Als im April 2021 in Wien die Gespräche zur "Rettung" des Atomdeals mit dem Iran aufgenommen wurden, schienen die Voraussetzungen klar – und ermutigend. Die USA unter Präsident Joe Biden wollten in das 2015 abgeschlossene Wiener Abkommen zurückkehren, das Donald Trump 2018 verlassen hatte. Teheran würde sich im Gegenzug wieder strikt an die Atomdeal-Regeln halten, um die seit dem US-Austritt erneut verhängten Sanktionen loszuwerden, die der iranischen Wirtschaft wehtun. Erleichterung für den Iran im Tausch für die Kontrolle über das iranische Urananreicherungsprogramm: Darüber wurde bis Juni verhandelt.

Im Wiener Palais Coburg finden die Verhandlungen über das Atomabkommen statt.
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Diese im Grunde recht einfache Formel, die schon dem Atomabkommen von 2015 zugrunde lag, nahmen die Verhandler auch in die derzeitige Wiederaufnahme der Wiener Gespräche mit, nach einer mehr als fünfmonatigen Pause. Und dennoch wussten im Grunde alle Beteiligten, dass nichts mehr so war wie bis zum Juni. Im Iran ist nach den Präsidentschaftswahlen eine neue Regierung am Ruder, die mit fast allem brechen will, das ihre Vorgänger gemacht haben. Die Kritik am Atomdeal gehört zu ihrem Daseinszweck. Dass die Iraner einfach dort weiterverhandeln würden, wo man im Juni in Wien aufgehört hatte, war nie mehr als Wunschdenken.

Das soll nicht heißen, dass dem Iran ein erneuter Atomdeal nicht prinzipiell zupasskäme: Immerhin sind die Wirtschaftsprobleme echt, und nach einem Scheitern der Verhandlungen könnten noch ein paar Sanktionsschrauben angezogen werden – etwa wenn die USA ihre Sekundärsanktionen gegen Staaten und Unternehmen, die mit dem Iran Geschäfte machen, durchziehen. Aber damit die Iraner von den maximalistischen Positionen, mit denen sie zu Wochenbeginn in die Verhandlungen gingen, abrücken, bräuchte es Zeit. Und die gibt es nicht mehr.

Teheran scheint grenzenloses Vertrauen in seine "Hebel"-Taktik zu haben, mit immer dramatischeren Schritten in seinem Atomprogramm Washington doch noch zum Nachgeben zu zwingen. Genau dieser nukleare Druckaufbau kürzt jedoch die Verhandlungszeit ab: Ein schwacher Joe Biden kann sich viel mehr Schwäche dem Iran gegenüber einfach nicht mehr leisten. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron war der Erste, der am Freitag die Sinnhaftigkeit einer Fortsetzung der Gespräche nach dem Wochenende infrage stellte.

Trumps Austritt aus dem Deal war ein schwerer Politikfehler: Das bedeutet jedoch keinen ewigen Freibrief für Teheran. (Gudrun Harrer, 3.12.2021)