Die vergangene Wintersaison war eine verlorene. Für die kommende hatten viele Unternehmerinnen und Unternehmer Hoffnung geschöpft. Nach monatelanger Durststrecke ließ sie der unbekümmerte und wirtschaftlich erfreuliche Sommer Hoffnung schöpfen.

Der mittlerweile vierte Lockdown hat das alles wieder zunichtegemacht. Wie ein Damoklesschwert schwebt die Corona-Krise über Österreichs Tourismus, Gastronomie und Hotellerie. Dienstleister erleben mehr denn je eine Fahrt ins Ungewisse.

Sie müssen im Blindflug Personal aus Österreich und dem Ausland rekrutieren, ohne diesen Mitarbeitern fixe Jobs zusichern zu können. Das bedeutet auch, ausreichend Ware für Weihnachtsfeiern zu organisieren und die Lebensmittellager zu füllen – im Bewusstsein, darauf im Falle anhaltend hoher Infektionsraten sitzen zu bleiben.

Viele Betriebe haben gelernt, kurzfristiger zu agieren. Ein hohes Restrisiko bleibt. Die Zeiten der Planbarkeit sind für alle vorbei. Das zehrt an den Nerven und finanziellen Ressourcen.

Auch Kunden und Gäste wissen nicht, was sie in den nächsten Wochen und Monaten erwartet. Urlaube werden nur zögerlich gebucht. Spontanität ist der neue Zeitgeist.

Gewiss ist allein, dass jede wirtschaftliche Freiheit an Kontrollen und Auflagen gebunden ist. Nicht alle Betriebe haben die Regeln für Geimpfte, Genesene und Getestete verinnerlicht. Dass die Pandemie für weite Teile der Bevölkerung ihren Schrecken verloren zu haben scheint, macht es nicht einfacher.

Viele Branchen brauchen die Zeit rund um Weihnachten, um wirtschaftlich über das Jahr zu kommen. Staatliche Hilfen verschlingen bereits Milliarden Euro. Doch nicht allen Unternehmen hilft das über die Krise hinweg.

Keine Jobgarantie für Skilehrer

Alexander Maier, Skischulbetreiber in Flachau
Foto: Hermann Maier Skischule / Cerkovnik Bostjan

"Wir waren so motiviert. Wir haben alle Schneekanonen und Förderbänder aufgebaut und unsere Skilehrer rekrutiert. Wir haben in ein neues Haus für die Mannschaft investiert. Aber ich bin mir nicht mehr sicher, ob das alles überhaupt Sinn macht. Es ist, als wäre das Jahr um 365 Tage zurückgedreht. Vor drei Wochen habe ich allen Lehrern geschrieben, dass ich keine Jobgarantie mehr abgeben kann. Dennoch hat mir bisher noch keiner abgesagt.

Wir haben in guten Jahren 50 bis 60 Skilehrer aus fünf Nationen zwischen 16 bis 47 Jahren. Dänische Gäste etwa legen großen Wert auf dänische Skilehrer. Diese müssen jedoch als Basis auch Deutsch können, darauf legen wir Wert.

Anders als Gastronomen sind wir immer noch in der glücklichen Lage, mehr Bewerber als offene Jobs zu haben. Die Leute wollen als Skilehrer arbeiten. Für viele Junge ist es der große Traum, und sie sind zum Glück nicht dazu gezwungen, sich ihre finanzielle Existenz damit abzusichern. Auch die meisten altgedienten Lehrer bleiben uns treu. Jedem ist bewusst, dass wir alle im gleichen Boot sitzen. Die Unternehmen sind in der Corona-Krise selbst nur Passagiere.

Dienst am Kunden

In der vergangenen Wintersaison hatten wir vielleicht drei Prozent unseres üblichen Umsatzes. Das war ein reiner Dienst an Kunden, die etwa in der Region rund um Flachau Zweitwohnsitze hatten. Wir setzten nur einheimische Skilehrer ein. Personal darüber hinaus ließen wir keines kommen.

Cashflow brachte das natürlich nicht, es kostete mehr, als es brachte. Um einen Skikurs wirtschaftlich führen zu können, brauchen wir sechs bis sieben Personen pro Gruppe. Bei nur drei bis vier zahlen wir als Skischulbetreiber dazu – ein Desaster. Jeder muss sich in diesem Winter daher gut überlegen, was er anbietet. Wir können unsere Preise nicht so einfach erhöhen oder nur noch Kleingruppentarife verlangen. Irgendwann ist hier der Peak für die Gäste erreicht.

