Über die Vorzüge einzelner Smartphone-Betriebssysteme lässt sich ebenso lange wie kontrovers diskutierten. Das liegt auch daran, dass sich die beiden Systeme zumindest bei der Funktionalität recht wenig zu schenken haben, was auch daran liegt, dass sich die Hersteller recht offensichtlich gerne von den Ideen des Gegenübers "inspirieren" lassen. Bei einem Punkt geben aber selbst eingeschworene Android-Fans zu, dass Apple einen Vorteil hat: der Update-Versorgung. iPhones werden deutlich länger mit neuen Softwareversionen versorgt als irgendein aktuelles Android-Gerät.

Fortschritte

An dieser Relation hat sich zwar auch im ablaufenden Jahr wenig geändert, und doch gibt es für Android-User aktuell auch Grund zur Freude. Das Jahr 2021 hat nämlich so viele Verbesserungen bei der Update-Versorgung unter Android gebracht wie keines zuvor. Die jahrelangen Bemühungen von Google resultieren endlich auch in für die Nutzer greifbare Verbesserungen.

Dass große Versions-Updates durchaus relevant sind, demonstriert Android 12 mit seinem sehr hilfreichen Privacy Dashboard sehr gut.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Beispielhaft

So haben in den vergangenen Monaten gleich mehrere Hersteller ihr Update-Versprechen ausgedehnt. Statt zwei großen Versionssprüngen werden nun beispielsweise bei vielen – halbwegs – aktuellen Samsung- und OnePlus-Smartphones drei Stück zugesichert, auch andere Hersteller wie Vivo oder Nokia wollen das künftig zumindest bei ihren Topgeräten garantieren. Fast noch wichtiger: Bei einigen Herstellern geht dies auch mit vier Jahren an Sicherheitsaktualisierungen einher statt der bisher gebräuchlichen drei Jahre.

Dass gerade dieses Jahr gleich mehrere Hersteller ihr Update-Versprechen ausdehnen, ist natürlich kein Zufall. Geht dies doch auf einen Ende 2020 verkündeten Deal zwischen Google und Qualcomm zurück, in dessen Rahmen der Chiphersteller den Support für seine SoCs um ein Jahr ausgeweitet hat. Dem waren weitere Umbauten an der Androidbasis vorausgegangen, die den Wartungsaufwand für Qualcomm reduziert haben.

Google geht wieder voran

Den größten Durchbruch in Update-Fragen lieferte aber Google selbst bei seinem Pixel 6. Garantiert man dort doch gleich fünf Jahre an Sicherheitsaktualisierungen, und zwar monatlich, wohingegen die meisten anderen Anbieter üblicherweise nach zwei Jahren die Frequenz der Aktualisierungen deutlich reduzieren.

Dass Google aber weiterhin nur drei große Versionssprünge garantiert, ist zweifellos ein Wermutstropfen. Allerdings bleibt unklar, wie relevant das überhaupt ist, immerhin handelt es sich dabei um ein Mindestversprechen und keine Maximalangabe. Nur zur Erinnerung: Das – zu Recht – vielgelobte Apple gibt gar keine Garantien in dieser Hinsicht ab. Insofern könnte es auch einfach sein, dass Google hier bewusst vorsichtig agiert, um dann nicht im schlimmsten Fall auf ein Update festgenagelt zu werden, mit dem man dann den Nutzern aus technischen Gründen keine Freude machen würde. Trotzdem: Aus Nutzersicht wären längere Garantien auch für große Versionssprünge natürlich besser, man sollte nur aus den genannten Gründen nicht darauf wetten, dass sich in dieser Hinsicht in Zukunft relevant etwas ändern wird.

