"Talk im Hangar-7"-Moderator Michael Fleischhacker.

Foto: ServusTV

Wien – Wie sieht Michael Fleischhacker, Moderator des Diskussionsformats "Talk im Hangar-7" auf Servus TV, Kritik an seiner Sendung und an der Positionierung des Senders insbesondere zu Corona-Themen?

Der Presseclub Concordia hat am Freitag eine Sachverhaltsdarstellung an die Medienbehörde KommAustria geschickt, die sich auf das Wochenkommentar "Der Wegscheider" von Servus-TV-Intendant Ferdinand Wegscheider konzentriert. DER STANDARD bat Wegscheider vorige Woche um ein Interview zur Positionierung des Senders und seiner Wortwahl sowie Kritik daran, bisher blieb die Bitte unbeantwortet.

Fleischhacker beantwortete die Fragen schriftlich. Er betonte, er könne nicht für den Sender sprechen. Aber für das von ihm moderierte Talkformat "Talk im Hangar-7" sei durchaus "so etwas wie das Konzentrat der Positionierung des Senders insgesamt. Allerdings nicht in dem Sinn, den Sie suggerieren, nämlich dass Servus TV 'impfkritisch' sei, sondern im Sinn der größtmöglichen Offenheit und Breite des Meinungsspektrums."

STANDARD: "Talk im Hangar-7" bemüht sich um eine eigene, andere Positionierung unter den TV-Diskussionsformaten in Österreich, insbesondere auch zu Corona-Themen mit einer impfkritischen, Corona-Maßnahmen-kritischen Positionierung. Internist Richard Greil oder Kommunikationsberaterin Nina Hoppe, die in ServusTV-Diskussionssendungen zu Gast waren, berichten etwa von einer eindeutigen Agenda, die impfkritisch sei. Teilen Sie die Beobachtung von innen?

Fleischhacker: Unsere Agenda ist Diskussion. Im Unterschied zu vielen anderen Diskussionsformaten kommen bei uns auch immer wieder impfkritische Stimmen zu Wort, ein Großteil der Gäste der vergangenen Monate war aber sicher pro Impfung. Darunter Virologinnen wie Dorothee von Laer oder auch der ehemaligen WHO-Beauftragte Klaus Stöhr, aber auch Gäste wie der Immunologe Carsten Watzl haben bei uns Platz, Gäste eben, die allesamt über Expertise verfügen, wie wir sie uns für den "Talk im Hangar-7" wünschen. Gerne sprechen wir, wie am nächsten Mittwoch in einem ausführlichen Einzelgespräch, auch mit einem Hendrik Streeck, dessen Empfehlung zur Impfung recht eindeutig ist. Wie Herr Greil und Frau Hoppe zu ihrer Einschätzung kommen, kann ich nicht nachvollziehen. Ich halte Kritik von außen immer für legitim, kann sie inhaltlich aber nicht immer nachvollziehen.

STANDARD: Ist die inhaltliche Positionierung eine bewusste aus (persönlicher) Überzeugung – von Ihnen, vom Intendanten Ferdinand Wegscheider, vom Sender-Eigentümer Dietrich Mateschitz als Red-Bull-Boss (oder allen dreien)?

Fleischhacker: Alle Positionen in einer Diskussion vertreten zu haben ist eine bewusste Positionierung, und zwar eine aus Überzeugung, die ich mit dem Intendanten und dem Eigentümer teile. Inhaltlich gibt es, denke ich, unterschiedliche Zugänge. Für Auswahl der Themen und Gäste ist bei uns in erster Linie eine eigenständige Redaktion verantwortlich, die sich dabei an den üblichen journalistischen Kriterien einer Diskussionssendung orientiert. Wie die Sendung besetzt wird, hängt dabei nicht von der persönlichen Einstellung etwa zur Impfung oder möglicherweise unangemessenen Maßnahmen ab. Unsere Aufgabe ist es, einen qualifizierten Austausch zu fördern. Wie jeder Einzelne von uns persönlich zum Thema steht, ist zweitrangig. Da kann es, wie bei jedem Sender, deutliche Unterschiede geben, ich bin beispielsweise genauso prononciert für die Impfung wie gegen die Impfpflicht, der Intendant sieht Impfungen kritischer, vom Eigentümer weiß ich das gar nicht. Es spielt auch keine große Rolle, denn im "Talk" stehen ja nicht meine Ansichten zur Debatte oder die des Intendanten oder des Eigentümers, sondern die unserer Gäste.

STANDARD: Entspringt die inhaltliche Positionierung womöglich marktstrategischen Überlegungen – weil sich da eine Zielgruppe von anderen Medien nicht entsprechend versorgt/bedient fühlt?

