Streaming-Sticks sind eine nützliche Angelegenheit: Um relativ wenig Geld ist es damit möglich, jeden Fernseher "smart" zu machen und so Zugriff auf die entsprechenden Angebote zahlreicher Anbieter zu erhalten – vom ORF bis zu Netflix oder auch der NBA-App. Das noch dazu in einem kompakten Format, das keinen weiteren Platz im Wohnzimmer belegt und optisch hinter dem Fernseher verschwindet. Doch auch für alle, die schon einen Smart-TV besitzen, sind solche Geräte durchaus von Interesse, pflegen Marktführer wie Amazon oder Google die Software ihrer Streaming-Devices doch üblicherweise erheblich besser – und länger – als Fernsehhersteller.

Besonders erfolgreich ist in diesem Bereich Amazon. Mit dem Fire TV Stick 4K Max hat das Unternehmen unlängst seinen bisher stärksten Streaming-Stick vorgestellt. Ob dieser eine Anschaffung wert ist und welche Vorteile er gegenüber früheren Hardwaregenerationen bietet, hat sich DER STANDARD mal etwas näher angesehen.

Ersteindruck

Einen Test damit zu beginnen, eine gerade erst getätigte Aussagen teilweise wieder zu relativieren, mag nicht optimal sein, in diesem Fall ist es aber nötig. Mit einer Größe von 99 x 30 x 14 Millimeter fällt der neueste Fire-TV-Stick nämlich relativ groß für so ein Device aus. Vor allem hat das gewählte Design den Nachteil, dass es selbst mit dem flexiblen – und im Lieferumfang enthaltenen – Verlängerungskabel nicht mehr bei allen TVs möglich ist, den Stick wirklich restlos hinter dem Gerät verschwinden zu lassen – entscheidender Faktor hierfür ist die Positionierung der HDMI-Anschlüsse. Da hat das Design eines Chromecasts von Google doch erhebliche Vorteile.

Der Fire TV Stick 4K Max samt zugehöriger Fernbedienung.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Fernbedienung

Was hingegen gut gefällt, ist die mitgelieferte Fernbedienung. Amazon hat mittlerweile ein schönes Mittelmaß zwischen zu einfach und zu komplex gefunden. Vor allem, dass hier eigene Knöpfe für Play und Pause sowie zum Vorspulen geboten werden, gefällt. Noch erfreulicher wäre dies allerdings, wenn sie auch in allen Apps genutzt würden. Denn das ist leider nicht der Fall, selbst prominente Apps wie Disney+ ignorieren diese Tasten. An dieser Stelle sollte also Amazon einmal Druck auf die eigenen Partner machen und diese zu einheitlichen Bedienkonzepten zwingen.

Die Verarbeitung der Fernbedienung ist so gut, wie man es sich von einem Kunststoffteil in dieser Preiskategorie erwarten kann, also: in Ordnung. Durchaus diskutierenswert ist hingegen, dass es gleich vier Knöpfe mit Shortcuts gibt, die direkt zu Netflix, Amazon Prime Video, Disney+ und Amazon Music führen. Das ist nützlich für alle, die diese Dienste verwenden, gleichzeitig braucht man sich natürlich keine Illusionen machen, dass das Werbepositionierungen sind. Zudem lassen sie sich auch nicht – oder nur eingeschränkt und mit externen Apps – umprogrammieren. Zumindest sind die Knöpfe vom Rest der Steuerung deutlich abgesetzt, womit sie nicht im Weg stehen.

Set-up

Die Einrichtung eines Fire-TV-Geräts war in der Vergangenheit schon mal ein mühsames Unterfangen, das ist heutzutage glücklicherweise nicht mehr der Fall. Nach der Verbindung mit dem WLAN ist alles in wenigen Minuten erledigt. Das Einloggen auf einem Amazon-Konto ist dabei zwar vonnöten, kann aber zumindest leicht über ein Web-Interface im Desktop-Browser vorgenommen werden. Bei der Einrichtung empfiehlt Amazon einige Apps, wobei die Auswahl auch hier eher monetären Interessen als jenen der Nutzer zu entsprechen scheint. Was an der Stelle auch bereits negativ auffällt: Die Nutzeroberfläche wirkt zum Teil inkonsistent, einzelne Dialoge so, als wären sie von komplett unterschiedlichen Designern mit divergierenden Konzepten zusammengestellt worden.

Fire OS

Einmal eingerichtet, zeigt sich ein mittlerweile von fast allen Anbietern gewohntes Bild: Es dominieren also viele Reihen mit Empfehlungen unterschiedlicher Inhalte. Diese Oberfläche ist an sich gut gemacht und stellt auch die aktuell von den Nutzern gesehenen Filme und Serien in den Vordergrund. Allerdings muss auch gesagt werden, dass das Ganze extrem auf Amazons eigene Angebote fokussiert. Prime Video nimmt hier gleich mehrere Reihen ein. Leider ist dabei auch nicht sofort erkennbar, welche Inhalte in einem Abo enthalten und welche zugekauft werden müssen.

Die Oberfläche des Fire TV ist gelungen, aber sehr von Amazons eigenen Inhalten dominiert.
Grafik: Amazon

Das löst Googles aktuelles Chromecast mit Google TV seit den neuesten Updates erheblich besser. Dort gibt es eine echte Verschränkung von Inhalten aus all den – oder zumindest allen, die das unterstützen – Streaming-Angeboten, die die Nutzer so abonniert haben. Klar, auch dort sind viele dieser Positionierungen Werbungen, aber im Vergleich zu Amazons Oberfläche noch dezent. Das Fire-TV-UI wirkt im aktuellen Zustand wie eine einzige große Werbefläche für Amazon Prime selbst – und das ist in dem Ausmaß nicht mehr im Interesse der User.