Ich bin skeptisch, was das Geschäft rund um Weihnachten betrifft. Unsere Branche ist schließlich das letzte Rad am Wagen. Ich hoffe aber, dass wir spätestens Mitte Jänner in die Saison starten dürfen. Wichtig für uns ist, dass auch die Hotellerie öffnet. Ohne sie brauchen wir gar nicht erst aufzusperren.

Das Ziel für unseren Betrieb ist es, die Abhängigkeit vom Winter zu reduzieren. Unsere Mitarbeiter sind zusehends auch im Sommer aktiv, etwa rund ums Biken. Wer sich eine Zukunft aufbauen will, braucht ganzjährig Beschäftigung. Mit Jobs zwischen Dezember und April allein spielt es das nicht." Alexander Maier

Wieder eine Fahrt ins Ungewisse

Paul Kolarik, Luftburg-Gastronom im Wiener Prater
Foto: Andi Urban

"Wir können mittlerweile Lockdown auch. Aber ich würde lieber aufsperren. Beim ersten Mal, im März 2020, waren wir in Schockstarre, beim zweiten Lockdown war das schon besser darstellbar. Es gab Hilfen, es gab die Kurzarbeit.

Jetzt ist es wieder eine Fahrt ins Ungewisse. Die Kurzarbeit ist bis März 2022 verlängert worden. Das lässt Interpretationsspielraum und könnte auch heißen, dass wir bis dahin mit dem Schlimmsten rechnen müssen. Ich bin überzeugt, dass wir nicht am 13. Dezember aufmachen werden, die Kunden sehen das aber anders. Wir bekommen E-Mails mit Reservierungsanfragen. Der Optimismus der Bevölkerung ist da. Wir haben sogar noch Weihnachtsfeiern mit 100 Leuten in den Büchern.

Optimistische Gäste

Manche Firmen haben aber natürlich ihre Veranstaltungen ganz abgesagt, manche haben das wiederum anders organisiert. 2019 hatten wir viele Feiern mit 200 Leuten, heuer ist das alles kleinteiliger geplant. Man will zumindest in kleineren Teams – in Gruppen von 15 bis 20 Leuten feiern. Die Pandemie hat offenbar ihren Schrecken verloren, das stimmt mich auch optimistisch.

Dass wir vor Weihnachten aufsperren, glaube ich schon. Wir in Wien könnten auch mit 2G oder 2G plus irgendwie leben, da funktioniert zumindest die Testinfrastruktur. Das ist leider nicht überall so. Aber ich muss auch einen eigenen Mitarbeiter für die Kontrolle abstellen. Das ist alles sehr aufwendig. Wir bräuchten ein besser umsetzbares Modell.

Was uns wirklich fehlt, ist Planbarkeit. Von heute auf morgen aufsperren können wir nicht. Wir brauchen eine Vorlaufzeit von mindestens sieben Tagen. Ist ein Wochenende dazwischen, müssen es zehn Tage sein. Wir müssen alles hochfahren, müssen die Waren bestellen. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen stehen aber Gewehr bei Fuß. Jetzt sind sie wieder in Kurzarbeit, aber sie wollen arbeiten. Unsere 60 Beschäftigten sind zu 90 Prozent geimpft, wir haben sie sehr motiviert. Wir betreiben auch die Hütte beim Eistraum auf dem Wiener Rathausplatz. Das ist für uns normalerweise eine gute Ergänzung, weil im Prater im Winter weniger los ist. Heuer wird die Gastronomie dort wohl eher nicht öffnen. Aber wir haben zumindest die glückliche Situation, dass wir einen tollen Sommer hatten.

Andere hatten es da viel schwerer." Paul Kolarik

Ohne finanziellen Polster wird es schnell schwierig

Sandra Fürst, Kosmetikunternehmerin in Enns
Foto: Wolfgang Simlinger

"Mit dem neuerlichen Lockdown habe ich eigentlich nicht gerechnet. Vielmehr bin ich davon ausgegangen, dass wir mit der 2G-Regel gut durchkommen werden. Mit der Zuspitzung der Situation in den Krankenhäusern wurde aber dann immer klarer, dass sich ein "Herunterfahren" abzeichnet.

Aber mittlerweile sind meine sechs Mitarbeiterinnen und ich schon echte Lockdown-Profis. Der erste Lockdown war so richtig Panik. Keiner hat gewusst, wie es weitergeht. Heute gehen wir in meinem Institut Körperwelt im oberösterreichischen Enns viel cooler mit solchen Ausnahmesituationen um. Wir sagen uns halt als Team: "Jetzt ist es wieder einmal so weit." Mit einer ärztlichen Verordnung als Grundlage dürfen wir im Moment auch gewisse Behandlungen durchführen. Im November habe ich geschaut, dass wir mit den Urlauben durchkommen, ab Dezember haben wir dann Kurzarbeit. Ich gehe also nicht von einem Lockdown-Ende mit 17. Dezember aus.

