In Wien bleibt die Gastro noch länger zu, einige Bundesländer öffnen schon am Sonntag.

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Nicht die Speisenauswahl, sondern die Postleitzahl wird für viele Österreicher in nächster Zeit das ausschlaggebende Kriterium für einen Gasthausbesuch sein. Während Wien seine Gastronomie für Geimpfte und Genesene erst am 20. Dezember aufsperrt, kommen Hungrige in Niederösterreich, Salzburg und der Steiermark schon am 17. des Monats auf ihre Kosten. Gastronomen im Burgenland, in Tirol und Vorarlberg können Herd und Ofen gar schon ab Sonntag wieder anheizen. Das Vorgehen in Kärnten ist noch offen. Oberösterreich bleibt mindestens bis zum 17. Dezember im Lockdown.

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hatte bereits am Dienstag angekündigt, dass Gastronomie und Hotellerie in der Bundeshauptstadt erst kurz vor Weihnachten aufsperren dürfen. Unter Hoteliers sorgte das für Empörung: "Das halte ich für eine völlig sachbefreite und falsche Entscheidung", sagte Michaela Reitterer, Chefin der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV). Wien habe eine besonders gut ausgebaute Infrastruktur für PCR-Tests, die Covid-Inzidenz sei niedrig. Zudem habe es in der Stadt noch keinen Hotel-Cluster gegeben.

Ärger über Wien

Ärger gibt es auch aufseiten der Gastronomen. Im Großen und Ganzen sei man froh, wieder aufsperren zu dürfen; das Vorpreschen Wiens am Dienstag sei jedoch ein "schweres Foul" gewesen, sagte WKO-Gastronomie-Obmann Mario Pulker zum STANDARD. Er rechnet damit, dass viele Betriebe in der Bundeshauptstadt bis nach den Weihnachtsfeiertagen erst gar nicht aufsperren werden. "Das komplette Weihnachtsgeschäft ist kaputt."

Die Kammer habe bis zuletzt darauf gehofft, einen bundesweiten Fleckerlteppich abwenden zu können. Wiener würden zum Mittagessen schlicht nach Niederösterreich und für einen Hotelaufenthalt ins Burgenland fahren, fürchtet Pulker.

Aber auch für jene, die bereits ab Sonntag aufsperren, sei die Lage nicht einfach, meint der Branchenvertreter. Unklar sei etwa, ob die Gastronomen binnen weniger Tage ausreichend Frischeprodukte, Obst und Gemüse einkaufen können.

Für "völlig gerechtfertigt" hält Pulker hingegen den Plan, die Auszahlung von Corona-Hilfen an das Einhalten der Richtlinien zu knüpfen. Wer gegen die Covid-Auflagen verstößt, soll in dem Monat, in dem die Strafe verhängt wird, keine Unterstützungsgelder erhalten.

Unmut in Oberösterreich

Die regionale Entscheidung, dass Oberösterreich an dem Lockdown für alle bis einschließlich 17. Dezember festhält, sorgt dort für gehörige Unruhe. Konkret fordert Oberösterreichs Wirtschaftskammerpräsidentin Doris Hummer im Gespräch mit dem STANDARD ein deutliches früheres Lockdown-Ende. "Ich sehe in der aktuellen Situation einfach eine grobe Ungleichbehandlung. Andere Bundesländer, die ähnliche oder teilweise sogar schlechtere Zahlen als Oberösterreich haben, dürfen aufsperren, und bei uns ist zu. Jeder Tag früher ist daher besser, und dafür kämpfen wir auch."

Die oberste Priorität für die Eindämmung der Pandemie stehe außer Frage, aber: "Die nach wie vor hohen Infektionszahlen dürfen aber nicht länger unseren geschlossenen Betrieben angelastet werden. Damit werden sie für etwas bestraft, wofür sie nichts können."

Gespräche am Donnerstag

Viele Betriebe im Handel, im Gewerbe und Handwerk, im Tourismus oder im Dienstleistungsbereich würden längst "angeschlagen in den Seilen hängen". Hummer: "Ich halte es für absolut vertretbar, auch in Oberösterreich aufzusperren." Hummer setzt, trotz einer klaren Positionierung von Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer, auf weitere Gespräche. Konkret nehmen am Donnerstag Gesundheitsexperten, Sozialpartner und Vertreter der Politik an einem runden Tisch Platz. "Es geht jetzt um eine ehrliche Analyse. Es wäre auch aus gesundheitspolitischer Sicht klug, früher aufzusperren – um zu vermeiden, dass am 18. und 19. Dezember die Massen in die Geschäfte stürmen."

Mildere Töne waren vom österreichischen Handelsverband zu hören, der sich über die Öffnungsschritte erfreut zeigte. Der Verband fordert eine Klarstellung der Regierung, dass die Geschäfte auch nach Weihnachten offenbleiben dürfen. WKO-Präsident Harald Mahrer hält das Abweichen einzelner Bundesländer und die Differenzierung zwischen verschiedenen Branchen für "nicht nachvollziehbar". Die Kammer fordert eine Vereinheitlichung der Maßnahmen sowie eine Nachbesserung der Wirtschaftshilfen. (Nora Laufer, Markus Rohrhofer, 8.12.2021)