Fleischhacker: Die inhaltliche Positionierung als Diskussionssendung, in der alle Positionen zu Wort kommen und nicht nur die, die auf offizieller Regierungslinie liegen, hat mit unserem Verständnis von Journalismus zu tun. Wir wollen zeigen, was ist, nicht durchsetzen, was unserer Meinung oder der Meinung der Regierung nach sein soll. Dass es nach diesem Zugang eine steigende Nachfrage gibt, weil viele Menschen mit dem pädagogischen und aktivistischen Zugang, der in vielen anderen Sendern verfolgt wird, nichts anfangen können, zeigt die sehr erfreuliche Entwicklung unserer Marktanteile.

STANDARD: Würde Dietrich Mateschitz als Eigentümer auf seinem Sender eine seinen Vorstellungen über die inhaltliche Ausrichtung widersprechende Diskussionssendung nach Ihrer Erfahrung akzeptieren?

Fleischhacker: Das weiß ich nicht, denn wir sind uns einig darüber, dass den "Talk im Hangar-7" möglichst große Offenheit, eine möglichst große Bandbreite an Meinungen und ein möglichst hohes Niveau der Auseinandersetzung auszeichnen soll. Das gelingt uns sicher nicht immer, und ich bin überzeugt, dass auch dem Eigentümer nicht alle unsere Sendungen gefallen, aber das geht uns ja allen so, und der oft geäußerte Verdacht, dass Dietrich Mateschitz auf Servu sTV ausschließlich zulässt, was genau seiner eigenen Meinung entspricht, ist einfach nur Quatsch. Qualität ist ihm immer wichtiger als die eigene Meinung, das unterscheidet ihn übrigens von vielen Herrenreitern des politischen Moralismus.

STANDARD: Lässt sich Ihr Befund über "Talk im Hangar-7" auf den Gesamtsender Servus TV und seine redaktionelle Linie übertragen?

Fleischhacker: Ich würde in der Tat sagen, dass das Konzept des "Talk im Hangar-7" so etwas wie das Konzentrat der Positionierung des Senders insgesamt ist. Allerdings nicht in dem Sinn, den Sie suggerieren, nämlich dass Servus TV "impfkritisch" sei, sondern im Sinn der größtmöglichen Offenheit und Breite des Meinungsspektrums.

STANDARD: Sucharit Bhakdi, der schon im September 2020 gesagt hat, dass die Pandemie vorbei sei, war lange Stammgast beim "Corona Quartett". Servus TV hat sich von ihm dann nach antisemitischen Äußerungen distanziert, nicht aber aufgrund von Corona-Aussagen. Warum hatte Bhakdi zu Corona-Themen so große Präsenz auf Servus TV?

Fleischhacker: Ich empfehle in diesem Fall Recherche. Als die angesprochenen Äußerungen von Herrn Bhakdi publiziert wurden, war er schon sehr lange nicht mehr auf Servus TV zu sehen gewesen. Wir haben auch im "Corona-Quartett", dessen Moderation ich auf Wunsch des Senders übernommen habe, nachdem sich herausgestellt hatte, dass es als unmoderiertes Format nicht gut funktioniert, Schritt für Schritt die inhaltliche Gewichtung verändert. Weil wir fanden, dass jemand mit dem wissenschaftlichen Credit von Sucharit Bhakdi zu Wort kommen sollte, dass aber gleichzeitig eine immer weiter und radikaler vom wissenschaftlichen Mainstream abweichende Position ein Format nicht dominieren sollte. Wir wollen eben nicht eine Sicht der Welt und der Pandemie durchdrücken, sondern alle Sichten transparent machen. Ich persönlich fing mit Herrn Bhakdis Sicht der Pandemie immer weniger an, und mit den antisemitischen Aussagen, die ich grauenhaft finde, hat er sich wohl auch selbst endgültig aus dem Diskurs genommen.

STANDARD: Ist Corona für Sie auch eine "Plandemie", wie das Senderchef Ferdinand Wegscheider immer wieder formuliert, hinter der die Pharmaindustrie oder andere, globale Mächte stecken?

Fleischhacker: Nein, für mich ist das keine "Plandemie". "Der Wegscheider" ist ein Satireformat, man kann es mögen oder nicht. Man kann auch problematisch finden, dass der Intendant zugleich Satiriker ist, weil dadurch genau das ermöglicht wird, was Sie gerade tun – nämlich Aussagen aus einem Satireformat zur journalistischen Grundlinie eines Senders umbiegen. Sowohl das, was wir im "Talk" machen, als auch die Arbeit, die die Kolleginnen und Kollegen in den aktuellen Nachrichten machen, zeigt allerdings, dass Ferdinand Wegscheider zwischen dem, was er in seinem Wochenkommentar als Satire präsentiert, und dem, was er als Intendant journalistisch ermöglicht, besser unterscheiden kann als viele seiner Kritiker.

STANDARD: Der ORF setzt bei seinen Talksendungen auf eine 2G-plus-Regel. Wie ist das bei Servus TV?

Fleischhacker: Wir setzen auf 3G, weil wir Menschen, die aus welchen Gründen auch immer nicht oder noch nicht geimpft sind, nicht vom öffentlichen Diskurs ausschließen wollen. (fid, 12.12.2021)