten. Auch Prada und Versace verabschiedeten sich von jenen tierischen Erzeugnissen, die Armani-Gruppe kündigte kürzlich an, ab kommendem Herbst auf Angorawolle zu verzichten. Bis dann sollen auch alle zum Luxuskonzern Kering gehörenden Modehäuser den Pelz verbannen, eine eindeutige Positionierung von LVMH steht allerdings noch aus.

Derweil machen sich die kuscheligen Alternativen breit. Hemdjacken, Oversize-Mäntel, Handtaschen, Fischerhüte, Hausschuhe: Die Modehersteller beweisen, dass es nichts gibt, was nicht aus Teddyfell produziert werden könnte.

Mit dem exzentrischen, über und über mit Teddybären besetzten Mantel von Jean-Charles de Castelbajac oder dem putzigen "Bärchenkleid" von Moschino, in dem Gloria von Thurn und Taxis 1989 bei Wetten, dass...? auftrat, haben die Stücke von heute aber wenig gemein. Im Gegenteil, während den Ausschnitt der Prinzessin von und zu damals ein gutes Dutzend Bären zierte, strahlen die brummeligen Kleidungsstücke heute in der Regel Tragbarkeit aus, oft kommen sie passenderweise in Beige- und Brauntönen daher.

Neue Gemütlichkeit

Kuscheln mit Max Maras Teddymantel
Foto: Hersteller

Zu den meistfotografierten und -verkauften Stücken gehört der schlichte kamelfarbene Teddymantel, den das italienische Modeunternehmen Max Mara einem archivierten Modell aus den 1980ern nachempfand und 2013 auf den Markt brachte: Als die ehemalige Vogue-Chefin Carine Roitfeld sich in ihn einwickelte und ziemlich cool mit nackten Beinen kombinierte, folgte den Streetstyle-Bildern eine weitere Lawine der Begeisterung.

2017 überarbeitete Kreativchef Ian Griffiths das Design, das Interesse ist bis heute ungebrochen. Das knapp 2000 Euro teure Stück, das aus einer Mischung aus Kamelhaar, Seide und Viskose gefertigt wird, nennen bekannte Frauen wie Katie Holmes oder Hailey Bieber ihr eigen. Ähnliche Modelle, von Balenciaga bis Zara, machten die Runde, die New York Times bezeichnete das populäre Kleidungsstück sogar als "retailing monster".

So gemütlich das Teddy-Fleece jedoch daherkommt, umweltfreundlich ist seine Produktion in den meisten Fällen nicht: Nur wenige Marken wie beispielsweise Stella McCartney oder Patagonia verarbeiten für ihre Überziehjacken recyceltes Polyester.

Weste von Patagonia
Foto: Hersteller

Die ärmellose Weste des kalifornischen Outdoor-Unternehmens (Bild) hat es vielleicht auch deshalb in den vergangenen Jahren zum festen Bestandteil des hippen Kleiderkastens gebracht. Für Großstadtexpeditionen auf dem Wochen- oder Weihnachtsmarkt braucht es schließlich eine adäquate Garderobe.

Windige Karossen

Teddyjacke von Stella McCartney
Foto: Hersteller

Die Modewelt ist allerdings nicht erst seit gestern angetan vom Teddyfell. In den 1920er-Jahren trugen die ersten Autofahrer in ihren windigen Karossen wärmende Teddymäntel. Sie wurden aus jenem Material, das eigentlich für Farbrollen verwendet wurde, gefertigt.

Erst einmal waren es die Männer, die den Kuschelfaktor dieses Kleidungsstücks schätzten: Salvador Dalí posierte 1936 bei seiner Ankunft in New York in einem dunklen Teddymantel, Mick Jagger trug in den 1960er-Jahren ein Modell des Duisburger Unternehmens Steiff-Schulte, seit 1902 zuständig für die Gestaltung des Steiff-Teddys. In den Nullerjahren entdeckte dann auch die Modemarke Prada das Unternehmen auf einer Modemesse.

Offenbar waren die Italiener so begeistert von dem hochwertigen "Schulte-Mohair", dass die Webpelze aus Naturhaar von Alpakas und Angoraziegen prompt 2007 in Miuccia Pradas Herbstkollektion auftauchten. Die Designerin erwies der Konkurrenz einen Bärendienst: Die ordert seither ebenfalls. Mittlerweile bestellen auch Unternehmen wie Gucci, Tommy Hilfiger und Dries Van Noten in Duisburg. Das Ende des Teddymantels ist nicht in Sicht. (Anne Feldkamp, RONDO, 11.12.2021)