Dem Automobil nähert man sich heute zunächst über die womöglich bewusstseinserweiternde Droge DW (digitale Welt) an. Folgt man den Intentionen der Automobilkonfektionäre und glaubt daran, dass dies nur eine Reaktion auf Kundenwünsche sei, dann werden wir alle über (eher) kurz oder (unwahrscheinlich) lang Computer vorfinden, die die Eigenschaft aufweisen, nicht nur in der Parallelwelt Internet, sondern auch real Raum zu überwinden. Fahrzeuge also, zugeschnitten auf die "gebeugte Generation", wie Soziologen und Psychoanalytiker formulieren – für die Smartphone-Zombies, wie es der Volksmund weniger fein ausdrückt.

Das T-Modell der C-Klasse ist ein schnörkelloses, stilvolles Multitalent mit hochkomfortablem Fahrwerk.
Foto: Stockinger

Am Beispiel der neuen C-Klasse wird dies zunächst durch Größe und Präsenz von Berührungsbildschirmen augenscheinlich. In der Sichtachse findet sich ein liegendes Tablet, in dem sich via Multifunktionslenkrad unterschiedliche Stile für die Hauptinstrumente anwählen lassen – von dezent (sehr reduziert) über sportlich (rot! Gefahr! Großes Zentralinstrument!) hin zu klassisch ("Tacho" links, Drehzahlmesser rechts, dazwischen anwählbar diverse Infos) und Navigation (breitet die Navi-Karte über den gesamten Bildschirm aus, Geschwindigkeit und Infos wie Verkehrszeichenerkennung oben mittig). Die "Tuben" sind allerdings inhaltlich nicht mehr so frei gestaltet wie bisher.

Und wo bei der vorherigen Generation in Fahrzeugmitte ein liegendes Tablet aufgesetzt war auf die Lüftungsdüsen, kehrt sich das jetzt um: Düsen oben, um Platz zu schaffen für eine aus Mittelarmauflage und Becherhalterfach raufschwappende, ergonomisch leicht zur Fahrerin respektive zum Fahrer geneigte Surfwelle von Zentralbildschirm. Nix mehr mit Dreh-drück-Bedienung, sondern mit Fingerlandeplatz zur Aktivierung der artenreichen MBUX-Funktionen, hochablenkend wie stets bei Touch, aber längst omnipräsent in der Autowelt.

Foto: Stockinger

Zu umgehen wäre dies durch direkte Rede – vorausgesetzt, Sie haben eine Rhetorikausbildung für Kinder, denn trotz aller Fortschritte bewegt sich die Kommandoübermittlung immer noch auf Kindergartenniveau –, durch ein Plauscherl mit der Sprachbedienung al so: "Hallo Mercedes", quatscht gerne ungefragt dazwischen, und um aber nicht ungerecht zu sein: Das funktioniert bestens, wenn man sich erst einmal daran gewöhnt hat.

Die geschilderte Konfiguration fand sich erstmals in der neuen S-Klasse, und schon hat sie Einzug gehalten in die kleinste der klassischen Baureihen, die C-Klasse.

An der wäre innen weiters hervorzuheben, wie ungemein geschmackvoll das alles gemacht ist. Mit hohem Gespür für Materialien, Farben, Formen. Und was zuletzt so ausgeprägt als Stilelement war, diese theriomorphe Spielerei mit den Schwanenflügeln, die sich links und rechts von der Front in den Türraum schwangen, ist zitatmäßig noch erkennbar: als Fassung für die dort befindlichen Musikboxen.

Kiesel aus der Würmeiszeit

Auch außen läuft die Mannschaft von Chefdesigner Gorden Wagener wieder zu Hochform auf. Es bleibt bei der Stilform des in der Würmeiszeit glattgeschliffenen Flusskiesels. Kein Falz, keine Linie stört das harmonische, ruhige Formenspiel. Anders als zuletzt haben jetzt sogar die Limousinen die breiten, schlanken Lichtbänder hinten, die waren bisher Coupé und Cabriolet vorbehalten, und damit zu unserem konkreten Testfahrzeug: C 220 d T-Modell.

Foto: Stockinger

Der Kombi. In unseren Breiten – und weiterhin nur da; er hat es in all der SUV-Euphorie ja immer schwerer, zudem droht ihm die Attacke der E-Mobile, wo die klassische Karosserieform fast durchgehend ignoriert wird – die nachvollziehbar beliebteste Variante. Die hat soeben noch eine rustikale All-Terrain-Version mit mehr Bodenfreiheit und werbemäßig impliziertem Abenteuernimbus dazubekommen. Wir bleiben aber bodennah, wenn auch nicht gerade fest gemauert in der Erde, und prüfen sogleich, was an praktischem Talent vorhanden ist.

Mehr oder weniger das, was man eh schon kennt: ein Kofferraum, der inklusive multipler Umlegfunktionen der Rückbank von 490 auf 1510 Liter Volumen erweiterbar ist. Der, je nach Ankreuzlust in der Aufpreisliste, unterteilbar und zeugsrutschfest und hundenetzig und werweißwasnochalles hochgerüstet werden kann und dir selbst in abgespecktester Ausführung noch wunderbar das Leben erleichtern kann, sofern du nicht ein Mountainbike aufrecht hineinstellen willst.

Foto: Stockinger

Zum Antriebskapitel. Der 200 PS starke Zweiliter-4-Zylinder-Diesel (der schwächere kommt auf 163 PS, der stärkere auf 265) ist mildhybridisiert, wie generell die Motoren der C-Klasse (es gibt auch Plug-in – Hybrid), kommt also erstmals mit integriertem Startergenerator und Lithium-Ionen-Akku als Pufferspeicher für rekuperierte Energie daher.

Grafik: Der Standard

Diese E-Boost-Maschine greift mit 16 kW unterstützend ins Geschehen ein, hilft beim Antritt Spurt stärken und beim Verbrauch Sprit sparen, und um nicht lange herumzureden: ein sauberer, mit allem Abgaspipapo ausgestatteter, spritziger und laufruhiger Selbstzünder, der sich in unserem Testbetrieb 5,9 l / 100 km gönnte. Frisch betankt, stehen schon einmal knapp 1200 km Reichweite im Bordcomputer, auch das ein echtes Komfortmerkmal.

Un jo mei, wenn man jetzt also doch losfährt und nicht nur Computer spielt: Wie rollt das ab. So was von geschmeidig – das waren wir, selbst von Mercedes, in der Klasse noch nicht gewöhnt. Hochgenuss. Die Sitze sitzen, auch auf der Langstrecke, das Volant weiß, wohin es laut Fahrerwunsch gehen soll, es herrscht Gewaltentrennung (hinten antreiben, vorne lenken), und die 9-Gang-Automatik sorgt dafür, dass der jeweils geforderte Krafteintrag harmonisch verwaltet wird.

Fazit? Großartiger, unspektakulärer Kombi, der keinerlei Wünsche offenlässt. Mit einigermaßen kompakten Außenmaßen. Mit einem Hauch von Prunk, aber nicht protzig. Der kein SUV ist. Und der leider eine irre Stange Geld kostet. (Andreas Stockinger, 7.12.2021)