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Nur das Beste ist gut genug – oder gut genug ist das Beste?

Foto: AP / Armando Franca

Welcher Wagen wäre jetzt der beste: der neue Audi 8 Facelift? Der Bentley Continental GT Speed? Oder vielleicht doch die Elektroluxuslimousine Mercedes EQS? Jahr für Jahr diese Qual der Wahl – das ist kein leichtes Leben für die Automobilisten unter den Großverdienern. Aber es gibt natürlich auch kleinere Brötchen: Welcher Milchschäumer kann mehr? Und welche Markenjeans ist heiß? Willkommen in der wunderbaren Warenwelt des Konsums.

Liebe als Kapital

Ähnlich wie mit den Trendprodukten verhält es sich auch auf dem Parkett des Zwischenmenschlichen. Man lernt jemanden kennen. Zuerst will man, dann doch nicht. Dann beschließt man: Ich seh’ mich lieber noch um.

Mitunter hat man auch selbst den Part der Kandidatin/des Kandidaten in Warteschleife. Ja, für Leute mit modernen Nerven sind die Dinge sehr, sehr kompliziert. "Den Wunsch nach Liebe trägt jeder in sich. Denn allein sind Menschen in den ersten Lebensjahren nicht überlebensfähig", erklärt Eric Hegmann. Der deutsche Paartherapeut weiß, wie viel gerade am Beginn von Beziehungen falsch laufen kann.

Als Teenager, da ist man noch offen, neugierig, dankbar und froh. Dann ziehen Jahre ins Land, zehn verschiedene Frisuren und drei Karriereschritte. Man ist mit der eigenen Performance beschäftigt. Betreibt in Dauerschleife Selbstoptimierung. Und plötzlich glauben viele von uns: Nur das Beste ist gut genug.

Anders, besser, größer

Die Medien bombardieren uns mit diesen Erfolgspaaren, wo einer den anderen aufwertet: Starfußballer Cristiano Ronaldo und sein Model, der britische Prinz Harry und seine Hollywoodschauspielerin Meghan. Die Spitzensportlerin und der Unternehmer, die Starmoderatorin und die Bestsellerautorin.

Es hebt den Wert der eigenen Aktie, wenn die bessere Hälfte zum Insta-tauglichen Lifestyle passt. Experten warnen vor diesem Oberflächenglück: "Im Idealfall würdigen Sie den Partner, so wie er ist, und wollen für ihn nur das Beste", erklärt der US-Psychologe John Gottham. "Der Fokus ist nicht darauf gerichtet, was besser, anders, toller sein könnte. Sondern darauf, das anzunehmen, was ist."

So gesehen ist es heilsamer, sich auf die Pflege eines nicht ganz perfekten Oldtimers zu konzentrieren. Der hat zwar einige Macken und wird auf der A1 von neuen Angebermodellen überholt. Dafür klingt sein Motor wie guter Soul, und beim Anblick der Karosserie geht einem auch noch nach Jahren das Herz auf. (Ela Angerer, RONDO, 2.1.2022)