Bild nicht mehr verfügbar.

Sobald die Betrüger von ihren Opfern Bitcoins erhalten haben, werden sie versuchen, diese rasch wieder in Geld zu wechseln und sich auszahlen zu lassen.

Foto: Reuters / Edgar Su

Wird man Opfer von Anlegerbetrug mit Kryptowährungen (siehe derStandard.at), ist der Ärger groß. Selbstvorwürfe, falsche Scham und das Gefühl der Machtlosigkeit führen dazu, dass viele Geschädigte den Kopf in den Sand stecken und untätig bleiben. Dieses Verhalten begünstigt nicht nur die Betrüger, sondern kann darüber hinaus einen Rattenschwanz an Problemen mit sich bringen. Was kann, was sollte man tun, wenn sich das versprochene Investment als Betrug entpuppt?

Zunächst gilt es, den Schaden so gering wie möglich zu halten. Zu diesem Zweck müssen zunächst alle potenziellen weiteren Schadensquellen identifiziert und bestimmte Maßnahmen ergriffen werden.

Wurden etwa den Betrügern die Zugangsdaten zum Bankkonto oder Kryptokonto überlassen, sollte die jeweilige Bank/Kryptobörse unverzüglich informiert und die für die weitere Verfolgung der Betrüger notwendigen Informationen sichergestellt werden. Sofern die Betrüger via Fernwartungssoftware Zugang zum Computer hatten, ist zu prüfen, auf welche sensiblen Daten sie zugreifen konnten (Passwortlisten, Zugangsdaten, Zahlenkombination Safe etc.) und sofort mit Sicherungsmaßnahmen zu reagieren. Da das Ausmaß der möglichen Risiken vielfach erst durch Aufarbeitung und Rekonstruktion des Sachverhalts bewusst wird, sollte hiermit – bestenfalls mit professioneller Unterstützung – ehestmöglich begonnen werden.

Gut nachvollziehbar

Sobald die Betrüger von ihren Opfern Bitcoins erhalten haben, werden sie versuchen, diese rasch wieder in Geld zu wechseln und sich auszahlen zu lassen. Hierfür müssen sie Bitcoins an eine Kryptobörse transferieren, wo diese dann in eine reguläre Währung gewechselt und auf ein Bankkonto ausbezahlt werden. Entgegen dem weitverbreiteten Irrglauben sind Bitcointransaktionen mit dem notwendigen Fachwissen und spezieller Forensiksoftware gut nachvollziehbar.

Da jede Transaktion auf der Blockchain unlöschbar gespeichert wird, können die an die Betrüger transferierten Bitcoins in der Regel bis zu den Kryptobörsen verfolgt werden. Aufgrund der Vorschriften zur Prävention von Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung sind Kryptobörsen dazu verpflichtet, Informationen über ihre Kunden (KYC) und die Herkunft der Gelder/Kryptos einzuholen.

Sachverhaltsdarstellung

Hat man die Bitcoins zu einer oder mehreren Kryptobörsen verfolgt, kann man diese unter Darlegung des Sachverhalts auffordern, sämtliches Guthaben auf dem ausgeforschten Konto einzufrieren und die Personalien des Accountinhabers preiszugeben. Letzterem wird die Kryptobörse meist nur über Aufforderung durch Staatsanwaltschaft oder Polizei entsprechen. Eine detaillierte Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft ist daher unerlässlich.

Aufgrund der Vielzahl an Kryptobetrugsfällen und der beschränkten Kapazitäten der Behörden empfiehlt es sich, entsprechende Ermittlungsvorarbeit zu leisten, wie etwa die Nachverfolgung von Transaktionen, die Zuordnung der ausgeforschten Konten zu Kryptobörsen oder Domainabfragen, und diese Erkenntnisse in der Sachverhaltsdarstellung zu verarbeiten. Dadurch wird den Strafverfolgungsbehörden die Ermittlungsarbeit erleichtert und die schnellstmögliche Bearbeitung, insbesondere die Anfragen an die Kryptobörsen gewährleistet.

Guthaben einfrieren

Die zunehmend strengeren gesetzlichen Vorschriften und von den Kryptobörsen implementierten Maßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und Betrug führen immer häufiger dazu, dass Kryptobörsen die betrügerischen Zahlungsströme von sich aus frühzeitig entdecken, die dazugehörigen Konten, sogenannte Cluster sperren und die darauf befindlichen Guthaben einfrieren. Sich darauf verlassen, dass die zuständigen Strafverfolgungsbehörden die betrügerischen Transaktionen proaktiv rückverfolgen, die ursprünglichen Eigentümer, sprich die Geschädigten ausfindig machen und informieren, sollte man jedoch nicht.

Eine Sachverhaltsdarstellung ist nicht nur für Ausforschung und Verfolgung der Betrüger notwendig, sondern auch aus Eigenschutz geboten. Im Rahmen des Betrugs, etwa auf Fake-Investment-Websites, werden von den Geschädigten regelmäßig persönliche Daten und Kopien von Personalausweisen abverlangt, die bei weiteren Straftaten missbraucht werden.

Identitätsraub

Die Betrüger treten gegenüber neuen Opfern unter dem Namen des Geschädigten auf, eröffnen mithilfe des Personalausweises Bankkonten, über die Geld gewaschen wird, nehmen Kredite auf und kaufen online ein. Nicht selten wird der Geschädigte in weiterer Folge als Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren geführt und zivilrechtlich mit Schadenersatzansprüchen konfrontiert. Eine frühzeitig eingebrachte Anzeige kann also viel Ärger ersparen.

Je nach individuellem Sachverhalt, ist auch ein Vorgehen gegen involvierte Einzelpersonen, Kryptobörsen und Banken möglich. Das Schlechteste, was man tun kann, ist gar nichts zu tun. Dadurch würde man es den Betrügern nur ermöglichen, ungestört weiter ihr Unwesen zu treiben. Je früher man aktiv wird, desto größer sind auch die Chancen zumindest einen Teil des "investierten" Betrages zu retten. (Roman Taudes, 13.12.2021)