Herwig Ostermann, Andreas Bergthaler, Wolfgang Mückstein und Katharina Reich gaben am Dienstag einen Überblick zu Omikron in Österreich – und was nun zu tun ist.

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Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) läutete die Pressekonferenz am Dienstag zur aktuellen Situation bezüglich der Omikron-Variante in Österreich mit einer Relativierung ein: "Wir wissen schon vieles, aber noch nicht genug – etwa über die Schwere der Krankheitsverläufe oder eine eventuell höhere Ansteckungsmöglichkeit." Die geladenen Experten und die Expertin lieferten später dennoch recht konkrete Einblicke in die Entwicklung der neuen Virusvariante – und was man daraus für Österreich ableiten kann.

Sicher sind sich alle darin, dass sich die Omikron-Variante rasch ausbreiten werde und man sich – vor allem durch weitere Impfungen – wappnen müsse. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit, die man aktuell in anderen Ländern sehe, sei "besorgniserregend".

Appell zur weihnachtlichen Impfung

Mückstein betonte zunächst, dass Österreich rasch auf die neue Variante reagiert habe, die vor knapp drei Wochen im Süden Afrikas entdeckt und wenig später von der WHO als besorgniserregend eingestuft wurde. Die schnelle Reaktion – etwa Landeverbote – sei wichtig gewesen. Die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene habe gut funktioniert. Auch die verschärfte Quarantäne von 14 Tagen, die auch für genesene und geimpfte Personen gilt und aus der man sich nicht freitesten kann, sei ein wichtiges Instrument zur Eindämmung der neuen Variante.

Mit "einiger Sicherheit" könne man derzeit schon sagen, dass Auffrischungsimpfungen guten Schutz gegen die neue Variante bieten. Mückstein appellierte deswegen, sich noch vor Weihnachten den Booster zu holen beziehungsweise sich generell impfen zu lassen. "Man schützt dadurch nicht nur sich selbst und seine Liebsten, sondern die Allgemeinheit."

Beratungen Ende der Woche

Die Frage, ob ein weiterer Lockdown angesichts der Omikron-Prognosen bevorstehen könnte, beantwortete Mückstein folgendermaßen: Ende dieser Woche werde darüber beraten, wie es mit dem Lockdown für Ungeimpfte weitergehe.

Molekularbiologe Andreas Bergthaler, der in Österreich jenes Team leitet, das Sars-CoV-2-Viren im großen Stil sequenziert und die Verbreitung von Mutationen analysiert, lieferte einen Überblick zur aktuellen Datenlage und sagte im Hinblick darauf, man müsse sich "fit machen für den Jänner". Vor allem gelte es, die Überwachung auszuweiten, "das sage ich ans Ministerium gerichtet. Da gibt es Länder, die das viel besser machen." Als Beispiel nannte Bergthaler Dänemark. Österreich müsse nun zum Beispiel verstärkt auf Einreisetests setzen, diese sollen "engmaschig" sein.

Was die Daten bisher zeigen

Was man bisher aus den Daten ablesen könne, sei, dass die Auffrischungsimpfung wirkt. "Aller Voraussicht nach" sei man dadurch zu 70 Prozent gegen schwere Covid-Erkrankungen geschützt. Die Wirkung ist also etwas geringer als bei der Delta-Variante, bei der man laut Experten zu 93 Prozent gegen schwere Verläufe durch die Impfung geschützt ist. "Momentan ist alles im Fluss, in wenigen Tagen wird es schon genauere Daten geben", sagt der Molekularbiologe Bergthaler. Tendenziell würden die derzeit vorhandenen Daten aber darauf hinweisen, dass die Verläufe milder seien. Da die meisten Erkenntnisse derzeit aber aus Norwegen und Südafrika stammen, sei es schwer, Rückschlüsse zu ziehen: In Norwegen sei die Impfquote sehr hoch, in Südafrika der Anteil an genesenen Personen.

Die derzeit in England beobachtete Verdoppelung von Omikron-Fällen innerhalb von zwei bis drei Tagen spreche Bände. "Ob es derzeit bei uns 59 oder 200 Fälle gibt, spielt bei diesen Wachstumsraten keine Rolle, weil es dann eben sehr schnell geht." Die Engländer, die ja nicht gerade für Vorsicht bekannt seien, würden davon ausgehen, dass sie im Jänner die bisher größte Infektionswelle erleben.

Delta-Erkrankung schützt nicht vor Omikron

Vor diesem Hintergrund mahnt auch Herwig Ostermann, Geschäftsführer der Gesundheit Österreich, zur Impfung und anderen Schutzmaßnahmen. Eine überstandene Delta-Erkrankung schütze nicht gegen Omikron. Ostermann empfiehlt daher auch Genesenen eine Impfung. Mit dem Lockdown sei der "Turnaround sehr, sehr erfolgreich" geschafft worden. Die Entwicklung auf den Intensivstationen bereite Ostermann aber weiterhin Sorgen, sie gehe lange nicht so stark zurück wie die Zahl der Neuinfektionen. Bis weit nach Weihnachten sei die Situation wohl sehr angespannt. Dementsprechend gut rüsten müsse man sich für Omikron. Ostermann appellierte dahingehend auch für Solidarität mit jenen, die im Gesundheitswesen seit fast zwei Jahren "beinahe Übermenschliches" leisten.

Was für die öffentliche Gesundheit wichtig ist

Katharina Reich, Generaldirektorin für öffentliche Gesundheit, meinte in dem Zusammenhang, dass gewisse Dinge zu einem "No-Brainer" werden müssten: etwa das Impfen – und zwar dreimal. Es sei genügend Impfstoff im Land vorhanden, alle, die sich noch vor Weihnachten impfen lassen wollen, würden das auch tun können, so Reich. Die Maske sei außerdem das "Um und Auf in geschlossenen Räumen", und auch das Testen sei als zusätzliche Sicherheitsmaßnahme – gerade während der Feiertage – dringend notwendig. (Lara Hagen, 14.12.2021)