Vor einer Woche zogen Corona-leugnende und Impfung-ablehnende Demonstrantinnen und Demonstranten vor das Redaktionsgebäude der "Kronen Zeitung".

foto: ApA/Hochmuth

Wien – Eine halbe Stunde lang, nicht länger, dauerte eine Demonstration von Coronaleugnern vor dem ORF-Zentrum am Küniglberg in Wien am Donnerstagmachmittag. Bei anhaltendem Schneefall waren etwa 35 Menschen vor die Einfahrt zum Hauptgebäude gekommen, um gegen die ihres Erachtens verfälschte Berichterstattung über die Pandemie zu protestieren. Rund zwanzig Polizisten sicherten die Zufahrt ab. Zwischenfälle wurden keine gemeldet.

Die Demo war die erste einer geplanten wochenlangen Reihe, wie einem Aufruf im Messenger-Dienst Telegram zu entnehmen ist. Dort wird seit mehreren Tagen gleich zu mehreren einschlägigen Kundgebungen vor Medienhäusern aufgerufen.

Unter den Mottos "Eure Lügen widern uns an" sowie "Wir sind friedlich, aber laut" sollen nach dem ORF-Zentrum im Wochentakt Kundgebungen vor weiteren Redaktionen stattfinden – konkret vor den Verlagshäusern der "Kronen Zeitung", des "Kurier", der "Presse", des "Standard" sowie von "Oe24".

Versuch, "Glaubwürdigkeit zu untergraben"

Das systematische Demonstrieren vor Redaktionen passe "zum derzeitigen Gesamtbild der verschwörungstheoretischen Szene", sagt Daniela Kraus, Generalsekretärin des Presseclubs Concordia: "Es geht ihnen darum, die Glaubwürdigkeit verschiedener Institutionen zu untergraben, neben der Wissenschaft und der Politik auch jene der Medien".

Noch nie in der Zweiten Republik sei ein derart flächendeckender Angriff auf die freie Berichterstattung erfolgt wie jetzt, sagt Kraus. Die Corona-Leugner hätten sämtliche größeren, in Wien ansässigen tagesaktuell produzierenden Medienhäuser zum Ziel ihrer Ablehnung auserkoren, mit nur einer Ausnahme: den für sogenannte "alternative Fakten" offenen Fernsehsender Servus TV.

Funk: "Weitere Eskalationsstufe"

Politisch stellten die angekündigten Demos vor Redaktionen "eine weitere Eskalationsstufe" im Vorgehen radikaler Corona-Maßnahmen-Gegner gegen Medien dar, sagt auch der Verfassungsrechtsexperte Bernd-Christian Funk. Rechtlich hingegen würden die Demonstrationen, so sie ordnungsgemäß angezeigt wurden und keine Gewalttaten absehbar seien, unter die Versammlungsfreiheit fallen.

Sollte es jedoch bei den Demos selbst zu Übergriffen kommen, sei eine polizeiliche Auflösung möglich. Auch eine schwere Beeinträchtigung des Medienbetriebs sei hier unter Umständen ein Grund.

Wiener Anmelderverein

Angekündigt wurden die Anti-Medien-Demonstrationen der Wiener Polizei am vierten Dezember. Anmelder ist der "Diskussions- und Freizeitverein für Bürgerinteressen Österreich", kurz DFBÖ – ein im 23. Bezirk in Wien ansässiger Verein, der am 6. Juli 2021 offiziell gegründet wurde.

Als Demonstrationszweck wurde die Wortfolge "Freiluftgalerie – Corona – Schutzmaßnahmen" angegeben. Als Planer im Hintergrund und möglicher Redner wird der ehemalige BZÖ-Politiker und nunmehrige Corona-Leugnungs-Aktivist Martin Rutter vermutet. Rutter tat sich schon bisher als Kritiker der "Mainstream-Medien" hervor.

Laut einer Polizeisprecherin fand wie vor jeder Demo ein Vorbereitungsgespräch mit den Organisatoren statt. Auch die betroffenen Redaktionen habe man kontaktiert. Aufgrund einschlägiger Erfahrungen gehe man von jeweils mehreren Dutzend Demo-Teilnehmerinnen und -Teilnehmern aus. Zu einer Demo am Donnerstag vor einer Woche vor dem Redaktionsgebäude der "Kronen Zeitung" waren rund 40 Personen gekommen. (Irene Brickner, 9.12.2021)