Rund 130.000 Personen sind laut Statistik Austria in Österreich im Bereich Forschung und Entwicklung tätig, knapp 43.000 davon an Hochschulen. Doch der Weg zu einer akademischen Forschungskarriere sei steinig, sagt Christof Gattringer, Teilchenphysiker, ehemaliger Vizerektor der Uni Graz und seit Februar Präsident des Wissenschaftsfonds FWF. Der Fonds fördert mit unterschiedlichen Programmen junge Forscherinnen und Forscher. In der letzten Sitzung seines Kuratoriums Anfang Dezember hat der FWF 158 Projekte mit einem Fördervolumen von rund 54 Millionen Euro genehmigt.

Der Einstieg in die Forschung sei oft hart, sagt FWF-Präsident Christof Gattringer.
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Der Grundstein für eine Forschungskarriere werde mit der Dissertation gelegt, sagt Gattringer. Es folgen Postdoc-Stellen, ehe man – im besten Fall – als Professor an eine Hochschule berufen werde. Hart sei diese Zeit auch deshalb, weil die Postdoc-Stellen oft mit einem Ortswechsel verbunden und befristet sind. Privat überschneiden sich diese Phasen nicht selten mit einer Familiengründung. Das alles müsse man im Vorfeld berücksichtigen. "Aber Postdoc-Stellen leben von neuen Ideen, die man umsetzen kann, und den Kontakten, die man in der Wissenschaftscommunity knüpft."

Sich positionieren

Ein Ratschlag, den Gattringer als Vizerektor seinen Doktoranden gegeben hat, sei noch immer gültig: "Spätestens ab der zweiten Postdoc-Stelle muss man mit eigenen Ideen sichtbar werden und nicht in einer größeren Forschungsgruppe unterschlüpfen. Der eigene Name muss mit einer Forschungsidee verknüpft werden, nur so wird man auch für Professuren attraktiv."

Forschungskarrieren im Industriebereich sind anders, eine Karriere folgt anderen Parametern, dennoch sei ein Wechsel von einer akademischen zu einer industriellen Forschungskarriere nach zwei Postdoc-Stellen schwierig, sagt Gattringer. Mischformen seien aber durchaus möglich.

"Was im Fußball die Nachwuchsarbeit ist, sind in der Forschung die Postdoc-Stellen." Hier sei das Mentoring noch ausbaufähig. Aber auch die Leistungen, die diese Forscherinnen und Forscher erbringen, sollten noch besser sichtbar gemacht werden, sagt Gattringer. Eine weitere Möglichkeit wären eigene Postdoc-Programme, bei denen sich – ähnlich wie bei den seit gut zehn Jahren an den Universitäten etablierten Doktoratsprogrammen – Peers gegenseitig unterstützen. "Die Postdocs stärker zusammenspannen", ergänzt er.

International sichtbar

Für Forscher sei Österreich ein attraktives Land. Als Beispiel nennt Gattringer das Start-Programm des FWF. Von den sechs vergebenen Förderungen kommen drei aus dem Ausland, 99 Forscher reichten ein. Forschung kenne keine Grenzen, und ein Austausch auf internationaler Ebene sei wichtig. Die Gefahr eines zu starken Braindrains sieht Gattringer nicht.

Dass auch Frauen stark in der Forschung sind, zeigt die neue Förderschiene Esprit, die als Nachfolgeprogramm des Lise-Meitner- und des Hertha-Firnberg-Programms auf Kritik gestoßen ist, weil damit zwei spezielle Frauenförderprogramme weggefallen sind. Esprit steht sowohl Frauen als auch Männern offen. Nun wurden die ersten Förderungen aus dem Programm vergeben: 18 Postdocs werden mit einem Volumen von 5,2 Millionen Euro gefördert, die Hälfte davon geht an Frauen. Insgesamt wurden bei der Ausschreibung 65 Anträge gestellt, 37 davon kamen von Männern, 28 von Frauen. (Gudrun Ostermann, 10.12.2021)