Wer das Auto stehen lässt, steigt finanziell künftig noch etwas besser aus

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Angesichts der Pandemie und der ständigen Regierungsumbildungen könnte sie fast schon in Vergessenheit geraten: die Steuerreform. Aber es gibt sie noch, dieses zentrale Vorhaben der türkis-grünen Koalition. Ein erster Schritt im parlamentarischen Umsetzungsprozess ist nun geschafft. Am Montag hat die Frist für Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren geendet, gut 200 wurden abgegeben. Nun wird die Koalition beraten, was davon berücksichtigt wird. An den Eckpfeilern des Projekts soll sich wenig ändern.

Zu ebendiesen gehört auch der Klimabonus. Im Gegenzug für den Einstieg in die CO2-Bepreisung bei Mobilität und Wohnen werden Haushalte mit einem Bonus entlastet. Über das Projekt wurde schon viel gestritten. Empirische Evidenz zur konkreten Wirkung des Bonus und der Steuer war allerdings bisher rar. Nun gibt es zwei erste wissenschaftliche Analysen zu dieser Frage. Eine stammt von zwei Forscherinnen an der Wiener Wirtschaftsuni (WU). Nach den Plänen der Regierung soll ab kommenden Juli ein CO2-Preis von 30 Euro je Tonne eingeführt werden. Bis zum Jahr 2025 soll dieser auf 55 Euro steigen.

Der Bonus beträgt im Gegenzug 100 Euro in Wien und steigt auf bis zu 200 Euro in abgelegenen Gemeinden für jede erwachsene Person. Für Kinder bis 18 gibt es 50 Prozent davon. Begründet wurde diese Ausgestaltung damit, dass in Wien dank des öffentlichen Verkehrsnetzes weniger Menschen ein Auto brauchen und der Bonus in ländlichen Regionen höher sein muss, um die Zusatzkosten auszugleichen. Durch den Bonus würden also etwa alle gleich gut aussteigen, so die Regierung.

Regional große Unterschiede

Rechnungen der WU-Ökonominnen Vanessa Lechinger und Eva Six zeigen nun, dass Wiener unterm Strich schlechter dran sind als Bewohner anderer Bundesländer. Der Bonus wird zwar für die meisten Haushalte 2022 eine Nettoentlastung bringen. Aber dieser Effekt ist sehr unterschiedlich. Haushalte in Vorarlberg ersparen sich tendenziell am meisten: im Mittel 216 Euro im kommenden Jahr. In den meisten anderen Bundesländern sind es im Median 200 Euro. In Wien dagegen sind es nur 100 Euro.

Die Ökonominnen Lechinger und Six haben bei der Berechnung zunächst analysiert, wie viel Klimabonus die Haushalte in den einzelnen Bundesländern tatsächlich bekommen werden. Demgegenüber stellten die dann die höheren Kosten für Tanken und Heizen, wobei die Ausgaben aus Konsumerhebungen der Statistik Austria abgeleitet wurden.

Meisten Haushalte gewinnen

Dabei zeigt sich, dass ein Viertel der Haushalte in Ober- und Niederösterreich von einer Nettoentlastung von mehr als 390 Euro im kommenden Jahr profitieren wird durch Bonus und CO2-Bepreisung. In Wien sind es dagegen bei dem Viertel der Haushalte mit der größten Entlastung bloß etwa mehr als 166 Euro. Dafür gibt es laut den Forscherinnen mehrere Ursachen. Einer ist, dass es in Wien mehr Single-Haushalte gibt. Der andere, dass die Heizkosten sehr ähnlich sind, das heißt, der höhere Bonus je nach Verkehrsanbindung schlägt voll durch.

Die Kombination CO2-Bepreisung und Bonus wird bei 90 Prozent der Haushalte zu einer Nettoentlastung führen, der Rest verliert etwas. In Wien gibt es etwas mehr Verlierer, immerhin 16 Prozent der Haushalte.

Die Rechnung der beiden Ökonominnen geht von einem ganzjährigen CO2-Preis von 30 Euro aus, tatsächlich erfolgt die Bepreisung aber erst ab Juli 2022. Ab 2023 wird die CO2-Steuer dann aber ganzjährig fällig sein und zwar mit einem Preis von 35 Euro. Dann könnte allerdings auch der Klimabonus entsprechend etwas höher ausfallen.

"Gebietsfremde" zahlen

Die zweite erwähnte Analyse zum Klimabonus kommt vom Institut für Höhere Studien (IHS). Wie das Papier der WU-Forscher wurde dieses vor kurzem auf einem Steuerseminar der Arbeiterkammer präsentiert. IHS-Ökonom Alexander Schnabl hat analysiert, woher die Einnahmen aus der CO2-Steuer kommen. Ergebnis: Gut die Hälfte kommt von Ausländern oder aus dem Ausland, etwa von Frächtern, die ihre Lkws in Österreich betanken oder von Touristen. Konkret geht Schnabl davon aus, dass die Steuer im kommenden Jahr Einnahmen von 553 Millionen Euro bringt, davon sollen 276 Millionen von "Gebietsfremden" kommen.

Wie es nun mit Bonus und Steuerreform weitergeht? Laut Budgetsprecher der Grünen, Jakob Schwarz, soll das Gesetzespaket bis Ende März beschlossen werden. Änderungen deuten sich bei der Senkung der Krankenversicherungsbeiträge an. Die Regierung will KV-Beiträge für kleinere Einkommen um bis zu 1,7 Prozentpunkte absenken. Sowohl Arbeiter- als auch Wirtschaftskammer kritisieren die Umsetzung des Vorhabens in ihren Stellungnahmen. Die Arbeitnehmer fürchten, dass die Krankenversicherungen geschwächt werden: Die fehlenden Beiträge müssten aus dem Budget ersetzt werden, das muss immer ausverhandelt werden.

Die Wirtschaftskammer sieht mehr Bürokratie bei der Lohnverrechnung auf Firmen zukommen. Beide würden eine Entlastung über die Einkommenssteuer begrüßen, bei der Sozialversicherungsbeiträge gleich bleiben. Wer wenig verdient und keine Steuern zahlt, bekäme eine Negativsteuer. Der Abgeordnete Schwarz kündigt eine Lösung mit den Sozialpartnern an. (András Szigetvari, 8.12.2021)