In 2016 war Maria Vassilakou noch Wiens Vizebürgermeisterin und waren die Grünen für die Stadtstraße.

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"Die Klimaschützer protestieren zu Recht", sagt Judith Pühringer, nicht amtsführende Stadträtin der Grünen in Wien, über die Gegner der Stadtautobahn Aspern. Ihr Kollege Peter Kraus stimmt ihr zu: "Nur weil etwas vor Jahren und Jahrzehnten geplant wurde, ist es heute mit Blick auf die Klimakrise nicht die beste Lösung."

Dabei ist es gerade mal fünf Jahre her, dass die Wiener Grünen in Sachen Stadtstraße noch voller Tatendrang waren. 2016 war man noch überzeugt: "Die Stadtstraße ist ein wesentlicher Teil des Gesamtentwicklungskonzepts für den Nordosten Wiens." Das teilten die damalige Wiener Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) und der Wiener SPÖ-Klubvorsitzende Christian Oxonitsch im Sommer 2016 in einer Presseaussendung mit dem Titel "Nächste Schritte für Stadtstraße Aspern" mit.

Grüne mit SPÖ-Argumenten

Von Ablehnung der Grünen ist darin keine Rede. Stattdessen bemühten die beiden damaligen Koalitionspartner die gleichen Argumente für das Bauprojekt, wie es die SPÖ heute tut: "Ziel der Straße ist es, den Durchzugsverkehr aus den Siedlungsgebieten abzuziehen und durch die verkehrsmäßige Entlastung die Lebensqualität in Ortskernen wie Hirschstetten, Stadlau und Breitenlee deutlich zu verbessern."

Was hat sich also in fünf Jahren geändert? Nichts, wenn man den Wiener Grünen heute zuhört. "Es ist kein Sinneswandel", sagt Kraus zur jetzigen Ablehnung, "Die Stadtstraße war immer die Bemühung der Grünen, die Seestadt ans Straßennetz anzuschließen, aber das muss nicht ausschauen wie eine Autobahn." Er fordert eine Redimensionierung, weniger Spuren und "stadtverträgliche Straßen". Pühringer ergänzt: "Es geht um ein Umdenken im großen Stil."

Sima hält an Stadtstraße fest

Beide Stadträte betonen, dass sich die Situation durch Leonore Gewesslers Absage des Lobau-Tunnels geändert habe. "Unter dieser neuen Situation muss man die Stadtstraße neu beleuchten", fordert Kraus. Während der Lobau-Tunnel nämlich Sache des Bundes ist, fällt die Stadtautobahn in die Zuständigkeit der Stadt Wien.

Ist es nun nicht einfach nur bequemer, aus der Opposition heraus ein Bauvorhaben zu kritisieren, obwohl man es selbst in der Regierung mitentwickelt hat? "Wir haben diese Vorhaben inklusive einer vierspurigen Autobahn zur Seestadt nie unterstützt", wiederholt Kraus auch mit Blick auf den Lobau-Tunnel.

Die Stadtstraße ist laut Stadt formal allerdings gar nicht als Autobahn geplant, sondern als Gemeindestraße. Es soll eine mehrspurige Verbindung über knapp 3,2 Kilometer zwischen der Seestadt Aspern und der Nordostumfahrung sein – mit Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. (Ana Grujić, 14.12.2021)