Der japanische Automobilgigant Toyota glaubt nicht an die alleinseligmachende Lehre batterieelektrischer Mobilität, sondern hält es mit Paulus: Prüfet alles und das Gute behaltet. Wie die sich das konkret vorstellen, davon gaben sie bei einer umfangreichen Informationstagung Einblick: dem Kenshiki-Forum 2021 in Brüssel, auf dem Expo-Gelände, in Sichtweite zum Atomium, Wahrzeichen der Stadt.

Der im Sommer startende bZ4X ist der erste von sieben Toyotas auf eigener Elektro-Plattform.
Foto: Stockinger

Starten wir also vielleicht gleich mit dem kleinsten Element im Periodensystem, dem Wasserstoff. Schon bei Ankunft am Veranstaltungsort empfing uns eine stationäre Wasserstoff-Brennstofzellen-Einheit in Schaltschrankgröße, mit der sich alles Mögliche bestromen lässt.

In den Vorträgen verwies dann der Hersteller, der mit dem Mirai eine voll alltagstaugliche Limousine im Portefeuille führt, auf sein Vertrauen in die Zukunftsfähigkeit dieser Technologie, nämlich nicht nur für Lkw, Busse, Boote, Schiffe, Flugzeuge, sondern auch Pkw. Dazu müsse die Produktion jedoch CO2-neutral und die Infrastruktur ausgebaut werden – die EU-Pläne sehen das ja bekanntlich ohnehin vor.

Dass Toyota sich Wasserstoff nicht nur mit Brennstoffzelle, sondern – wie weiland BMW – im Verbrennungsmotor vorstellen kann, demonstrierte man zwiefach: mit der Buggy-Studie Lexus ROV und dem für den Rennsport konzipierten GR Yaris H2 – des Motorsounds wegen ("Für Petrolheads!") wurde er auf der Bühne kurz angelassen. Der Lexus als Spaßgerät in der sonst streng seriösen Premiummarke sei übrigens sogar ein bisschen ernst gemeint, ließ man bei der Gelegenheit durchblicken.

Im Corolla Cross kommt nächsten Herbst die fünfte Hybridgeneration zum Einsatz.

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Bei der Brennstoffzelle ist Toyota inzwischen bei der zweiten Generation angelangt, die Technik ist deutlich kompakter und leistungsfähiger als bisher, wie die Gegenüberstellung in einem der Workshops eindrucksvoll veranschaulichte. Zwei Module – ein würfelförmiges, ein flaches – haben die Ingenieure ersonnen. Und deren Produktion soll demnächst auch in Europa anlaufen. Zunächst eine Pilotlinie in Brüssel, dann in größerer Stückzahl in einem der europäischen Werke des Herstellers.

Wasserstoff ist Teil eines Öko-Strategieplans in acht Punkten, den Toyota bis 2030 abarbeiten will. Gill Pratt von TME (Toyota Motor Europa) strich die Analogie dieses Ansatzes zur Natur und deren Erfolgsrezept heraus, der Diversität. Man halte es ebenfalls mit der Vielfalt, Batterieelektroautos seien wunderbar, aber nicht die Lösung aller Probleme und aller Herausforderungen in allen Regionen der Welt.

Klarer Marschplan

Für Europa sehe der Marschplan so aus, erläuterte TME-Chef Matt Harrison: 2025 werde man hier 80 Prozent elektrifizierte und zehn Prozent Nullemissionsfahrzeuge (ZEV) absetzen. 2030 schnelle der ZEV -Anteil auf 50 Prozent hoch (und alle Toyota-Fabriken in Europa produzieren dann CO2-neutral), 2035 auf 100, sprich: totale Emissionsfreiheit.

Mit dem GR86 fährt im Mai ein rassiges Sportcoupé vor (4-Zylinder-Boxer, 234 PS).
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Bei der Elektrifizierung setzt Toyota neben Plug-in- weiter auf Vollhybrid, für dessen fünfte Generation ist ein weiterer Effizienzsprung avisiert. Und für die batterieelektrische Mobilität hat man sich eine eigene Plattform zugelegt: e-TNGA.

Erstes (von insgesamt sieben) Auto auf dieser Basis ist der bZ4X, ein wahrer Zungenbrecher, wird vielleicht bald von der Polizei bei Alkoholkontrollen rasch hintereinander ausgesprochen abverlangt. Aber Spaß beiseite. Wir haben hier einen ca. 4,70 Meter langen Allrad-SUV aus der Kooperation mit Subaru (Solterra) vor uns, für den auch hohe Geländekompetenz in Aussicht gestellt wird, mit je einem 80-kW-Motor vorn und hinten bei Allrad und 150 kW beim Fronttriebler. Der 71,4-kWh-Akku steht für bis zu 450 km Reichweite.

Batterien? Laut dem österreichischen TME-Topmann (Forschung und Entwicklung) Gerald Killmann ist die Produktion bipolarer NiMH-Akkus (Nickel-Metallhydrid) bereits angelaufen, außerdem arbeitet man bekanntlich an Festkörperbatterien.

In der spaßigen Freizeit-Buggy-Studie ROV probt Lexus Wasserstoff im Verbrennungsmotor.
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Nach Österreich kommt der bZ4X im Sommer, früher dran mit Jahresanfang ist der erste Elektro-Lexus, der UX 300e – doch der basiert noch nicht auf der E-Plattform.

Stichwort Hybrid, 5. Generation: Erstling mit dem neuen Spritsparpaket (Herbst 2022) ist der unaufdringlich designte Corolla Cross (Systemleistung: 146 kW / 197 PS), mit dem Toyota die SUV-Lücke zwischen C-HR und RAV4 schließt. Und ganz unten kommt noch ein Aygo Cross hinzu, der sich aber mit X schreibt und mit dem die Japaner dann eine enorm breite SUV-Palette aufweisen, bis rauf zum Highlander.

Weil Toyota die CO2-Hausaufgaben gemacht hat und Firmenchef Akio Toyoda ein Benzinbruder (hätte man früher gesagt) ist, kann man sich auch weiter sportlich engagieren – nicht nur auf dem Rennkurs, sondern ganz profan auf der Straße. Vorzeigeobjekt dazu ist der im Mai vorfahrende GR86. Mit 2,4-Liter-Boxer-4-Zylinder und 172 kW (234 PS), 17 Prozent stärker als der Vorgänger, der GT86. Attraktives Sportcoupé, für das Toyota mit der Ansage lockt: Könnte der Letzte seiner Art in Europa sein. Und im Motorsport engagiert man sich bei WRC, WEC, Dakar – und hofft auf: Triple-Sieg. (Andreas Stockinger, 15.12.2021)