Wer mit Omikron infiziert ist oder mit einer angesteckten Person in Kontakt kommt, muss derzeit 14 Tage in Quarantäne.

Von der "Ruhe vor dem Sturm" geht das Covid-Prognosekonsortium derzeit aus. Die vierte Welle wird sich zwar in den kommenden Tagen abflachen. In einem aktuellen Bericht prognostizieren die Expertinnen und Experten jedoch eine "starke Verbreitung" der Omikron-Variante. Das werde "mit hoher Wahrscheinlichkeit" dazu führen, dass der bisherige Höchststand an Neuinfektionen in der vierten Welle "deutlich" übertroffen wird – das könnte bereits Anfang Jänner eintreten.

Am 19. November – dem bisherigen Höhepunkt der vierten Welle – wurden in Österreich mehr als 15.800 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden verzeichnet. Trifft die Prognose der Expertinnen und Experten ein, könnte es in wenigen Wochen bereits mehr als 16.000 Ansteckungen pro Tag geben. Was das für die Spitäler bedeutet, will man vorerst nicht beurteilen. "Die Auswirkungen auf den Spitalsbelag sind aufgrund mangelnder Evidenz noch nicht abschätzbar", heißt es.

To-do-Liste für Omikron

Drastisch wurde am Mittwoch deshalb auch Gerry Foitik, Bundesrettungskommandant des Roten Kreuzes. Er forderte weitreichende Maßnahmen, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Denn laut Foitik sind die Herausforderungen, vor die das Land durch Omikron gestellt wird, selbst im Best-Case-Szenario "gewaltig", schrieb er auf Twitter – wenn zu viele Menschen beispielsweise gleichzeitig nicht arbeiten können, weil sie infiziert zu Hause bleiben müssen. Foitik zufolge könnte das 30 Prozent aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer betreffen. "Darauf müssen sich Betreiber von Betrieben, die kritisch sind für die Infrastruktur, vorbereiten", sagte Foitik auch im Ö1-"Mittagsjournal". Wenn sich die Variante "explosionsartig" verbreite, und danach sehe es aus, werde das Contact-Tracing nicht mehr funktionieren, sagte Foitik. Um einem solchen Szenario vorzubeugen, präsentierte er eine To-do-Liste.

Automatischer Lockdown: Die wahrscheinlich drastischste Maßnahme, die Foitik fordert: Grenzwerte zu definieren, die – sobald diese überschritten werden – einen neuerlichen Lockdown einleiten. Foitik schlägt etwa eine Inzidenz von 800 vor. Momentan liegt Österreich weit unter diesem Wert, bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von 312,5 Fällen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. In der Kalenderwoche 45 (von 15. bis 21. November), der Woche, als sich Landeshauptleute und Bundesregierung auf den letzten Lockdown geeinigt haben, lag die risikoadjustierte Sieben-Tage-Inzidenz der Ampelkommission österreichweit bereits bei 1.594. Die von Foitik vorgeschlagene 800er-Marke wurde bereits eine Woche davor geknackt.

In der Politik ist man zuletzt von den Neuinfektionen als maßgeblichem Wert zudem abgegangen. Stattdessen baute etwa der – mehrfach über den Haufen geworfene – Stufenplan des Bundes auf den Belagszahlen der Intensivstationen auf.

Maskenpflicht in Innenräumen: Eine solche hatte Foitik bereits öfter aufs Tapet gebracht. Geht es nach dem Bundesrettungskommandanten, sollen auch Veranstaltungen ausschließlich mit Masken stattfinden. Denn die FFP2-Masken würden auch das Risiko, sich mit Omikron anzustecken, erheblich verringern.

Lüftung für Schulen: Um die Ansteckungen im jüngeren Teil der Bevölkerung in den Griff zu bekommen, brauche es Lüftungskonzepte – nach den neuesten Erkenntnissen. Am Mittwoch wurde bekannt, dass im Wiener Piaristengymnasium in der Josefstadt nach drei Omikron-Verdachtsfällen drei Klassen geschlossen wurden.

2G-plus-Regel: Die Erweiterung der 2G-Regel, 2G plus – also dass etwa der Zutritt in ein Lokal nur gestattet wird, wenn man geimpft oder genesen und zusätzlich einen aktuellen negativen PCR-Test vorweisen kann –, müsse so weit wie möglich umgesetzt werden.

Foitiks Name fiel zuletzt auch bei den Neos: Deren Chefin Beate Meinl-Reisinger forderte einen "echten" Krisenstab für die Bekämpfung der Pandemie. Geht es nach Meinl-Reisinger, soll Foitik darin die Rolle des "Erklärbären" einnehmen und dabei auch die Kommunikation verbessern. Foitik winkte allerdings ab: Mit Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) gebe es schließlich bereits einen Pandemiemanager.

Unklare Feiertagsregeln

Dieser spricht derzeit noch nicht von Verschärfungen. Ende der Woche soll der Lockdown für Ungeimpfte evaluiert werden, sagte Mückstein am Dienstag. Vorerst gilt die Regelung noch bis 21. Dezember – Ausgangsbeschränkungen können immer nur für zehn Tage verhängt werden. Wie die Maßnahmen für Weihnachten und Silvester konkret aussehen, ist ebenfalls noch unklar. Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) bat "um etwas Geduld".

Ob es danach wegen Omikron einen Lockdown für alle braucht, ließ Mückstein vorerst unbeantwortet. Ein erneuter genereller Lockdown im Jänner wird in Regierungskreisen jedenfalls nicht mehr ausgeschlossen. Virologe Florian Krammer sagte am Mittwochabend in der "ZiB2": "Die Omikron-Welle wird recht schnell kommen".

ORF

Für Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) ist es "natürlich ein bisschen ein Dilemma", dass die Advent- und Weihnachtszeit in die Phase der Ausbreitung einer neuen Variante falle: Aber es sei gut und solle auch sein, dass sich Menschen in dieser Zeit treffen können. Wichtig sei es dabei, PCR-Tests zu machen, auch als geimpfte Person.

Derzeit gelten aufgrund von Omikron strengere Regeln im Contact-Tracing und bei der Quarantäne: So sind bei einem Omikron-Fall alle Kontaktpersonen Kategorie 1, sie werden von der zuständigen Gesundheitsbehörde in Heimquarantäne geschickt. Diese dauert aber nicht wie gewöhnlich zehn, sondern 14 Tage, ohne die Möglichkeit, sich freizutesten. Die Ärztekammer forderte hier am Mittwoch Erleichterungen für all jene, die bereits den dritten Stich erhalten haben. Sie sollen als K2-Personen gelten oder sich nach fünf Tagen freitesten können. (Lara Hagen, Oona Kroisleitner, 15.12.2021)