Man kann sich aktuell nur herzlich bei all jenen Politikerinnen und Politiker bedanken, die gerade dabei sind, sich selbst ihr im metaphorischen Sinne politisches Grab zu schaufeln und Wert darauf legen, dass sie alle anderen gleich mitnehmen. Vielen Dank an alle, die auf dem besten Wege sind, Herbert Kickl den Wahlsieg seines Lebens zu bescheren und es noch nicht einmal bemerken.

Ein Tipp am Rande: Da das böse Erwachen üblicherweise erst nach der Wahl eintritt, weil man die Masse an Menschen, die die Schnauze gestrichen voll hat, aus irgendeinem unverständlichen Grund zu übersehen präferiert, gratulieren Sie sich dann selbst im Spiegel, dass Sie mit Ihrer Politik höchstpersönlich Heinz-Christian Straches Nachfolger auf den Thron verholfen haben und es Ihnen egal war. Ob da die guten Neujahrswünsche etwas bringen, bleibt zu bezweifeln.

Die hohe Kunst des Führens

Führung ist eine Fähigkeit, die nicht jeder beherrscht. Persönlichkeiten, die diese besitzen, wissen, dass es äußerst unklug ist, sich auf Machtkämpfe einzulassen, bei denen beide Seiten sowohl voneinander abhängig sind als auch verlieren - eine Lose-lose-Situation sozusagen. Nur ein Narr wäre so einfältig sich auf so etwas einzulassen. Ein Schelm, wer Böses bei diesem Vergleich denkt. So verständlich die Reaktionen der hilflosen politischen Würdenträger derzeit sind, so einfach wäre die Lösung. Diese würde jedoch ein so großes Maß an Klugheit und Integrität verlangen, wie es in der aktuellen Regierung höchstens mit einer wohlwollenden Lupe zu finden ist. Der Mut einen Schritt zurück zu treten, die Menschen zu beruhigen und ihnen Angebote statt Strafen anzubieten, wäre ein probates Mittel, die Situation friedlich in den Griff zu bekommen.

Aber offensichtlich greifen die Damen und Herren Politiker nun auf jene Mittel zurück, die ihnen augenscheinlich selbst in ihrer Genese zuteilgeworden sind, in der nicht auf sie eingegangen wurde, sondern die eiserne Faust der Erziehung mit Worten, welche so ähnlich klingen wie “nur die Harten kommen in den Garten“, auf sie herab schmetterte ohne dass ihre Bedürfnisse oder Tränen etwas gezählt hätten. Sie alle haben die Kränkungen vergessen, die damit einhergegangen sind und ihnen bis heute in verschiedenen Bereichen Probleme bereiten. Da sie es selbst schließlich auch ausgehalten haben, kann es nun gar keinen anderen Weg geben. Sie sitzen mit Tunnelblick ohne Empathie in ihren Ämtern und können nicht glauben, dass andere Mittel besser und wirksamer wären. Sie können nicht wahrhaben, dass es möglicherweise an ihnen liegt und nicht an den Maßnahmen. Sie wollen sich nicht eingestehen, dass das, wie sie regieren und unter anderem mit dem Virus umgehen, möglicherweise nur das Abarbeiten persönlicher, kindlicher Konflikte ist. Sie haben auf ihrem Lebensweg schlichtweg ihre Menschlichkeit eingebüßt und gelernt, wie man mit Machtgehabe und dergleichen an die Spitze kommt. Dabei könnte man das alles so viel leichter erreichen. Aber wenn nicht die Weihnachtszeit eine Zeit des aufeinander Zugehens ist, welche dann?

Wie hoch sind Kickls Chancen auf die Kanzlerschaft?
Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Kickl ante portas

Nein, es ist nicht Hannibal vor den Toren, obwohl so mancher Babyelefant in letzter Zeit gesichtet wurde, es ist der neue mehr oder weniger starke Mann der FPÖ, der dem Lager der Impfverweigerer eine Heimat bietet. Weder die SPÖ noch die liberalen Neos haben die Zeichen der Zeit erkannt und versucht, den Maßnahmenskeptikern eine Heimat zu bieten. Somit könnte es bei den nächsten Urnengängen heißen “The winner takes it all, The loser's standing small". Denn dreimal darf man raten, wohin die Stimmen der Frustrierten wandern werden. Sicher nicht in signifikanter Art zu ÖVP, Grünen, Neos oder SPÖ, denn sie alle blasen ins selbe Horn der Alternativlosigkeit. Einzig die MFG kann den Aufstieg des Bergsteigers noch leicht bremsen. “Mit einem Wisch ist alles weg“, so ein bekannter Werbespruch. Bauen wir diesen aus, kann man die kreative Linie der Regierung so subsummieren: “Mit einem Stich ist alles weg“. Okay, vielleicht mit zwei, drei oder mehr, aber so kleinlich wollen wir nicht sein.

Wenig Vertrauen in die Politik

Ein Studienfach der Medizin ist die Pathologie, welches sich mit toter Materie beschäftigt. So ist es wenig verwunderlich, dass angehende Ärzte über ein Mindestmaß an - nennen wir es resistenten Magen - verfügen müssen, um ihr Studium zu bewältigen. Da ist es wenig verwunderlich, dass derartige Erfahrungen auch abhärten können und eine Impfung relativ locker gesehen wird. Für manche das aber ein Eingriff in den intimsten Bereich des Menschen - nämlich den Körper. Wenn dieser nun noch dazu von Politikern verordnet wird, die durch ständige Wechsel an der Spitze nicht gerade über das höchste Vertrauen in der Bevölkerung verfügen, ist das Resultat der Abwehr nicht ganz unverständlich. Die Impfbereitschaft wird sich nicht nur auf physiologischer Ebene abspielen, sondern sie benötigt einen Gleichklang aus den Parametern Körper, Seele und Geist, um bei den Betroffenen etwas zu bewirken. (Daniel Witzeling, 9.12.2021)