Besetzer und Stadtregierung haben unterschiedliche Meinungen darüber, wie die Stadt Wien lebenswert bleibt.

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Wien – In die verfahrene Situation rund um die Besetzung des Baustellenareals der Stadtstraße in Wien-Donaustadt kommt Bewegung: Die beiden Parteien – also die "Lobau bleibt"-Bewegung und die Stadt – suchen nun das Gespräch, wie die APA erfahren hat. Zuletzt war der Ton noch harsch, es gab es Streit um anwaltliche Briefe, die den Aktivistinnen und Aktivisten zugestellt wurden und in denen Schadenersatzforderungen in den Raum gestellt wurden.

Einer der Sprecherinnen, Lena Schilling vom Jugendrat, hat Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) nun im Namen der Bewegung ebenfalls einen Brief geschickt. Darin werden "Vorgespräche" nach den Feiertagen vorgeschlagen, als Vorbereitung für "inhaltliche Gespräche" im kommenden Jahr. "Wir wollen, wie auch Bürgermeister Ludwig, Gespräche auf Augenhöhe. Uns verbindet das Ziel einer lebenswerten und zukunftsfähigen Stadt Wien – auch wenn die Vorstellungen darüber noch stark auseinandergehen, wie dies insbesondere für die Donaustadt aussehen soll", erläuterte Schilling in einer Stellungnahme.

Besetzer stellen Vorbedingung für Gespräche

Ersucht wird um Gespräche mit einer "neutralen externen Mediation" zu Themen wie Mobilität, Wohnen oder Flächenwidmung beziehungsweise zu einem Gesamtpaket für nachhaltige Mobilität im Osten Wiens. Das Gesprächsangebot richte sich an Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger der Stadt – und auch persönlich an Bürgermeister Ludwig und Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ).

Allerdings gibt es eine Vorbedingung vonseiten der Umweltaktivisten: "Als Basis für vertrauensvolle Gespräche brauchen wir die Zusicherung, dass währenddessen weder Bauarbeiten an der Stadtautobahn stattfinden noch Protestcamps geräumt werden. Außerdem müssen die Klagsandrohungen der Stadt zurückgezogen werden."

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Sima spricht von Klimamusterstadt

Sima verfasste einen Antwortbrief, in dem sie versichert, dass es allen an einer Lösung gelegen sei, "und in vielen Bereichen liegen wir nicht so weit auseinander". Wien, so beteuerte sie in dem der APA vorliegenden Schreiben, "ist und bleibt Klimamusterstadt" – wobei sie auf den hohen Anteil des öffentlichen Verkehrs und den U-Bahn-Bau verweist.

Wien sei eine wachsende Stadt, betonte die Ressortchefin. "Deswegen haben wir vor zehn Jahren begonnen, gezielt Stadtentwicklung beziehungsweise kompakte Stadtentwicklung entlang der U-Bahn und danach öffentliche Verkehrsmittel zu planen. Ausbau von nennenswerter Straßeninfrastruktur hat seit langem in Wien nicht mehr stattgefunden, der Öffi-Ausbau wurde hingegen massiv forciert", hält Sima in dem Schreiben fest.

Sie beteuert einmal mehr, dass die Stadtstraße Aspern die Voraussetzung für alle großen Stadterweiterungsgebiete in der Donaustadt sei. Auch die Ausgestaltung der Verbindung zwischen Südosttangente und Seestadt – also zum Beispiel die Errichtung zum Teil als Tunnel – wird erneut hervorgehoben. Klar sei jedoch, dass die Gespräche "nur ohne Bedingungen" stattfinden könnten, heißt es: "Umgekehrt stellen aber auch wir keine Bedingungen als Gesprächsvoraussetzung an Sie, damit es eben sehr rasch zu einem Gespräch kommen kann." Informellen Kontakt, so verriet die Stadträtin, habe es zuletzt bereits mit mehreren beteiligten Personen gegeben.

Geredet wird am Montag zu dem Thema auch im Gemeinderat. Bürgermeister Ludwig muss in der Straßen-Causa einmal mehr Rede und Antwort stehen. Die Grünen haben eine Dringliche Anfrage an das Stadtoberhaupt gerichtet. (APA, 20.12.2021)