Finanzielle Polster

Aber natürlich habe ich gelernt, mich auf solche Lockdown-Phasen entsprechend vorzubereiten. Klar ist, dass mit dem Ausfall der kosmetischen Behandlungen mehr als die Hälfte des Umsatzes schlagartig wegbricht. Die Kosten für eine medizinisch indizierte Behandlung sind tariflich festgelegt und natürlich deutlich niedriger als etwa eine Spezialmassage. Wenn du für solche Situationen nicht einen entsprechenden finanziellen Polster hast, wird es ganz schnell ganz schwierig. Natürlich gibt es entsprechende Entschädigungszahlungen für Unternehmer. Jeder verspricht dir, dass es rasche Hilfen gibt – auch die Banken. Aber meine Lehre aus dem ersten Lockdown ist, dass aus einem rasch versprochenen "Das machen wir schon" ein durchaus zäher Prozess werden kann. Vorstrecken musst du das Geld zuerst aus der eigenen Tasche.

Ich mache meinen Job wirklich gern, und ich lasse mir auch im vierten Lockdown meinen Optimismus nicht nehmen. Wobei es natürlich Momente der Frustration gibt. Oft rufen Kunden an, die keine medizinische Verordnung haben. Denen musst du absagen. Das ist bitter. Wir hätten viel Arbeit, bieten die entsprechenden hygienischen Voraussetzungen und sind oft zur Untätigkeit gezwungen." Sandra Fürst

Auch Gäste wissen nicht, was auf sie zukommt

Corinna und Michael Knaller, Biohotel Gralhof, Neusach
Foto: Biohotel Knaller

"Gehofft haben wir auf etwas anderes. Als es geheißen hat, wieder ein Lockdown, waren wir aber auch nicht überrascht. Wir waren ja nie so blauäugig zu meinen, das Virus werde nach ein paar Monaten verschwinden, auch wenn die Politik die Pandemie schon im Sommer für beendet erklärt hat. Uns war klar, das wird eher langwierig.

Wie wir uns auf die heurige Wintersaison vorbereiten? Das ist ja das Problem, es geht eigentlich gar nicht. Wir wissen nicht, was noch auf uns zukommt. Ein bisschen Zeit haben wir noch, wir sperren das Hotel erst am 27. Dezember auf. Die Wintersaison für uns am Weißensee ist immer kurz, es sind gerade einmal die paar Tage im Dezember, dann noch der Jänner und Februar. Der Sommer ist länger und war zuletzt wegen der niedrigen Infektionszahlen auch besser planbar. Zum Glück sind wir sehr flexibel.

Für die Mitarbeiter gilt das Gleiche wie für uns: abwarten und schauen, was sich in den nächsten Tagen und Wochen abspielt. Einige Mitarbeiter sind jetzt stempeln, andere in Kurzarbeit. Wir haben am Gralhof auch eine Forstwirtschaft und eine Biolandwirtschaft. Den Rohstoff für die Hackschnitzelheizung holen wir aus unserem Wald. Das Fleisch, das in der Küche verarbeitet wird, produzieren wir auch selbst. Wir haben eine Pinzgau-Mutterkuhhaltung. Im Stall stehen zehn Rinder, zehn Kälber und drei Schweine.

Anfragen und Angebote

Den Lebensmitteleinkauf machen wir, egal ob Lockdown oder nicht Lockdown, immer sehr kurzfristig, etwa eineinhalb bis zwei Wochen vor dem Aufsperren. Es bleibt uns also noch etwas Zeit, und wir können schauen, wie sich die Infektionszahlen in der Zwischenzeit entwickeln.

Wir haben 16 Zimmer im Gralhof. Das Haus steht seit 550 Jahren. Die ersten Gäste sind 1910 bei uns eingekehrt. Anfragen für diesen Winter sind zwar da, und wir schicken auch Angebote hinaus. Es wird aber zögerlich gebucht, was verständlich ist. Auch die Gäste wissen nicht, was auf sie zukommt. Bleibt der Lockdown, bleibt er nicht, wird offen sein oder doch nicht? Fragen über Fragen.

Zu uns kommen Gäste, denen es nicht nur ums Skifahren geht. Im Winter sind bei uns etwa 7o Prozent Österreicher, 30 Prozent Deutsche. Bei den Gästen aus Deutschland kommt jetzt erschwerend hinzu, dass Kinder bei der Rückkehr fünf Tage in Quarantäne müssen. Das macht die Sache nicht einfacher." Corinna und Michael Knaller

(Regina Bruckner, Verena Kainrath, Markus Rohrhofer, Günther Strobl, 4.12.2021)