Stärken

Positiv fällt dafür die Einbindung von Livestreams auf, die eine eigene Reihe bekommen haben, womit schnell auf einzelne Kanäle gewechselt werden kann. Auch die Suche mit Alexa-Sprachsteuerung funktioniert sehr gut, selbst wenn manchmal doppelte Ergebnisse überraschen. Vor allem aber gibt es für Fire OS – das ist die derzeit auf Android 9 basierende Softwareplattform von Amazon – mittlerweile wirklich praktisch alle relevanten Streamingdienste als App. Freilich ist das bei den Konkurrenten auch nicht anders.

Hardware

Doch kommen wir dazu, was den Fire TV Stick 4K Max – jenseits eines absurd langen Namens – von seinen Vorgängern abhebt: die Hardware, gibt es doch in dieser Hinsicht im Vergleich zum direkten Vorgänger – dem Fire TV Stick 4K – ein deutliches Upgrade. Dazu zählt ein schnellerer Prozessor, konkret ein Mediatek MT8696 (Quadcore mit bis zu 1,8 GHz), der auch mit einer flotteren Grafikeinheit kombiniert wurde. Zudem wurde das RAM von 1,5 auf 2 GB erweitert.

In der Praxis liefert dies äußerst erfreulich Ergebnisse: Amazons neue Hardware ist der derzeit wohl schnellste Streaming-Stick. Die Navigation durch die Kernoberfläche erfolgt ganz ohne die von vielen anderen Lösungen gewohnten Hänger. Auch Apps starten flotter, das zusätzliche RAM sorgt zudem dafür, dass beim Wechsel zwischen mehreren Programmen die Chance sinkt, dass sie aus dem Speicher geworfen und so beim nächsten Mal komplett neu geladen werden müssen. Natürlich gibt es auch hier noch immer Apps, die es schaffen, trotzdem Hänger zu produzieren – eine gewisse ORF-App sei hier namentlich besser nicht genannt –, aber in Summe ist das alles für so ein kleines Gerät äußerst erfreulich.

Alles, was beim Fire TV Stick 4K Max mitgeliefert wird.
Grafik: Amazon

Gerade für die Zukunft sind noch zwei weitere Neuerungen wichtig. So gibt es WiFi6-Support. Wer bereits einen passenden Router hat, darf sich also über bessere Drahtlosverbindungen freuen. Zudem gibt es Hardwareunterstützung für das AV1-Codec, das von zentralen Streaming-Anbietern wie Google, Netflix und eben auch Amazon zunehmend forciert wird. Dies verspricht bessere Bildqualität bei gleicher Bandbreite – oder wahlweise weniger Datenverbrauch bei gleicher Qualität.

4K und mehr

Auch bei den restlichen Eckdaten gibt es wenig auszusetzen. Der Fire TV Stick 4K Max unterstützt HDR10+ und Dolby Vision ebenso wie Dolby Atmos für die Tonausgabe – und Letzteres erstmals auch im Zusammenspiel mit Netflix. Dass es 4K-Support gibt, sollte eigentlich schon anhand des Produktnamens unmissverständlich sein. Zudem kann der Stick mit Echo-Lautsprechern kombiniert werden, um diese zur Tonausgabe zu nutzen – auch paarweise für Stereo-Sound. Mit einem kommenden Update soll das dann übrigens nicht nur mit auf der Amazon-Hardware wiedergegebenen Inhalten funktionieren, sondern auch mit anderen mit dem Fernseher verbundenen Geräten – wie etwa einem Blu-Ray-Player oder einer Kabelbox.

Wenn es einen Schwachpunkt in der aktuellen Hardware gibt, dann ist es am ehesten der lokale Speicherplatz. Den Nutzern stehen maximal etwas mehr als 5 GB zur Verfügung, das schrumpft mit ein paar Apps dann aber schnell. Hier wäre bei allen Anbietern mal ein Upgrade auf zumindest 16 GB bei der Grundausstattung angebracht. Sonst kann es nämlich bei der Nutzung vieler Apps schon mal eng werden.

Preis

All das gibt es offiziell um 65 Euro – und in der Realität meist noch erheblich billiger, ist doch Amazon dafür bekannt, seine Sticks praktisch durchgängig in allerlei Aktionen zu verschleudern. So war er zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Tests etwa gerade um 37 Euro zu erhalten – für die gebotene Leistung geradezu ein Schnäppchen.

Fazit

Der Amazon Fire TV Stick 4K Max sticht vor allem durch seine sehr gute Performance heraus. Eine deutlich gesteigerte Leistungsfähigkeit, die allerdings auch die Frage aufwirft, warum Amazon überhaupt noch den alter Fire TV Stick 4K verkauft – und das neue Modell nicht einfach zum Nachfolger erklärt, womit man sich auch den sinnlosen Zusatz "Max" erspart hätte.

Jedenfalls handelt es sich bei der neuen Hardwaregeneration um den klar besten Streaming-Stick von Amazon bisher. Wer schon fest im Ökosystem von Amazon verankert ist – etwa mit Echo-Lautsprechern –, findet darin also eine exzellente Option. Gleichzeitig würde man sich aber wünschen, dass Amazon seine Software noch einmal überdenkt und dabei vor allem im Sinne der Nutzer seine eigenen Angebote etwas weniger aufdringlich in den Vordergrund stellt. (Andreas Proschofsky, 18.12.2021)