Wenn die Kinder größer werden, steigen freilich auch die Kosten. Die Familienleistungen passen sich für Kinder ab 14 Jahren aber nicht dementsprechend an.

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Lange wurde sie gefordert, jetzt ist sie endlich da: eine aktuelle Kinderkostenstudie. Sie zeigt, wie viel Kinder für Kleidung, Wohnung, Schule oder Essen heute in unterschiedlichem Alter und unterschiedlichen Familienkonstellationen brauchen. Schon 2017 forderten über 80 Organisationen eine neue Erhebung. Die alte ist von 1968 und basiert auf noch älteren Zahlen einer Konsumerhebung von 1964. Trotzdem wurde eine neue Erhebung jahrzehntelang aufgeschoben.

Am Donnerstag hat Sozialminister Wolfgang Mückstein (Grüne) nun die neue Studie präsentiert, die die Statistik Austria durchgeführt hat. Die aktuellen Zahlen wurden mittels einer Konsumerhebung von 2014/2015 ermittelt. Diese Zahlen zeigen, dass die Kosten für Kinder durch Familienleistungen längst nicht gedeckt sind. Ein weiteres zentrales Ergebnis ist, dass es für Alleinerziehende deutlich schwieriger ist, die Kinderkosten zu stemmen, und dass dies auch durch zusätzliche Leistungen wie etwa den Alleinerzieherbonus für sie nicht kompensiert wird.

Steuerboni bringen vielen wenig

Fixkosten für Kinder, wie etwa Wohnen oder Energie, müssen Alleinerziehende im Gegensatz zu Zwei-Erwachsenen-Haushalten allein tragen. Bei Haushalten mit zwei Elternteilen liegen die Kinderkosten durchschnittlich bei 494 Euro, die monetären Familienleistungen bei 328 Euro. 66 Prozent werden somit durch Familienleistungen gedeckt, den Rest müssen die Familien selbst aufbringen. Diese Differenz wird mit steigendem Alter der Kinder aber größer: Bei Kindern unter 14 beträgt sie nur 72 Euro bei Kinderkosten von 395 und 323 Euro Familienleistungen. Die Leistungen für Kinder über 14 steigen allerdings nur um 14 Prozent (44 Euro), während sich der finanzielle Aufwand mit zusätzlichen 264 Euro deutlich erhöht. Noch drastischer zeigt sich der geringe Anstieg der Familienleistungen bei älteren Kindern in Ein-Elternteil-Familien. Während die Familienleistungen für diese 14-Jährigen lediglich um 22 Euro erhöht werden, steigen die Kosten für sie von 727 auf 1.384 Euro. Gemeinsam mit der Kostenerhebung präsentierte das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) auch eine Analyse der Familienleistungen. Hier wurde zwischen direkten Geldleistungen, wie Familienbeihilfe, und indirekten, wie Steuererleichterungen, unterschieden.

Mehr Fiskalleistungen

86 Prozent der steuerlichen Begünstigungen entfallen auf den Familienbonus, von dem wiederum vor allem Familien mit höheren Einkommen profitieren, insbesondere Eltern mit einem Bruttoeinkommen ab 1.750 Euro. Alleinerziehende – über 90 Prozent von ihnen sind Frauen – kommen aufgrund eines fehlenden Einkommens für die Familie durch Partner oder Partnerinnen seltener auf ein höheres Einkommen. Trotzdem kam es in den vergangenen Jahren zu einer stärkeren Verlagerung weg von einkommensunabhängigen Sozialleistungen hin zu Fiskalleistungen, sagte Studienautorin Silvia Rocha-Akis vom Wifo. Die Dachorganisation der staatlich anerkannten Schuldnerberatungen, ASB Schuldnerberatungen, hat schon 2020 analysiert, wie viel Geld Eltern für Sieben- und 14-Jährige brauchen, und kam auf rund 800 Euro. "In unseren Grundaussagen fühlen wir uns bestätigt", sagt Geschäftsführer Clemens Mitterlehner in einer ersten Reaktion auf die Zahlen gegenüber dem STANDARD. Sie würden zeigen, "dass Kinder teuer sind und die Familienleistungen nicht reichen". Daraus müsse nun die Konsequenz gezogen werden, dass diese Leistungen überarbeitet werden, besonders für Alleinerziehende.

Kindergrundsicherung als Vision

Ob eine Erhöhung der Familienbeihilfe in absehbarer Zeit kommt, wollte Mückstein bei der Studienpräsentation nicht in Aussicht stellen. Eine längerfristige Vision sei allerdings eine Kindergrundsicherung, die die derzeitig fragmentierten Leistungen ersetzen und Kinderarmut entgegenwirken könnte. Laut Caritas Österreich liegt die Armutsgefährdung bei Kindern bis 14 Jahren bei 19 Prozent, bei Kindern derselben Altersgruppe in Ein-Eltern-Haushalten liegt sie bei 39 Prozent. (Beate Hausbichler, 16.12.2021)