Adam Raczek (Lukas Gregorowicz) und und Kollegin Alexandra Luschke (Gisa Flake) im neuen "Polizeiruf 110", zu sehen am Sonntag, 20.15 Uhr, ARD.

Foto: RBB, ARD

Gebäude bergen Geheimnisse. Das weiß der neue Polizeiruf aus Cottbus für sich zu nutzen. Inmitten eines von der Immobilien- und Bauwirtschaft in Beschlag genommenen Stadtteils steht ein altes Mietshaus, dessen Sanierung bisher unangetastet blieb. Da wird die Bauleiterin auch schon tot aufgefunden – in einem Bauschuttsack im deutsch-polnischen Grenzgebiet.

In der Revitalisierung des schönen alten Ostens steckt viel Geld, davon handelt Mike Bäumls Drehbuch – auch. Investoren lauern auf alte Bausubstanz. Und in diesem Kontext verspricht einmal mehr das aristokratisch-strenge Gesicht von Sven-Eric Bechtolf als Immobilienboss Korruption reinster Güte. Wie er einer älteren Dame im kleinen Häkeldeckchen-Wohnzimmer mickrige Geldscheine im Briefumschlag überreicht, das ist schon Klasse.

Wirtschaftspläne sind in der Folge Hermann aber nur die eine Front. Die andere erzählt vom Wohnen, von Erinnerung und gelebtem Leben, genauer: von entrissenem Leben. Denn das betreffende Wohnhaus soll dem aus Israel angereisten Zvi Spielmann gehören, einem alten Herrn, der hier 1939 geboren wurde, dessen Vater das Haus einst gebaut hatte und dessen Familie von den Nazis ermordet wurde. Ein Gerichtstermin zwecks Restitution steht an.

Dass ausgerechnet die Immobilienfirma im hässlichsten Gebäude dieses Films logiert, gehört zur emotionalen Strategie dieses Krimis. Dagegen leuchten die charaktervoll verschachtelten Altbauwohnungen mit knarzenden Dielen und geschwungenen Türfenstern im Sonnenlicht des Ostens. Seine Gebäude haben allseits viele Schrammen. (Margarete Affenzeller, 5.12.2021)