Neo-Medienministerin Susanne Raab.

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Wien – Susanne Raabs Einstieg ins neue Betätigungsfeld Medien könnte unangenehmer ausfallen: 2022 dürfte es tatsächlich ernst werden mit einer neuen Medienförderung, zum Start weit höher dotiert als alle bisher an private Medien vergebenen formellen Förderungen.

Mehr als 50 Millionen hat die Republik nach früheren Angaben für die sogenannte Digitaltransformationsförderung weggelegt. Sie geht an klassische Medienhäuser, Verlage und Rundfunkunternehmen, um dort den Umstieg in die digitale Welt zu fördern. Eine Basisförderung für Verlage war vorgesehen, zudem Projektförderung bis zu 50 Prozent der Projektsumme.

Auf den letzten Metern hatte die EU Wettbewerbsbedenken gegen den Entwurf. Sie soll sich etwa an Vorauszahlungen ohne Projektbezug und Subventionen von bereits begonnenen Projekten gestoßen haben. Da soll es Anpassungen und Klarstellungen gegeben haben, sie könnten den Weg freimachen.

Das ist der einfachere Teil der Medienagenden, die Bundeskanzler Karl Nehammer gleich nach Amtsantritt an die Familien- und Integrationsministerin im Kanzleramt weiterreichte.

Regierungswerbung

Nehammers Vor-Vorgänger Sebastian Kurz verließ das Kanzleramt aus Anlass von Ermittlungen auch über den Verdacht von Gegengeschäften mit Medien aus dem Boulevardsegment, nicht zuletzt über Inserate.

Werbebuchungen öffentlicher Stellen sind mit 2020 223 Millionen Euro vielfach höher als formelle Medienförderungen. Die Opposition und Journalismusorganisationen fordern Reformen, etwa eine drastische Reduktion von Regierungswerbung und eine deutlich höhere Dotierung von formellen Medienförderungen mit qualitativen Kriterien wie Beteiligung an Branchenselbstkontrolle wie dem Presserat.

Medienförderungen

Forderungen nach einer neuen Presseförderung (oder einem neuen, gesamthaften Medienfördersystem) gibt es seit Jahrzehnten. Onlinemedien und Monatszeitschriften etwa fördert der Bund bisher nicht, ebenso wenig Gratiszeitungen.

Bisher blieben Reformen im kreuz und quer durch die Branche laufenden Gewirr widerstreitender Interessen von Qualitätsblättern und Boulevard, von Regionalzeitungen und Gratistiteln hängen. Tages- und Wochenzeitungen werden mit knapp neun Millionen pro Jahr gefördert, kommerzielle Privatsender mit 20, nicht kommerzielle mit drei. Die Digitaltransformationsförderung startet mit mehr als 50, dann jährlich 20 Millionen, auch für Gratiszeitungen.

ORF, Streaming und GIS

Mit einer Digitalnovelle für den ORF, auch schon ein Jahrzehnt auf der medienpolitischen Agenda, können es sich Medienminister trefflich mit den privaten Medienhäusern verscherzen. Der ORF will eigene Streamingformate und längere Abrufzeiten, die das Gesetz verbietet. Der Zeitungsverband VÖZ soll das vehement ablehnen, vor allem in der Information. Und mit GIS-Gebühren für Streaming, etwa über eine vom Empfangsgerät unabhängige Haushaltsabgabe wie seit 2013 in Deutschland und inzwischen auch in der Schweiz, macht man sich beim Publikum nicht nur Freunde.

Als Medienministerin wird Raab 2022 die Mandate im ORF-Publikumsrat ausschreiben, dort besetzt das Kanzleramt die Mehrheit. Der entscheidende ORF-Stiftungsrat wird ebenfalls 2022 neu besetzt. Bis zu den nächsten Wahlen in Ländern und Bund scheint die ÖVP-nahe Mehrheit dort gesichert.

Sicherheit von Berichterstattern, etwa bei Corona-Demos, ist ebenfalls ein drängendes Thema – aber vor allem für den Innenminister. (fid, 9.12.2021)