Johann Hansmann – sein Spitzname "Hansi" wurde zu seinem Markenzeichen.

Foto: Conny Kacy

Mit dem 385 Millionen Euro schweren Verkauf der Sprachkurs-App Busuu ist einmal mehr ein Name ins öffentliche Rampenlicht gerückt: Hansi Hansmann. Der Investor hatte bei zahlreichen großen Exits österreichischer Start-ups die Finger im Spiel, von der Lauf-App Runtastic über das Anzeigenportal Shpock bis hin zur Diabetiker-App Mysugr. Doch welche Persönlichkeit steckt in dem Wiener Geschäftsmann, der sich selbst als "Spielernatur" bezeichnet?

"Bodenständig und herzlich"

"Er ist ein harter Verhandler und ehrgeizig. Er packt an, auch wenn es nicht so gut läuft. Vor allem aber ist er bodenständig und herzlich. Kurzum: Er ist erfolgreich, ohne ein A*** zu sein", sagt die langjährige Wegbegleiterin Lisa Ittner zum STANDARD. Die ehemalige Geschäftsführerin der Austrian Angels Investors Association (AAIA) und Co-Gründerin des Elektroauto-Start-ups Vibe hat ihre gemeinsamen Erfahrungen 2018 in einem Buch festgehalten.

Von Wien nach Nüziders und Madrid

Der Lebenslauf des mittlerweile 70-Jährigen liest sich in der Tat abenteuerlich. Als Nachkriegskind aus einfachen Verhältnissen schaltete Hansmann nach HTL-Abschluss und Wirtschaftsstudium eine Kleinanzeige in der Zeitung: "Junger dynamischer Managertyp sucht Herausforderung!".

Die Reaktion sei überwältigend gewesen, erinnert er sich im STANDARD-Interview: "200 Firmen haben sich gemeldet, darunter IBM und Olivetti. Entschieden habe ich mich aber für eine innovative kleine Technikfirma in Nüziders, Vorarlberg. Das kam mir ungleich spannender vor."

In etwa 80 Start-ups hat Hansmann ins seinem Leben bereits investiert.
Foto: Conny Kacy

Nach einem Abstecher zu einer Tochterfirma von Shell arbeitete sich Hansmann in den 80er-Jahren zum Konzernchef einer Pharmafirma in Madrid hoch. Als diese übernommen wurde, löste er eines der nun obsoleten Produktionswerke um einen Euro aus und baute mit einer Starthilfe von etwa vier Millionen Euro ein 800 Mitarbeiter großes Unternehmen auf. "Ich wusste, dass eine Schließung des Werks politisch nicht erwünscht war, also habe ich entsprechend verhandelt. Am Ende waren alle zufrieden", sagt er.

Keine gute Idee: Das Fußball-Restaurant

Erstmals Lehrgeld zahlen musste der Unternehmer nach seinem Ausstieg aus der Pharmabranche Anfang der 2000er-Jahre. Seine Investition in ein Restaurantkonzept, das 150 TV-Bildschirme zum Fußballschauen und 120 Mitarbeiter vorsah, erwies sich als Fehleinschätzung. Die aus Argentinien importierte Idee scheiterte in Madrid, die 1.200 Quadratmeter große Location plus Riesenterrasse verschlang im Lauf der Jahre Unsummen. 2008 war damit endgültig Schluss.

Mit etwas Glück konnte Hansmann knapp vor der Finanzkrise seine verbleibenden Anteile an der Pharmaproduktion sowie sein Haus in Spanien verkaufen. Dieses Kapital sollte nach seiner Rückkehr nach Österreich die Basis für seine Start-up-Investitionen werden. Den Anfang machte 2010 Busuu – jenes Start-up, das nun für 385 Millionen Euro an eine US-Firma verkauft wurde. Eigenen Angaben zufolge hatte Hansmann ein paar Hunderttausend Euro investiert – für einen damaligen Firmenanteil von 20 Prozent.

