Sein Vorgänger Gernot Blümel ordnete die interne Prüfung von Vergaben bezüglich Inseraten und Studien an, der jetzige Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) will die Ergebnisse nun zum Anlass für Reformen nehmen und möchte unter anderem weniger Geld für Inserate ausgeben.

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Es gibt im eigenen Haus viel zu tun für den neuen Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP). Das ist die positive Lesart des Untersuchungsberichts der Internen Revision, der sich um die Vergaben von Studien, Umfragen und Inseraten ab 2015 dreht. Demnach wurden jahrelang Aufträge vergeben, ohne Vergleichsangebote einzuholen, die Dokumentation zu den Kooperationen mit Meinungsforschungsinstituten bzw. Medien ist dabei mangelhaft – zwei Studien, die abgerechnet wurden, konnten nicht gefunden werden –, Kosten für Öffentlichkeitsarbeit explodierten, Rechnungen waren teilweise nicht zuordenbar, und Arbeits- und Kontrollprozesse waren in der Kommunikationsabteilung, die für die Vergaben Dreh- und Angelpunkt war, quasi nicht vorhanden. Die negative Interpretation des Berichts: Brunner übernimmt ein Haus, in dem zum Teil verheerende Zustände, was Compliance oder Transparenz betrifft, herrschen.

Wie die Ausgaben für Inserate stiegen

Brunner stellt nun personal-, aber auch zivil- und strafrechtliche Konsequenzen in den Raum. "Das ist nicht der Standard, den ich anlege, und es entspricht auch nicht meinem Verständnis davon, wie mit Steuergeld umzugehen ist." Außerdem werde das Inseratenvolumen zurückgefahren, kündigt der Vorarlberger an.

Die Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit stiegen im Finanzministerium in den letzten Jahren extrem: von 2,84 Millionen Euro im Jahr 2015 auf 13,22 Millionen im vergangenen Jahr (hier sind die Corona-Hilfen zu berücksichtigen). Für Kampagnen in Medien wurden 2015 noch 131.000 Euro ausgegeben, 2016 waren es knapp zwei Millionen, ein Jahr später 2,9 Millionen, 2018 dann 9,6 Millionen und zuletzt 11,6 Millionen Euro.

Rückblick: Weswegen eigentlich ermittelt wird

Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur, kündigte an, straf-, aber vor allem auch zivilrechtliche Ansprüche zu prüfen und diese in weiterer Folge geltend machen zu wollen, um den Schaden für die Steuerzahler möglichst klein zu halten. "Für uns hat die Arbeit erst begonnen."

Notwendig geworden war die interne Untersuchung, die ein fünfköpfiges Team der Internen Revision seit Mitte Oktober durchführte, aufgrund der Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in der sogenannten Inseratenkorruptionsaffäre. Beschuldigt sind zehn Personen, darunter auch Ex-Kanzler Sebastian Kurz. Den Ermittlern zufolge soll im Finanzministerium unter dem damaligen Generalsekretär Thomas Schmid mit den Brüdern Fellner der Mediengruppe Österreich vereinbart worden sein, dass im Gegenzug für Inserate redaktionelle Inhalte mitbestimmt werden können – Inhalte, die Kurz ins rechte Licht stellen sollen.

Der zweite Bestandteil des angeblichen Deals dreht sich um Meinungsforscherin Sabine B. Bei ihr sollen Umfragen "mit ausschließlich (partei)politischen Inhalten bestellt" worden sein. Die Kosten dafür seien "zuerst verdeckt" über die Zeitung "Österreich" abgerechnet worden. Danach habe B.s Unternehmen "mittels Scheinrechnungen" Studien für das Finanzministerium abgerechnet.

Die problematischste Studie

Tatsächlich gibt es laut Hannes Schuh, der die Interne Revision leitet, Unregelmäßigkeiten bei den Aufträgen an B., vor allem bei einer Studie zur Wirtschafts- und Budgetpolitik: Diese begann mit einem Angebot von 34.680 Euro brutto, endete nach zehn Rechnungen bei 155.940 Euro und war damit mehr als viermal teurer. Die Studie und die "Ergänzungsarbeiten" sind nicht im elektronischen Akt vorhanden. "Aus den nachgereichten Unterlagen ist erkennbar, dass die ursprüngliche, undatierte Studie in hohem Maße Fragen zu politischen Parteien und Politikern enthielt und 'Ergänzungsarbeiten', soweit nachgeliefert, den sachlichen Zusammenhang zu der ursprünglichen Studie vermissen lassen", heißt es in dem Untersuchungsbericht. Zwei von B. durchgeführte Studien waren bis zuletzt gar nicht auffindbar. Beide wurden im Jahr 2018 erstellt, eine dreht sich um das Thema Nulldefizit, die andere um Steuerentlastung.

