Cäcilia Baur im Zoom-Treffen.

Foto: Honsig

Thomas Waitz.

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"Soll die Corona-Impfung für alle in der EU verpflichtend werden?" Eine Frage, die derzeit viele Bürgerinnen und Bürger und die Politik umtreibt, war natürlich auch bei den Treffen des Gesprächsformats "Europa spricht" eine ständige Konstante.

Auch der österreichische Europaparlamentarier Thomas Waitz und die 18-jährige Studentin Cäcilia Baur aus Ulm in Deutschland widmeten sich am Mittwochnachmittag diesem kontroversen Thema in ihrem Zoom-Treffen, bei dem DER STANDARD Gast sein durfte.

Cäcilia Baur hatte sich bei der Anmeldung zum Gesprächsformat für eine Impflicht ausgesprochen, Thomas Waitz allerdings dagegen. Beide hatten gute Gründe für ihre Wahl, was sonst in vielen Runden zu gröberen Streitgesprächen geführt hätte, aber dieses Gespräch war letztlich von großem Verständnis füreinander geprägt und weit weniger kontroversiell als befürchtet.

Echokammer versus Freiheiten

Der EU-Parlamentarier gab unumwunden zu, dass er das Thema prinzipiell auch für sich nicht final beantworten kann. Er gab vor allem zu bedenken, dass seinen Beobachtungen nach eine Impfpflicht für alle zu Gegenreaktionen bei skeptischen Personen führen könne. Waitz sieht die Gefahr, dass sich die Impfpflichtgegner in eine Echokammer zurückziehen: "Man treibt viele Menschen so zum Widerstand".

Baur hingegen bringt als Argument für die Pflichtimpfung vor allem die Freiheit. Wenn alle geimpft seien, habe auch sie die Sicherheit, dass sie niemanden massiv gefährde, wenn sie sich frei bewegt. Im Endeffekt einigten sich beide darauf, dass der Dialog prinzipiell der gesetzlichen Verpflichtung vorzuziehen sei.

Weitere Themen in dem kurzweiligen und sehr differenzierten Gespräch waren auch noch Klimafragen oder die Frage, ob man Mitgliedsländer aus der Europäischen Union ausschließen solle, wenn sie regelmäßig demokratische Grundrechte verletzen. Baur sprach sich prinzipiell für einen Ausschluss aus, Waitz erinnerte daran, dass die aktuellen Möglichkeiten, zum Beispiel die aktuellen Strafverfahren nach Artikel 7, oft nicht so effektiv seien: "Was effektiver ist, ist an der Geldschraube zu drehen."

Ähnlicher Auffassung waren die beiden bei der Frage, ob man Kurzstreckenflüge verbieten solle. Waitz plädiert für ein Verbot von Flugverbindungen unter zwei Stunden und überall dort wo es adäquate Zugverbindungen gibt: "Von Nordschweden nach Stockholm braucht man Flüge." Baur wollte jedenfalls zwischen privaten und beruflichen Flügen unterschieden wissen. Man trennte sich im Einvernehmen und mit einer Einladung: "Wenn euer Studiengang mal nach Brüssel kommt, meldet euch bei uns", bot Waitz an.

Gespräche in ganz Europa

DER STANDARD rief in den letzten Wochen gemeinsam mit Medienpartnern aus 17 Ländern zu einer neuen Auflage des Dialogformats "Europa spricht" ("Europe Talks") auf. Die Aktion lud Menschen aus ganz Europa zur grenzübergreifenden Debatte über kontroverse politische Themen ein. Allen Teilnehmenden wurden Gesprächspartner aus anderen Ländern vermittelt, die möglichst entgegengesetzte Ansichten vertreten.

In diesem Jahr wurde den Teilnehmenden von "Europe Talks" sofort nach der Anmeldung ein Gesprächspartner aus einem anderen Land vorgeschlagen. Bei den Debattenthemen ging es unter anderem auch um die Ehe für alle, die verpflichtende Aufnahme von Migranten in EU-Staaten oder die Legalisierung von Marihuana. Am 12. Dezember endet "Europe Talks" mit einer digitalen Abschlussveranstaltung. (mhe, 16.12.2021)