Vom Pharma-Boss zum Business Angel

Was dann folgte, waren Investitionen in etwa 80 junge Unternehmen – Hansmann ging ganz in der Rolle des "Business-Angels" auf. Darunter versteht man einen Investor, der nicht nur sein Kapital, sondern auch sein Know-how und Verhandlungsgeschick bereitstellt – etwa wenn es um größere Finanzierungsrunden, aber auch um das Geschäftsmodell geht. Aktuell hat Hansmann in 35 Start-ups investiert, auf dem Höhepunkt war er bei 55 Firmen gleichzeitig involviert – zu vielen, wie er heute zugibt.

Wien – Nüziders – Madrid – Wien lauten die wichtigsten Stationen im Leben Hansmanns.
Foto: Conny Kacy

Als Spielernatur, die immer gewinnen wolle, habe er lernen müssen, dass nicht jede Geschäftsidee im Erfolg mündet. "Ich hasse es, zu verlieren bzw. eine Firma zusperren zu müssen, und will es in dem Moment auch nicht wahrhaben", sagt Hansmann. "Ich weiß nicht, ob das eine Schwäche ist, aber solange die Gründer fest an ihre Idee glauben und ich eine kleine Chance orte, unterstütze ich sie weiter – auch gegen den Hausverstand. Die Realität ist aber: Bei 50 Investitionen hat man fünf geniale Exits, zehn Firmen laufen sehr gut, aber 20 funktionieren letztlich nicht – egal wie vielversprechend sie waren."

Persönlichkeit wichtiger als Geschäftsidee

Investieren tut Hansmann eher in Leute als in ein besonderes Geschäftsmodell, wie er im STANDARD-Interview verrät: "Natürlich schaue ich, ob die in einem Markt tätig sind, der groß genug ist. Sprachen lernen mit Busuu, Lauftraining mit Runtastic, Zuckerwerte überwachen mit Mysugr – das sind alles solche Beispiele." Das Wichtigste sei aber das Gründerteam: "Gibt es jemanden, der oder die das klar anführt und der enormen Belastung standhält? Weil das ist ein 24-Stunden-Job, sieben Tage die Woche."

Wirklich verändert hätten ihn die jüngsten Erfolge und der Geldsegen nicht, glaubt Hansmann. "Geld aus dem Fenster schmeißen tu ich auch weiterhin nicht. Im Restaurant überlege ich mir, ob das, was man für die 35 oder 50 Euro kriegt, dafürsteht. Lieber überweise ich nach dem Essen 50.000 Euro an einen Gründer, wenn eine Krisensituation ansteht." Reichtum sei ihm nicht wichtig, wenngleich ihm bewusst sei, dass er sich in einer privilegierten Situation befinde.

"Hansi" und die Gründerinnen

Am Kosenamen "Hansi" für Johann dürfte sich auch nach weiteren millionenschweren Exits nichts mehr ändern: "Ich war eigentlich immer der Hansi, bin ja auch körperlich nicht der Größte. Ich bin mit allen per Du, meine Gründer haben mich so genannt und später auch meine Businesspartner. Die Leute merken sich das einfach besser." Zum Image des bodenständigen, nahbaren Österreichers passt das. Man kauft es ihm auch ab. Andere österreichische Exportschlager wie Arnold Schwarzenegger oder Niki Lauda lassen grüßen.

In Zukunft will Hansmann, der eigenen Angaben zufolge über die Jahre geduldiger und toleranter geworden ist, weniger stark operativ tätig sein. Ein Thema, für das er besonders brenne, sei, mehr Frauen zum Gründen zu bewegen. "Ich bin überzeugt, dass unsere Welt eine bessere wäre, wenn Frauen mehr zu reden hätten. Es gibt genügend Untersuchungen, dass Firmen mit Frauen in der Führungsebene erfolgreicher sind. Ich kann das auch aus meiner Erfahrung bestätigen", sagt Hansmann. "Das Potenzial an schlummernden Gründerinnen und Unternehmerinnen ist riesig. Ich glaube, das muss erst so richtig geweckt werden." (Martin Stepanek, 7.12.2021)