Unvollständige Akten

Die mangelhafte Dokumentation betrifft aber nicht nur die zwei fehlenden Studien von B. In 26 von 28 Fällen enthielten die elektronischen Akten keine Studienergebnisse. 22 Studien wurden der Internen Revision dann zur Gänze und eine unvollständig (Wirtschafts- und Budgetpolitik) nachgereicht. Das Problem dürfte in der betroffenen Kommunikationsabteilung eigentlich bekannt gewesen sein. Denn laut Schuh gehe aus einer Mail vom August 2020 hervor, dass gebeten wurde, Studien nachzuliefern. Als Grund sei eine Anfragebeantwortung angegeben worden.

Eine Abteilung im Zentrum

Anfangs- und Endpunkt – ob Inserate oder Studien – sei bei diesen Vorgängen immer die Kommunikationsabteilung des Finanzministeriums gewesen, heißt es in dem Bericht. Abteilungen, die für bestimmte Studien fachlich zuständig gewesen wären, seien nie eingebunden worden. "Es ist eine Welt, die in sich besteht und nach außen nie wirklich Kontakt gesucht hat." Bei den Inseraten mit Bezug zu "Österreich" sei die Initiative "stets vom Anbieter" ausgegangen. Ob es zuvor Anweisungen – etwa durch den zuständigen Minister – gegeben habe, gehe aus den Akten nicht hervor, sagte Schuh.

Kritik gibt es auch, weil die Abteilung sich offenbar in einzelnen Fragen immer wieder von der Finanzprokuratur beraten ließ, die Empfehlungen der dortigen Experten seien in der Umsetzung laut Peschorn aber geradezu "pervertiert" worden.

Beschuldiger kritisiert internen Bericht

Personelle Konsequenzen dürfte es dem Vernehmen nach bereits gegeben haben. Demnach soll der ehemalige Leiter der Kommunikationsabteilung mittlerweile entlassen worden sein. Brunner wollte dies aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht kommentieren. Der Mann übt an dem Bericht jedenfalls Kritik: Die Erstellung widerspreche der geltenden Revisionsordnung. Demnach sei dem Dienststellenleiter rechtliches Gehör einzuräumen. "Zur Aufklärung und zum Verständnis hätte ich gerne beigetragen, doch war dies offensichtlich nicht erwünscht." Sämtliche Vorwürfe ihn betreffend seien außerdem "grundlegend falsch".

Opposition sieht ÖVP belastet

Am Abend äußerte sich auch die Opposition zu den Ergebnissen der internen Untersuchung im Finanzministerium. Die SPÖ sah Vorarbeiten für den kommenden Untersuchungsausschuss geleistet. Für den dortigen Fraktionsvorsitzenden Jan Krainer "offenbart sich schon ein erster Teil des korrupten politischen Systems, das die ÖVP eingezogen hat." Für sein FPÖ-Gegenüber Christian Hafenecker ist die "Faktenlast erdrückend", für ihn seien Ex-Kanzler Kurz und Ex-Finanzminister Gernot Blümel schwer belastet. Auch die Neos werteten die Vorwürfe als erdrückend.

Völlig anders sah man das bei der ÖVP. Für Mandatar Christian Stocker stellt der "Revisionsbericht unmissverständlich klar, dass es keinerlei Hinweise auf eine Involvierung von Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz in die heute bekannt gewordenen Unregelmäßigkeiten gibt". Zudem gehe es im Revisionsbericht um die Amtszeiten von Hans-Jörg Schelling und Hartwig Löger, und nicht um jene von Gernot Blümel. "Damit zeigt sich einmal mehr, dass die seitens der Oppositionsparteien vorgebrachten Vorwürfe der Faktenlage widersprechen." Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung. (Lara Hagen, Fabian Schmid, red, 16.12.2021)