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Julian Assange ist zweifacher Vater.

Foto: Reuters / HENRY NICHOLLS

Julian Assange hat sein gesamtes Leben an einer Überzeugung festgehalten: dass jegliche Art Daten und Informationen im öffentlichen Interesse auch für alle zugänglich sein müssen. Bereits mit 20 Jahren wurde für den strohblonden Australier dieser Glaube erstmals zum Verhängnis: Er wurde wegen Hackings verurteilt.

Assange wechselte die Strategie, nicht aber seine Überzeugung: Mit 35 Jahren gründete er Wikileaks und sorgte stattdessen mit der Veröffentlichung geleakter Dokumente für Transparenz. Er publizierte Militärakten der USA, die zeigen, dass sich US- Truppen mutmaßlicher Kriegsverbrechen im Irak schuldig machten. Oder dass im US-Gefangenenlager Guantánamo auch Unschuldige gefoltert wurden.

Die Dokumente wurden in einer Vielzahl von Medien weltweit publiziert. Whistleblower, wie Chelsea Manning, spielten aber Wikileaks die Dokumente zu, weil Assange es verstand, Quellen zu schützen – und versprach, Akten in ihrer Gesamtheit zu publizieren. Letzteres stieß immer wieder auf breite Kritik: Durch fehlende Anonymisierung könnten Geheimdienstquellen gefährdet worden sein, die veröffentlichten Mails der Ex-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton sollen ihm von Russland zugespielt worden sein, um die US-Wahl zu beeinflussen.

In Londoner Zelle

Assange wurde vielerorts unbeliebt – nicht nur wegen seines Ansatzes der radikalen Transparenz: In Schweden wurde wegen sexuellen Missbrauchs gegen ihn ermittelt – Vorwürfe, die später fallengelassen wurden. Assange fürchtete eine Einvernahme in Schweden, aus Angst vor einer Auslieferung in die USA. Er flüchtete 2012 ins ecuadorianische Botschaftsexil in London, wo er die Anwältin Stella Moris traf, mit der heute er zwei Kinder hat.

Seine Freiheit erlangte er nicht mehr wieder: Bis heute muss er in einer Londoner Zelle ausharren, weil die USA seine Auslieferung fordern. Dort wird er der Spionage bezichtigt – ein gefährliches Novum für die Pressefreiheit. Die britische Justiz behandelt den 50-Jährigen als gewöhnlichen Verdächtigen und hat vorerst grünes Licht für die Auslieferung gegeben.

Dass die US-Zusicherungen eines fairen Prozesses und menschenwürdiger Haftbedingungen nicht bindend sind, hat das Gericht nicht gestört. Assanges Anwälte wollen in Berufung gehen. Sie warnen davor, dass die US-Haftbedingungen ihn das Leben kosten könnten. Denn für seine Überzeugung und seine jahrelange Verfolgung hat er bereits mit seiner mentalen Gesundheit bezahlt. (Flora Mory, 10.12.2021)