Monatliche Sicherheitsaktualisierungen für fünf Jahre: Google liefert derzeit den Bestwert in der Android-Welt.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Die Fairphone-Ausnahme

Besonders erfreulich ist auch, was der auf Nachhaltigkeit fokussierte Hersteller Fairphone derzeit abliefert. Arbeitet man dort doch gerade an der Fertigstellung des Android-10-Updates für das Fairphone 2 – eines Smartphones, das vor mehr als sechs Jahren erschienen ist. Das hat in der Android-Welt – zu Recht – viel Applaus gegeben, allerdings kann man dies auch nicht ganz mit den Updates anderer Hersteller vergleichen. Wirklich vollständige Sicherheitsaktualisierungen gibt es nämlich auch hier nur zwei bis drei Jahre lang, danach stellt nämlich Chip-Lieferant Qualcomm seinen Support ein. Das heißt, dass danach dann all die Lücken in proprietären Bestandteilen wie Treibern und Firmware offen bleiben.

Das, was Fairphone hier liefert, ist also eher mit dem Sicherheitsniveau von alternativen Android-Varianten wie LineageOS nach dem Support-Ende des eigentlichen Geräteherstellers vergleichbar – also unvollständig. Zudem ist man bei der Aktualisierung auf neuen Android-Generationen erheblich langsamer als andere Hersteller. Trotzdem: allemal besser, als das Update gar nicht zu bekommen. Zumal – was bei dem Thema gerne übersehen wird – große Android-Versionssprünge immer auch mit signifikanten, strukturellen Verbesserungen bei Sicherheit und Privatsphäre einhergehen.

Es tut sich was

Ein weiterer erfreulicher Trend: Auch bei solch großen Updates zeichnet sich derzeit eine deutliche Beschleunigung ab. Paradebeispiel ist einmal mehr Samsung, das bereits etwas mehr als einen Monat nach der Freigabe des Quellcodes von Android 12 mit den entsprechenden Updates für das Galaxy S21 aufwarten konnte – und das, obwohl man umfassende Änderungen an der Google-Vorlage vornimmt. Vor allem aber soll vor Jahresende noch eine ganze Reihe anderer Samsung-Modelle mit der neuen Version versorgt werden.

Sollte sich dann noch bewahrheiten, was Google bei der Freigabe von Android 12 versprochen hat – nämlich dass es erste Updates auch von anderen Herstellern wie Oneplus, Oppo, Realme, Tecno, Vivo und Xiaomi noch im Dezember geben soll –, dann dürfte sich die neue Softwaregeneration erheblich flotter als ihre Vorgänger verbreiten. Zarte Anzeichen davon kann man auch bereits tatsächlich erkennen. Anfang Dezember liegt der weltweite Marktanteil von Android 12 laut Statscounter bei 1,48 Prozent. Das klingt nach wenig – und ist es auch im Vergleich zu iOS –, ist aber trotzdem ein Mehrfaches vergleichbarer Zahlen aus dem Vorjahr. Vor allem dürfte diese Zahl für den gesamten Dezember eben durch die zahlreichen geplanten Updates noch deutlich wachsen.

Der große Umbau

Was hier – endlich – greift, sind all die Umbauten, die Google in den vergangenen Jahren an Android vorgenommen hat. Mit Projekten wie Treble und Mainline hat man den Wartungsaufwand für die Hersteller deutlich reduziert, und dieser Trend setzt sich auch weiter fort. So übernimmt Google bei mit Android 12 ausgelieferten Smartphones unter dem Namen Generic Kernel Image (GKI) auch die Wartung des Kernels. Das nimmt den Herstellern weitere Last ab, von den allgemeinen Vorteilen einer Vereinheitlichung einmal ganz abgesehen. Die Effekte davon werden sich aber frühestens kommendes Jahr zeigen.

Mit dem Linux Kernel übernimmt Google die Pflege des Herzstücks eines jeden Android-Systems.
Grafik: Google

Für die weitere Zukunft dürfte auch der Ausbau des bereits erwähnten "Project Mainline" noch eine Rolle spielen. So verrät der Android-Quellcode, dass Google vorhat, den ganzen Bereich Bluetooth in so ein Modul auszulagern. Das Besondere an diesen Mainline-Modulen: Die Wartung übernimmt Google zentral, über die Play System Updates werden sämtliche aktuellen Android-Geräte mit den neuesten Versionen versorgt, und zwar unabhängig von den eigentlichen Hersteller-Updates.

