"Wir haben ein gemeinsames Ziel und gemeinsame Interessen: Wir wollen eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe jenseits der imperialistischen Bevormundung und neokolonialistischen Ausbeutung Afrikas durch andere Länder". Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan sparte nicht mit großen Worten, als er am Samstag seine Rede auf dem großen Türkei-Afrika-Gipfel in Istanbul hielt.

Politische Abgrenzung zu Europa und China, aber auch wirtschaftliche Interessen: Erdogan wendet sich Afrika zu
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Vertreter von 36 afrikanischen Staaten, darunter 16 Staats – und Regierungschefs, waren am Wochenende nach Istanbul gekommen, um am dritten Türkisch-Afrikanischen Gipfel teilzunehmen, der unter dem Vorsitz von Erdoğan in den letzten zehn Jahren stattfand.

Diskutiert wurde der Ausbau des Handels, der Bau von großen Infrastrukturprojekten durch die Türkei, Bildungskooperationen und Zusammenarbeit im Gesundheitssektor. Erdoğan versprach eine Großspende an Impfstoff gegen Covid-19 und geißelte den Westen, weil Afrika bisher nur so wenig von den weltweit produzierten Impfstoffe abbekommen hat.

Rüstungsgeschäfte

Vor allem aber ging es auch um Rüstungszusammenarbeit – ein Feld auf dem die Türkei als neuer internationaler Player derzeit vor allem mit ihren Kampfdrohnen Furore macht. Während der Samstag den Reden im Plenum gewidmet war, hatte Erdoğan am Freitag mit den nach und nach eintreffenden Staatschefs quasi Speed-Datings absolviert. In schneller Reihenfolge rollten die schwarzen Mercedes-Limousinen am historischen Sultanspalast Dolmahbahce vor und sorgten für einen Ausnahmezustand im Istanbuler Stadtteil Besiktas.

Unter anderen traf Erdoğan den nigerianischen Präsidenten Mohammed Buhari, Ruandas Präsidenten Paul Kagame und den Friedennobelpreisträger Abiy Ahment Ali, der wegen des von ihm geführten mörderischen Krieges in Äthiopien als Großabnehmer für türkische Kampfdrohnen, die im Krieg gegen die Tigray Rebellen eingesetzt werden, gilt.

Zwischen Europa und China

Doch obwohl der Verkauf von Militärmaterial bei dem Gipfel eine wichtige Rolle spielte, geht es der Türkei doch um weit mehr als nur den Verkauf von Truppentransportern und Kampfdrohnen. Erdoğan möchte sein Land zwischen den alten europäischen Kolonialmächten auf der einen Seite und den "neuen Imperialisten" aus China als fairen Partner der afrikanischen Brüder und Schwestern langfristig auch im Subsahara – Afrika etablieren.

Und er scheint Erfolg damit zu haben, das Interesse an einer Zusammenarbeit mit der Türkei ist groß. Dafür wurde die Anzahl türkischer Botschaften in Afrika seit 2002 von 12 auf 43 erhöht, und keine andere außerafrikanische Fluglinie fliegt so viele Ziele auf dem afrikanischen Kontinent an wie Turkish-Airlinies.

Noch liegt das Handelsvolumen zwischen der Türkei und den Ländern südlich der Sahara zwar nur bei zehn Milliarden Dollar, aber das soll in den kommenden Jahren substantiell gesteigert werden. Türkische Baufirmen stehen in den Startlöchern für den Bau von Flughäfen, Eisenbahnlinien, Straßen aber auch Krankenhäusern. Die Türkei betreibt Schulen und will in der Landwirtschaft mit afrikanischen Ländern kooperieren.

Angebliche türkische Wunderwaffe

Ganz heiß sind diverse afrikanische Staatschefs aber offenbar darauf, sich die neue türkische Wunderwaffe, die im Unternehmen von Erdoğans Schwiegersohn produzierten TB 2 Bayraktar-Kampfdrohnen zuzulegen, die sowohl in Syrien wie auch im Krieg zwischen Aserbaidschan und Armenien ihre Wirksamkeit unter Beweis stellten. "Überall wo ich in Afrika hinkam", erzählte Erdoğan nach seiner Afrika-Tour im vergangenen Oktober, "wurde ich nach unseren Kampfdrohnen gefragt".

Die Erfolge der Türkei in Afrika werden bereits von den alten Platzhirschen misstrauisch beäugt. Insbesondere Frankreich sieht seine Stellung offenbar durch die Türkei bedroht wie französische Presseberichte und die zunehmend harte Haltung von Präsident Emanuel Macron gegenüber Erdoğan nahelegen. (Jürgen Gottschlich, 19.12.2021)