Ein Blick in den Nationalrat.

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Wien – Unter scharfer Kritik der Opposition wurde am Donnerstag im Nationalrat mit Regierungsmehrheit die Urheberrechtsnovelle beschlossen. Viele Kulturschaffende hatten sich schon im Vorfeld sehr unzufrieden gezeigt mit dieser Umsetzung der EU-Copyright-Richtlinie 2019 in das österreichische Recht. Verlängert wurden die Corona-Hilfen für Kunstschaffende.

Die neuen Regeln

Die Urheberrechtsnovelle soll die einschlägige Verantwortung großer Plattformen für den Upload geschützter Werke durch ihre Nutzer klären. Demnach ist künftig eine Lizenz einzuholen. Maßnahmen der Plattformen sollen jedenfalls nicht dazu führen, dass erlaubte Nutzungen unterbunden werden, auch im Sinne der Meinungsäußerungsfreiheit. Daher sind etwa Inhalte zugänglich zu machen, bei denen die Nutzer bereits beim Hochladen erklärt haben, dass diese erlaubt sind ("Pre-flagging"). Kleine Teile von Werken sollen (mit einer Bagatellegrenze von 15 Sekunden) nicht automatisch blockiert werden.

Wenn Plattformen systematisch überbordende Schutzmaßnahmen setzen, die dazu führen, dass erlaubte Nutzungen auf der Plattform unterbunden werden, hat die KommAustria als im Entwurf vorgeschlagene Aufsichtsbehörde ein Aufsichtsverfahren einzuleiten.

SPÖ kritisiert: Vor Onlineriesen in die Knie gegangen

Nicht vorgesehen ist der – in Deutschland geltende – Direktvergütungsanspruch gegenüber Online-Plattformen. "ÖVP und Grüne gehen vor den Onlineriesen in die Knie", kritisierte Katharina Kucharowits (SPÖ), dass "Google, Amazon oder Facebook" geschützt würden. Auch für den Neos-Abgeordneten Johannes Margreiter "geht's nicht ohne Direktvergütung". Die Umsetzung der EU-Richtlinie sei missglückt, konstatierte Harald Stefan (FPÖ), etwa mit Hinweis auf die "sehr problematische" Bagatelleregelung.

Zadić: "Zukunftsweisende" Reform

Justizministerin Alma Zadić (Grüne) beeindruckten diese Bedenken nicht: Sie lobte die "größte Reform seit Einführung des Urheberrechts 1936" – und sieht diesen Rechtsbereich jetzt "zukunftsweisend" für das digitale Zeitalter gestaltet. Für Kreative bringe das Gesetz "endlich mehr Fairness", sie würden stärker von ihren Werken profitieren und große Online-Plattformen stärker in die Pflicht genommen, mit einem entsprechenden Vertragsrecht könnten jetzt Knebelverträge verhindert werden. Zadić ist überzeugt, dass eine "gute Balance" zwischen allen Interessen gefunden wurde.

Fixiert wurde – wie bei Verkündung des aktuellen Lockdowns angekündigt – die Verlängerung der Corona-Hilfen für selbstständige Kunstschaffende. Die Geltung des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes wurde um ein weiteres Quartal bis Ende März 2022 ausgedehnt. Die "Gutscheinlösung" für entfallene oder verschobene Veranstaltungen wurde verlängert. Der Erstattungsanspruch in Geld wird befristet aufgeschoben bzw. dem Veranstalter/Betreiber das Recht eingeräumt, zwischenzeitlich (teilweise) einen Wertgutschein gestaffelt nach Beträgen zu übergeben.

Kronzeugenregelungen verlängert

Knapp vor Auslaufen der mit Jahresende befristeten Regelung wurde zudem die "große Kronzeugenregelung" mit den Stimmen von ÖVP, Grünen, SPÖ und FPÖ um sieben Jahre verlängert. Einige kleinere Änderungen wurden dabei vorgenommen: Die Kriminalpolizei wird in den Kreis der Behörden einbezogen, an die Kronzeugen herantreten können. Zusätzlich zu um Kronzeugenstatus ansuchende Unternehmen können künftig auch die einzelnen Mitarbeiter ihr Wissen offenbaren – und es wird sichergestellt, dass nur kooperierende Mitarbeiter auch den Status erlangen.

Geben kann es den Kronzeugenstatus bei Korruptions- und Wirtschaftskriminalität sowie bei Delikten mit Strafdrohung über fünf Jahre. Zentrales Kriterium ist weiter die Freiwilligkeit. Der potenzielle Kronzeuge muss aktiv an die Staatsanwaltschaft oder eben nunmehr die Kriminalpolizei mit seinem Wissen über kriminelle Handlungen oder Beweise herantreten – und sein Beitrag zur Aufklärung muss das Gewicht der eigenen Tat bei weitem übersteigen.

Mit Blick auf die Pandemie für weitere sechs Monate etabliert wurde u.a. die Möglichkeit, bestimmte Anhörungen, mündliche Verhandlungen und Beweisaufnahmen etwa per Video durchzuführen. Die Gebührenfreiheit der Unterhaltsvorschussgewährung wurde verlängert. Gleiches gilt für die Möglichkeit von Videokonferenzen und Umlaufbeschlüssen zur Entscheidungsfindung in Gremien, die nach dem Parteien- und Medienrecht vorgesehen sind.

Kindergeld-Zuverdienstgrenze erhöht

Eine kurzfristig von der ÖVP und Grünen vorgelegte Änderung brachte Familien ein kleines Weihnachtsgeschenk: Die Familienbeihilfe wird künftig vier Monate nach Schulabschluss weiter ausbezahlt. Außerdem wurde der Weiterbezug der Familienbeihilfe für Studenten entbürokratisiert: Es ist künftig kein schriftlicher Antrag mehr nötig, der Anspruch läuft automatisch weiter.

Wie angekündigt beschlossen wurde die Erhöhung der Zuverdienstgrenze beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld von 7.300 auf 7.600 Euro. Damit ist auch im nächsten Jahr – trotz ASVG-Anpassungen – eine geringfügige Beschäftigung während der Karenz möglich. Die nächste reguläre Sitzung des Nationalrats steht für 20. Jänner am Kalender. (APA, red, 16.12.2021)