Kernel-Fragen

Langfristig interessant könnte auch werden, wie Google mit dem Linux-Kernel weitermacht. Derzeit gibt es hier eine Kooperation, in deren Rahmen ausgewählte Kernel-Versionen als Long Term Support (LTS) sechs Jahre lang mit Fehlerbereinigungen gepflegt werden. Diesen Zeitraum hat man beim Pixel 6 nun aber bereits ausgereizt. Der bei dem aktuellen Google-Smartphone genutzte Kernel 5.10 wird bis Ende 2026 gewartet, gerade noch lange genug für das Fünf-Jahres-Update-Versprechen. Heißt: Will Google den Support-Zeitraum irgendwann noch weiter ausdehnen, müsste man auch die LTS-Pflege erweitern. Das Google diese Aufgabe künftig – wie in früheren Jahren – wieder allein vornimmt, erscheint jedenfalls unwahrscheinlich.

Bliebe noch die Möglichkeit, bei Android-Updates auch die große Kernel-Version zu aktualisieren, wie es viele klassische Linux-Distributionen machen und was für den Langzeit-Support ein großer Schritt wäre. Das würde aber wieder viele andere technische Komplikationen aufwerfen – und bräuchte auch nicht zuletzt die Unterstützung sämtlicher Chipsatzhersteller, die über den zusätzlichen Aufwand wohl nur begrenzt erfreut sein dürften. Insofern sollte man auch in dieser Hinsicht besser nicht die Luft anhalten.

Besser ist noch lange nicht gut

Gleichzeitig: So erfreulich all diese Entwicklungen fraglos sind, wirklich "gut" ist die Situation damit noch immer nicht. Das hat mehrere Gründe: Einerseits variiert die Qualität der Update-Versorgung stark zwischen den Herstellern, Google und Samsung haben sich dabei zuletzt deutlich von den Mitbewerbern abgesetzt. Das zeigt sich leider auch gerade bei Firmen, die einst explizit mit ihrem Update-Versprechen geworben haben, wie das unter der Marke Nokia agierende HMD Mobile. Dort hatte man in den vergangenen Monaten augenscheinliche Probleme, Schritt zu halten. Aber auch andere große Hersteller hinken bei ihren Sicherheitsaktualisierungen gerne mal ein paar Monate hinterher. Und hier reden wir noch über High-End-Geräte, bei Einsteigermodellen schaut es üblicherweise signifikant schlechter mit der Update-Versorgung aus.

Insofern gibt es also viel zu tun, bis die Update-Versorgung unter Android an das Niveau von Apples iPhone herankommt. Ganz wird das ohnehin nie gehen, da ein einzelner Hersteller mit wenigen Modellen und der weitgehenden Kontrolle über die gesamte Hardware natürlich einen Vorteil hat, im Vergleich zu der Vielfalt, die die Android-Welt bietet. Gerade kleine Hersteller werden immer von vielen anderen Firmen abhängig sein, wenn sie langfristige Updates schnüren wollen.

Bleibt zu hoffen, dass die aktuellen Fortschritte vor allem bei Google und Samsung Druck auf den restlichen Markt ausüben. Immerhin ist es mit etwa Abstand eigentlich inakzeptabel, dass vollständig funktionstüchtige Geräte schon nach zwei bis vier Jahren keine Sicherheitsaktualisierungen mehr erhalten. Gleichzeitig braucht es diesen Druck – auch der Konsumenten –, damit sich etwas ändert, immerhin sind die finanziellen Motive für einen langfristigen Software-Support durch die Hersteller sonst einfach nicht vorhanden. (Andreas Proschofsky, 6.12.2021)