Ein Gegengewicht zu den Anti-Maßnahmen-Demos der vergangenen Wochen wollten viele der Teilnehmenden an #YesWeCare sein. Über 30.000 Menschen kamen zu der Versammlung. Das Lichtermeer in Bildern >>>

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Wien – Acht Minuten lang herrschte unter den tausenden Menschen Stille. Die Kerzen flackerten, die Handytaschenlampen leuchteten, viele hatten auch Laternen oder gar Fackeln mitgebracht, die sie mit ausgestreckten Armen nach oben hielten.

In der Kälte und Dunkelheit des Dezemberabends, unter den kahlen Ringstraßenbäumen, im bald dritten Jahr der Coronapandemie, gedachten sie der bereits mehr als 13.000 Coronatoten – und dokumentierten dabei darüber hinaus als schiere Menschenmenge Gemeinsamkeit und Zusammenhalt.

Massenkundgebung mit Maskendisziplin

Dann, um 19.08 Uhr, setzte Applaus ein, für die anderen, für sich selbst – und die als Lichterkette angemeldete, zum Lichtermeer gewordene Kundgebung #YesWeCare begann, sich aufzulösen. Die vielen Teilnehmenden, Junge, Alte und Familien mit Kindern, die sich vor Beginn fast unbemerkt zu den vielen Weihnachtsmarktbesuchern am Ring und Kai gesellt hatten, strebten in großen Gruppen nach Hause.

Die STANDARD-Videoreportage zum Lichtermeer in Wien.
DER STANDARD

Die Masken behielten sie dabei auf, so wie überhaupt die vorgegebenen Anticoronaregeln großteils eingehalten wurden. Trotz der Andrangs gelang es sogar, die geforderten Einmeterabstände einigermaßen zu wahren.

Eine Gasse für die Wissenschaft

Die Gründe für das Mitmachen waren durch die Bank politisch. "Ich bin gekommen, weil es dringend ein Gegengewicht zu den eskalierenden Anticoronaprotesten braucht, die wir zum Beispiel am Samstag in Wien erlebt haben", sagte eine 18-jährige Schülerin.

"Es ist wichtig, klarzumachen, dass die meisten Menschen in Österreich einen wissenschaftsbasierten Ausweg aus der Coronakrise befürworten", meinte wiederum ein 55-jähriger Angestellter.

Wiener Linien spielten mit

Um Parteipolitik gehe es ihm eindeutig nicht, ergänzte er in Richtung der anwesenden Politikerinnen. Gekommen waren unter anderem SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner sowie Stephanie Krisper und Helmut Brandstätter von den Neos. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hatte die Kundgebung in einem Tweet gutgeheißen, selber anwesend war er nicht.

Laut Polizei nahmen mindestens 30.000 Menschen an der Kundgebung teil, die ohne Trillerpfeifen, Slogans oder Reden ablief – wenn auch einzelne Schilder mit sich führten, auf denen sie sich als "geimpft" outeten. Die Wiener Linien bespielten die Bim-Anzeigetafeln mit "Yes we care"-Schriftzügen.

Initiator Landau: "Ich bin überwältigt"

"Ich bin überwältigt. Dass es so eine große Kundgebung wird, hätte ich nicht zu träumen gewagt" , sagte der Lehrer und Politaktivist Daniel Landau, der die Kundgebung zusammen mit Roman Scamoni initiitiert hat, in einer ersten Reaktion.

Auch Scamoni fiel wohl Sonntagabend ein Stein vom Herzen: "Mir ist beim Durchfahren jetzt erst klar geworden, wie weitläufig der Ring und der Kai sind", hatte der aus Innsbruck Angereiste der STANDARD vor Kundgebungsbeginn gesagt. (Irene Brickner, 19.12.2021)