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Trotz langer Erfahrung in der Landespolitik war sie auf Bundesebene bisher weitgehend unbekannt: Nancy Faeser.

Foto: Reuters / Christian Mang

Genau 32 Sekunden dauerte die erste Rede von Nancy Faeser als designierte Innenministerin Deutschlands. Nicht wirklich viel Zeit, um Botschaften unters Volk zu bringen. Dass es der 51-jährigen Sozialdemokratin trotzdem gelungen ist, einen klaren Schwerpunkt zu setzen und explizit auf den Rechtsextremismus als "derzeit größte Bedrohung für die freiheitlich-demokratische Grundordnung" zu verweisen, zeigt: Faeser ist nicht neu auf dem politischen Parkett. Sie weiß, dass auch kurze Redezeiten wohl genutzt sein wollen.

Vor der Präsentation des SPD-Regierungsteams durch Olaf Scholz hatte sie allerdings kaum jemand auf dem Schirm gehabt. Entsprechend groß war die Überraschung, als Scholz sie am Montag gleich als erstes künftiges Mitglied seines Kabinetts aufs Podium des Willy-Brandt-Hauses holte. Dass man die verheiratete Mutter eines Sohnes "erst mal googeln" musste, gilt inzwischen auch unter den erfahrensten Berliner Politik-Auguren nicht als Schande.

Als nur wenige Minuten später der Corona-bedingt dauerpräsente Karl Lauterbach als neuer Gesundheitsminister vorgestellt wurde, da war das ganz anders. "Er wird es", erklärte Scholz, und beantwortete damit eine Frage, die seit Wochen in der Luft lag. Dass im Fall von Faeser ein "Sie wird es" weit weniger effektvoll über die Rampe gekommen wäre, soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch sie als ausgewiesene Expertin ihres Fachs gilt.

Rechtsextreme Gewalt

Die Juristin, die nun seit Mittwoch als erste Frau an der Spitze des deutschen Innenministeriums steht, zog 2003 in den hessischen Landtag ein und schärfte bereits dort ihr Profil als Innenexpertin. Die Untersuchungen des NSU-Terrors, die rechtsextrem motivierte Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke oder der Anschlag in Hanau mit neun Toten begleiteten ihre Arbeit als langjährige Oppositionspolitikerin.

Der Sprung vom Land in den Bund und von der Opposition in die Regierung dürfte dennoch nicht einfach werden. Das liegt schon aufgrund der Größe und Bedeutung ihres Ressorts auf der Hand: Migration und die Gräben, die sich beim Kampf gegen Corona auftun, werden weitere Großthemen in Faesers Amtszeit sein. Dass sie dabei für eine "offenere und tolerantere" Gesellschaft arbeiten will, wird ihr bei der Abgrenzung von ihrem Vorgänger Horst Seehofer (CSU) als Wegmarke dienen. Dass sie in der SPD eher zum rechten Flügel zählt, wird ihr dabei nicht schaden. (Gerald Schubert, 9.12.2021)