Bundeskanzler Karl Nehammer wurde von Armin Wolf und Corinna Milborn interviewt.

Screenshot: tvthek.orf.at

Wäre das erste Interview Karl Nehammers als Bundeskanzler ein Theaterstück gewesen, könnte man es in einer Kurzkritik so zusammenfassen: Hauptdarsteller: authentisch in der Rolle des Versöhners. Bühnenbild: etwas anachronistisch, aber gediegen. Ton: was zur Hölle?

Von Anfang an hatte man nämlich den Kanzler "doppelt" im Ohr. Man war trotz der wichtigen Fragen von Armin Wolf und Corinna Milborn ständig abgelenkt, nach der Ursache zu suchen, warum dieser Hall auf allen drei Personen lag. Geisterte Engelbert Dollfuß durch den Marmorsaal, wo er – Nehammer zeigte sogar auf die nämliche Ecke – 1934 verblutete? Oder hatten Milborn und Wolf Tontechniker mit, die miteinander eine "Mischerei" am Laufen hatten, die nichts mit einem Mischpult zu tun hat? Oder war gar ein Tonmensch schon zu Beginn der Sendung am Mischpult kollabiert, und niemand kam ihm zu Hilfe? Besonders absurd wurde es, als der Kanzler von "Echokammern" in der Gesellschaft sprach. Oder vielmehr von "Echo-echoka-kammern-mern".

ORF

Wolf entschuldigte sich am Ende für die Tonprobleme. Er und die anderen im Marmorsaal wussten nicht, dass sie bis zum Ende bestanden hatten. Zum Glück, sonst hätten sie das Interview vielleicht nicht so konzentriert führen können. Und sonst? Nehammer stritt zumindest nicht ab, dass Dollfuß ein Austrofaschist war, "im Kontext der Zeit". Eh. Er betonte, dass er selbst ein "Lernender" ist – das tat gut. Dem Fall einer verfolgten afghanischen Wissenschafterin wich er als ihm unbekannten "Einzelfall" aus. Und er rief zum Abrüsten der Worte in der Politik auf. Viel Glück damit, Herr Bundeskanzler! (Colette M. Schmidt, 13.12.2021)